Historischer Hausbau in Quakenbrück

Von Christiane Curti (mit Dank an Volker Gläntzer und Elisabeth Sieve)

Die Vereinigung von Wohnen und Wirtschaften unter einem Dach war über Jahrhunderte hinweg ein wesentlicher Aspekt des städtischen Hausbaus in Quakenbrück. So ist es nicht verwunderlich, dass sich baukonstruktiv und strukturell nahe Verwandtschaften zum Gebäudebestand des ländlichen Bereichs zeigen. Ein einheitliches Stadtbild wird in Quakenbrück durch die Bebauung vorwiegend mit ein- und zweigeschossigen Fachwerkgebäuden, sowie durch eine kleinteilige Baustruktur mit entsprechender straßenseitiger Giebelabfolge erreicht. Abwechslungsreich wird das harmonische Gesamtbild für den Betrachter durch leicht gebogene Straßenverläufe und schwache Vor- und Rücksprünge der Fassaden im Straßenbild. Der Baubestand in der Stadt ist geprägt von einem Konstruktions- und Formenreichtum, der eine 500-jährige Entwicklung im Hausbau widerspiegelt. Anhand der erhaltenen baulichen Dokumente mit ihren hohen Aussage- und Zeugniswerten können neben der bauhistorischen Entwicklung auch stadtbaugeschichtliche, wirtschaftsgeschichtliche oder sozialgeschichtliche Aspekte aufgezeigt und nachvollzogen werden. So geben beispielsweise Konstruktions- und Schmuckformen Aufschluss über Kenntnis und Können der Handwerker, Grundriss und Größe eines Gebäudes zeugen zudem von den Bedürfnissen des Bauherrn sowie von den Nutzungsmöglichkeiten des Objektes.

Die Besonderheit in der Stadt Quakenbrück ist das sehr frühe und gleichzeitige Auftreten mehrerer Gebäudetypen: bereits für das 15. und 16. Jahrhundert können sowohl der eingeschossige Zweiständerbau und der Dreiständerbau, jeweils mit zwei- und einseitiger Kübbung, als Vertreter des niederdeutschen Hallenhauses nachgewiesen werden, wie auch der zweigeschossige Geschossbau. Bei den niederdeutschen Hallenhäusern war die Anzahl der Ständerreihen im Innengerüst ausschlaggebend für den Grundriss und die Raumaufteilung. So entwickelten sich die Zwei-, Drei- und Vierständerbauten. Eine weitere gebräuchliche Form im Fachwerkbau war seit dem Mittelalter der Geschossbau. Wichtigstes Merkmal sind die Ständer, die von der Schwelle bis zum Dach, häufig über mehrere Stockwerke, durchreichen und das Gerüst der Seitenwände herstellen. Ab dem 16. Jahrhundert wurde diese Bauweise von der Stockwerksbauweise abgelöst, wobei die Ständer nur noch ein Stockwerk hoch waren und nicht mehr von der Schwelle bis zum Dach durchgingen. Die Stockwerke wurden einzeln abgezimmert. In Quakenbrück entwickelten sich bei den älteren Kaufmannshäusern um den Markplatz und in der Langen Straße zunächst eine Mischform aus Geschoss- und Stockwerksbauweise, welche nach 1750 vollständig von der reinen Stockwerksbauweise abgelöst wurde. Solche bautechnischen und strukturellen Entwicklungen sind zwar als übliche baukulturelle Prozesse zu bezeichnen. In der Stadt Quakenbrück kann man diese Entwicklungen jedoch über den Zeitraum von 500 Jahren sehr gut nachvollziehen: hier ist ein gleichzeitiges Auftreten der verschiedenen, durch bestimmte Entwicklungen häufig zeitversetzt auftretenden Haustypen zu beobachten, was den überlieferten Gebäudebestand der Stadt so kostbar macht. Diese besonderen Haustypen werden im Folgenden detaillierter beschrieben.

Giebelhäuser in Quakenbrück

Der Gebäudetypus des Zweiständerbaus mit zwei Kübbungen ist wohl das früheste Grundmodell eines Wohnhauses, das sehr deutlich auf Selbstversorgung zugeschnitten war. Sicher spielte auch die Landwirtschaft als Nebenerwerb für die Bewohner von Quakenbrück bis ins 19. Jahrhundert eine untergeordnete Rolle. Dem zur Verfügung stehenden Bauplatz angepasst und einem Nutzungskonzept entsprechend, wurde dem jeweiligen Bauherren vom Handwerker ein in der Grundfläche variables Wohn- und Wirtschaftsgebäude errichtet, basierend auf diesem Grundmodel. Ab dem 18. Jahrhundert tritt dieser Bautypus nicht mehr auf, da dessen Anpassungsfähigkeit an gewandelte Bedürfnisse sehr gering war.

Im Gegensatz zu den älteren einstöckigen Giebelhäusern mit beidseitiger Kübbung war der Gebäudetypus des einstöckigen Giebelhauses ohne Kübbung variabler und in der Nutzung vielfältiger, weshalb diese Konstruktion für die Wohn- und Wirtschaftsgebäude im Stadtkern vor allem in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts bis in die Zeit um 1850 gewählt wurde, wobei erste Beispiele der kübbungslosen Konstruktion bereits Mitte des 15. Jahrhunderts und um 1600 auftauchen. Auch bei diesen Gebäuden tragen die hohen Außenwände das Dach, teils unterstützt durch das Innengerüst. Im Inneren ergibt sich der klassische Flettdielengrundriss, mit Diele und Flett, welches sich zur Lucht ausweitete, die teils von abgetrennten Wohnräumen eingenommen wurde. Abgeschlossen wurde das Haus durch das quergelagerte Kammerfach mit Eckstube, Aufkammer und ggf. Mittelbereich zur hauswirtschaftlichen Nutzung. Dieses Grundmodel konnte mannigfaltig variiert werden, je nach Stellung und Erwerbstätigkeit des Eigentümers.

Während in Quakenbrück die frühen Wohnhäuser mit beidseitiger Kübbung sehr selten sind und die Wohnhäuser ohne Kübbung den Großteil des Baubestandes ausmachen, so sind auch die Häuser mit nur einer Kübbung in Quakenbrück nicht unbedeutend vertreten. Gebäude dieser Baukonstruktion, welche um 1500 nachweisbar sind und bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts genutzt wurden, unterscheiden sich kaum von den Wohnhäusern ohne Kübbung: als Zwei- oder Dreiständerbauten mit zwei- oder dreischiffigem Vorderbereich, Flett mit Luchten und Kammerfach mit Aufkammer in Ecklage errichtet, zeigt sich hier ein ähnlicher Grundriss. Einzige Ausnahme war die Kübbung, welche sowohl im vorderen Bereich und hinteren Bereich vorkam und zur Aufnahme eines Stalls diente. Die Wahl des Dreiständerbaus war, bedingt durch die Möglichkeit so auch im Bereich der Diele Wohnen und Wirtschaften zu verbinden, daher im städtischen Bereich sehr beliebt. Ursprünglich vor allem in den Seitenstraßen der Stadt zu finden, ist diese Baukonstruktion jedoch nicht mehr authentisch erhalten, weil nahezu alle Gebäude nachträglich verändert wurden, so zum Beispiel durch Umbau der Kübbung selbst oder durch Erhöhen bzw. Ersetzen der niedrigeren Traufwand durch eine neue, dachbalkenhohe Wand. Dass die Gebäude vorwiegend im 19. Jahrhundert umgebaut wurden, lag vor allem an den geänderten Bedürfnissen nach mehr Wohnraum und Verlagerung dieser Zone in den vorderen, straßenseitigen Bereich des Hauses.

Der Marktplatz bildet das Zentrum der Stadt Quakenbrück. In unmittelbarer Nähe zum ursprünglichen Siedlungskern um die Burg gelegen, verdichtete sich dieser Bereich ab dem frühen 19. Jahrhundert mit Rathaus, Schule, katholischer Kirche sowie den repräsentativen Bauten der Kaufleute und anderer Institutionen zum städtischen Mittelpunkt. Dominiert wird die Gruppe baulicher Anlagen von den zweigeschossigen Fachwerkbauten der Kaufleute, Gewerbetreibenden und reicheren Handwerker. Drei- bis fünfachsig mit symmetrischen und repräsentativen Fassaden, teils mit hohem Steildach, prägten sie seit dem 17. Jahrhundert in geschlossener Reihe das Bild der Langen Straße und des Marktplatzes. Vorwiegend in Stockwerksabzimmerung mit traufseitigem, stockwerkstrennendem Rähm sind auch Mischformen zwischen Geschoss- und Stockwerksbauweise zu finden. Der Grundriss war symmetrisch angelegt. So befanden sich die Wohn-und Geschäftsräume sowie das Treppenhaus zu beiden Seiten des mittigen Flures, der durch eine große Küche rückwärtig abgeschlossen wurde. Allen Wohn-und Geschäftshäusern diente das Dach als Speichergeschoss, in das mittels Kranbalken - bei abgewalmtem Dach mit zwerchhausähnlichem Windenerker - die Waren zur Lagerung heraufgezogen wurden.

Im 19. Jahrhundert erfuhren die Giebelhäuser meist einen Umbau, der aus einem einsetzenden strukturellen Wandel - durch Veränderungen in der Gesellschaft - hervorging: man versuchte durch Verlagerung der Wohnräume im Haus die Nachfrage nach mehr und qualitätvollerem Wohnraum zu Lasten der Stallungen zu stillen. Ursprünglich im vorderen Bereich, seitlich der Diele gelegene Stallungen wurden nach hinten oder sogar nach draußen in ein separates Gebäude verlagert. Wohnräume und Kammern, welche sich ehemals im hinteren Bereich befanden, wurden in den straßenzugewandten Räumen untergebracht. Eine vollständige Aufgabe der Stall- und Wirtschaftsgebäude war aufgrund der Selbstversorgung und des bis nach 1900 andauernde landwirtschaftlichen Nebenerwerbs der Bürger nicht üblich. Die baukonstruktiven Möglichkeiten dieses Gebäudetypus machten die funktionale Umorientierung innerhalb der Nutzung der Gebäude erst möglich, ohne dabei den ursprünglichen und regional typischen Flettdielengrundriss vollends aufzugeben. Diese Anpassungsfähigkeit der giebelständigen Fachwerkgebäude war ein Grund dafür, dass diese Hausform selbst im 19. Jahrhundert noch für Neubauten Verwendung fand. Somit ist das giebelständige Fachwerkhaus über 500 Jahre als eine Hausform mit großer Flexibilität zu bezeichnen und als Grundmodell der dominierende und stets vielfältig nutzbare Gebäudetypus im Stadtbild von Quakenbrück, ohne dabei den Charakter ehemals landwirtschaftlicher Nutzung vollständig zu verlieren.

Prägend für die Giebelhäuser und das gesamte Stadtbild von Quakenbrück war die Gestaltung der Giebel, die im Wesentlichen gemeinsame Elemente aufweisen, wie Holzverbindungen und Schmuckformen. Das wichtigste Gestaltungsmittel war dabei zunächst die Vorkragung, die sowohl einfach im Erdgeschoss, aber auch zweifach zum Oberstock und dreifach zur Dachbalkenzone sein konnte. Frühe Beispiele aus dem 16. Jahrhundert und der Zeit um 1600 weisen weite Vorkragungen auf, die mit gekehlten Knaggen und Taustäben verziert sind. Nach Mitte des 17. Jahrhunderts sind Vorkragungen mit geringerem Überstand verbreitet und erhielten mit ihren Knaggen ein Karniesprofil als Schmuckelement. Solch aufwendige Gestaltungen wurden meist nur an den Vordergiebeln vorgenommen. Einige Wohnhäuser, wie die Lange Straße 48, weisen aufgrund ihrer Ecklage auch Knaggengestaltungen an den Traufseiten auf. Neben den verzierten Knaggen sind einige Wohnhäuser in Quakenbrück auch mit reichem Schnitzwerk, wie Muschelrosetten, Kartuschen, Inschriften und Spruchbändern versehen. Erst mit einer neuen Entwicklung des Vordergiebels hin zu einer weniger plastischen und geschlossenen Gestaltung ab Mitte des 18. Jahrhunderts verloren diese Gestaltungsmittel ihre Bedeutung. Der Fokus wurde nun auf Einzelelemente und deren Wirkung gelegt, allen voran die aufwendig gestalteten und kunstvoll geschnitzten Portale.

Traufenhäuser in Quakenbrück

Eine Minderheit innerhalb des historischen Baubestandes in Quakenbrück bilden die Traufenhäuser, die sich in Häuserflucht vor allen in Nebenstraßen konzentrierten, freistehend aber auch städtebaulich dominante Akzente setzten. Während die kleineren, eingeschossigen Wohnhäuser häufiger vorkommen, sind die zweigeschossigen, queraufgeschlossenen Fachwerkhäuser sehr selten und vorwiegend auf die Bauaufgabe der Burgmannhöfe beschränkt. Vorbilder sind hier wohl in der Herrenhausarchitektur zu suchen. Generell unterschieden sich die größeren Traufenhäuser vor allem durch ihre großzügigere Aufteilung und komfortable Einrichtung von den kleineren Bürgerhäusern. In beiden Stockwerken lag ein dreizoniger Grundriss vor: die mittlere Zone diente im Erdgeschoss als Eingangsbereich mit Treppe zum Obergeschoss und wies rückwärtig anschließende Stuben vor. Linksseitig wurden die vorderen, einfachen Kammern ebenfalls von einer Stube abgelöst, die sich rückwärtig zum Garten hin öffnete. Im hinteren Bereich lagen die Küchen, die jeweils von mehreren Kammern eingefasst wurde. Alle Stuben wurden wohl beheizt. Die kleineren eingeschossigen Fachwerkgebäude waren teilweise zwei- bis dreizonig in Wohn- und Dielen- bzw. Wirtschaftsbereich aufgeteilt. Häufig lagen die landwirtschaftlich genutzten Ställe noch bis weit ins 19. Jahrhundert im Inneren des Gebäudes. Baukonstruktiv und strukturell typisch war aber das Fehlen des Dielenbereiches in den kleineren Traufenhäusern. Die dadurch ausschließlich mögliche Wohnnutzung eignete sich vor allem für besitzarme und besitzlose Handwerker und Tagelöhner. Diese Fokussierung vor allem auf das Wohnen ist charakteristisch für diese Hausform – unabhängig von der Anzahl der Stockwerke. Es konnten aber vereinzelt auch gehobene Wohnbedürfnisse befriedigt werden, indem die Wohnräume an sich oder die nutzbare Grundfläche durch Aufstockung vermehrt wurden.

Massive Wohnhäuser in Quakenbrück

Bereits im 19. Jahrhundert erhielt der klassizistische Massivbau, teils verbunden mit qualitätvollem Wohnstandard und Repräsentationsbedürfnis der Eigentümer, neben den regionalen und traditionellen Hausformen mit ihren Fachwerkkonstruktionen Einzug im Stadtbild. Diese Art der Bautätigkeit verdichtete sich ab 1870, unter anderem durch den Anschluss an das Eisenbahnnetz ab 1875: neue Baugebiete wurden erschlossen, neue Bauaufgaben entstanden und neue Baumaterialien machten neue Bauformen möglich. Anfangs noch als Fachwerkgebäude mit massiven Außenmauern errichtet, setzten bald teils stattliche, teils kleine massive Wohnhäuser sowie Wohn- und Geschäftshäuser frühmoderne Akzente innerhalb der architektonischen Entwicklung in Quakenbrück. Durch die Anlehnung an die traditionelle Fachwerkbauweise in Größe, Kubatur, Giebelstellung und Raumaufteilung sowie Grundrissstrukturen wirken sie im Stadtbild nicht wie Fremdkörper, sondern wie eine Weiterentwicklung der traditionellen Hausform. Die gehobenen Ansprüche an das Wohnen zeigen sich bei den klassizistischen Massivbauten nicht nur in der Vermehrung und Orientierung der Wohnräume zur Straße hin sowie durch die Auslagerung von Wirtschafts- und Stallräumen, sondern auch im äußeren Erscheinungsbild anhand repräsentativer und teils künstlerischer Gestaltung der Straßenfassaden.

Die Komplexität und der Reichtum einer Jahrhunderte währenden, bauhistorischen Entwicklung im Wohn- und Hausbau in Quakenbrück lassen sich anhand vieler Beispiele und Vertreter der unterschiedlichen Gebäudetypen bis heute noch gut erkennen.

Glossar

Bauernhaus/Niederdeutsches Hallenhaus: Das sogenannte Niederdeutsche Hallenhaus steht traditionell für ein Fachwerkhaus vor allem im norddeutschen Raum und fasst sowohl bauliche, räumliche als auch funktionale und soziale Aspekte zusammen. Je nach Größe unterscheidet man Zwei-, Drei- oder Vierständerbauten. Dabei ruht der Dachstuhl auf zwei, drei oder vier Reihen senkrechter Ständer, somit ist das Innengerüst ein wesentliches Merkmal. Durch diese Gerüstform ergeben sich ein mehrschiffiger Grundriss und der Längsaufschluss durch ein großes, vorwiegend mittiges Dielentor, welches mit einem Wagen befahren werden konnte. Wohnen und Wirtschaften wurden unter einem Dach zusammengefasst, die Ernte auf dem Dachboden gelagert. Seit dem 19. Jahrhundert wurden die Bauerhäuser vermehrt mittels Bruch- und Ziegelsteinen ummauert und gänzlich massiv errichtet. Auch die traditionelle Reetdachdeckung wurde durch Dachpfannen abgelöst.

Aufkammer: Eine Aufkammer kann Teil des Kammerfachs sein. Es handelt sich dabei um einen erhöht gelegenen Raum, über einem hochgelegenen Keller, der aus der Stube zugänglich ist.

Diele: Mit dem Begriff Diele wird im Hallenhaus die Wirtschaftsdiele bezeichnet. Sie ist der größte und wohl auch wichtigste Raum, liegt im Mittelschiff des Bauernhauses und schließt direkt an das große Dielentor an, durch welches die Diele von außen erschlossen wird. Durch das Dielentor war die Diele auch von großen Wagen befahrbar. In erster Linie ist die Diele Wirtschaftsraum: es wurde gedroschen, mittels einer Leiter der Dachraum mit Erntegut bestückt sowie das Vieh besorgt, welches rechts und links der Diele in den Abseiten bzw. Kübbung untergebracht war. Rückwärtig an die Diele schließt der Wohnteil des Hallenhauses an. Je nachdem, ob es sich um eine Durchfahrtsdiele handelt, die das gesamte Gebäude von Giebel zu Giebel durchläuft, oder um eine Diele, die nur den Wirtschaftsteil des Gebäudes beherrscht, endet die Diele in der Mitte des Hauses.

Flett: Das sogenannte Flett, die Wohndiele des Hallenhauses, schließt in der Hausmitte an die Diele an, bildet den Beginn des Wohnteils und dient als Hauswirtschaftszone. Inmitten des Fletts befand sich die Herdstelle, seitlich die sogenannten Luchten, zum Mittelschiff hin offene Seitenräume, die unter anderem als Waschräume dienten und zudem Ausgänge zum Garten bieten konnten.

Flettdielengrundriss: Das Niedersächsische Hallenhaus war in seiner Konstruktion und Grundrissaufteilung sehr variabel. Aus der Gestaltung des Wohnteils ergeben sich mehrere Haustypen. Die verbreitetste Form in Niedersachsen ist das sogenannte Sackdielenhaus mit beidseitigen Luchten und quergelagertem Kammerfach. Dieser typische T-förmige Grundriss wird auch als Flettdielengrundriss bezeichnet.

Kammerfach: Das Kammerfach bildete den rückwärtigen Abschluss des Wohnteils und des gesamten Bauernhauses. Dieser geschlossene, quergelagerte Bereich diente der Unterbringung von Wohn- und Schlafräumen. Meist lag mittig eine oder zwei Stuben, an die mehrere Kammern anschlossen.

Karnies: In der Architektur wird das Karnies als Schmuckelement eingesetzt. Charakteristisch ist die S-Form, die sich im Profil durch seine konkav-konvexe Ausformung ergibt.

Kübbung: Für das Niedersächsische Hallenhaus ergibt sich durch die tragenden Innengerüstreihen eine Mehrschiffigkeit. Diese hängt jedoch auch vom Vorhandensein niedriger Außenwände ab und dem Raum zwischen diesen und den Ständerinnenreihen. Dieser Bereich wird als Kübbung (auch als Abseite) bezeichnet und diente zur Aufnahme von kleinen Räumen für Vieh oder Gerätekammern.

Rähm: Die sogenannten Rähme sind die in Längsrichtung verlaufenden Hölzer, die die Ständer des Fachwerkgerüstes im oberen Bereich miteinander verbinden.

Vorkragung: Eine Vorkragung bzw. Auskragung ist das Vorspringen eines Bauteils über den Grundriss eines Gebäudes hinaus. Seit dem Mittelalter wurde diese Bautechnik eingesetzt, um die Grundfläche eines Geschosses zu erhöhen. Neben einem Stockwerk können auch einzelne Elemente, beispielsweise Erker, aus der Fassade hinausragen.


Literatur:

Bedal, Konrad: Historische Hausforschung, Bad Windsheim 1993.

Gläntzer, Volker: Aspekte zur Geschichte des Quakenbrücker Wohnhauses, in: Jarck, Horst-Rüdiger (Hrsg.): Quakenbrück. Von der Grenzfestung zum Gewerbezentrum, Quakenbrück 1985, Seite 255-297.

Sieve, Elisabeth: Hermann Bonnus in Quakenbrück: Das Geburtshaus des Reformators – ein spätmittelalterliches Fachwerkgebaute von 1495 (d), in: Denkmalpflege/ Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege, Hameln, Band 37, 2017, Seite 83-85.

Wiegand Christian/ Niedersächsischer Heimatbund (Hrsg.): Spurensuche in Niedersachsen – Historische Kulturlandschaftsteile entdecken, Hannover 2002.

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