Möbelhaus Kaune
- Landkreis
- Emden, Stadt
- Gemeinde
- Emden, Stadt
- Gemarkung
- Emden
- Orts-/Stadtteil/Lage
- Emden
- Objekttyp
- Wohn-/Geschäftshaus
- Baujahr
- 1954
- bis
- 1956
- Personen
- Latta, Franz
Janssen, Hans-Diedrich
- Denkmalstatus
- Einzeldenkmal (gemäß § 3 Abs. 2 NDSchG)
- Bedeutung
- geschichtlich, städtebaulich
- Im Denkmalverzeichnis
- Ja
- Objekt-ID
- 41948209
- Objekt-Nr.
- 639
- Fachbereich
- Bau und Kunst
- Denkmalthema
- Emden_Wiederaufbau
- Beschreibung
- Großes, dreigeschossiges Wohn- und Geschäftshaus mit Satteldach, zwischen Kranstraße, An der Bonnesse und dem Platz Am Helling mit drei traufständigen Straßenansichten, nach Westen mit zwei Schildgiebeln, die rot-braunen Klinkerfassaden im Märkischen Verband gemauert. Die Erdgeschosszone mit längsrechteckigen Schaufenstern sowie mehreren Geschäfts- und Hauseingängen, teils ohne axialen Bezug zu den Obergeschossen angelegt, die Schaufenster mit niedriger Brüstung und Rollschicht als Sohlbank und einheitlich mit den Eingängen durch Rahmen aus Kunststein eingefasst, ursprünglich zwei Toreinfahrten am östlichen Ende der Südfassade zur Kranstraße, schmale Kragplatten über den Schaufensterfassaden nach Westen und Süden heute baulich verändert. Über der Erdgeschosszone horizontale Zäsur durch umlaufendes, gemauertes Sohlbankgesims auf Höhe der Fenster des ersten Obergeschosses, der Gebäudeteil An der Bonnesse 7-9 an den Gebäudeecken mit dreieckigen Mauerwerksvorlagen bis zum Sohlbankgesims, an der Nordwestecke als Konsole für eine lebensgroße Holzfigur, die einen Tischler darstellt. Die beiden Obergeschosse mit regelmäßig angeordneten, hochrechteckigen Fensteröffnungen, unterhalb der Traufen gemauerter Konsolenfries. Die Hauptansicht nach Westen zum Falderndelft mit zwölf Fensterachsen, die drei rechten Achsen als Eckrisalit leicht vorgezogen, aus der Bauflucht rechtwinkelig zur Kranstraße gedreht und mit einem Schildgiebel abschließend, ein zweiter Giebel als Pendant über den drei linken Fensterachsen, die Schildgiebel jeweils mit stilisierten Voluten am Ansatz und Staffeln, die drei bzw. vier Giebelfenster durch Kunststeinrahmung und Ziegelsims zusammengefasst und mit Entlastungsbögen überfangen, darüber in den beiden Giebelspitzen je eine kleine Fensteröffnung, in den Firststaffeln dreieckig abschließende Steintafeln mit Inschrift "B + B K 1954" bzw. "B + B K 1956". Zwischen den Schildgiebeln die linke Haushälfte mit Walmdachgaube, rechts drei kleine Einzelgauben. Die Südfassade in den Obergeschossen mit elf Fensterachsen, im Dachgeschoss langgezogene Gaube unter seitlich abgewalmtem Schleppdach. Die Nordfassade mit wenigen, teils veränderten Fensteröffnungen, die Fenster der östlichen Achse auf halber Geschosshöhe, im Dachgeschoss breite Schleppdachgaube. Bis auf die westlichen Einzelgauben die übrigen Gauben aus Klinkersteinen gemauert und mit steingerahmten Fensteröffnungen. Die rückseitigen Giebel nach Osten schlicht und nutzungsbezogen angelegt. Im Inneren bauzeitliche Treppenhäuser. Errichtet in drei Bauabschnitten, 1949/50 unter Beteiligung des Architekturbüros Janssen & Latta, 1954 und 1956 nach Planung des Emder Architekten Johannes Niederstraßer.
- Denkmalbegründung
- Die Stadt Emden erlebte durch den Zuzug niederländischer Glaubensflüchtlinge in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts einen bedeutenden Bevölkerungszuwachs und eine positive wirtschaftliche Entwicklung. So wurden 1570 die östlich der Stadt liegenden Dörfer Klein-Faldern und Groß-Faldern mit Wall und Graben in die Stadtbefestigung einbezogen und durch ein regelmäßiges Straßen-/Parzellenraster als Stadterweiterung planmäßig angelegt. Klein-Faldern südwestlich des Delftes wurde über die Faldernbrücke (ehemals Kettenbrücke) an Mittel-Faldern und die Altstadt angebunden. Unmittelbar östlich der Brücke öffnete sich ein kleiner Platz, der in die weiterführenden Straßen überleitete. Durch den Zweiten Weltkrieg entstanden in Klein-Faldern weit weniger Schäden als in der übrigen Emder Innenstadt, die Bebauung unmittelbar östlich des Falderndelftes wurde jedoch weitgehend zerstört. Beim Wiederaufbau blieb die kleine Platzsituation bestehen, und auch die alten Baufluchten wurden beibehalten. Zugunsten des Verkehrsflusses wurde die kriegszerstörte Faldernbrücke 1956/57 jedoch etwas weiter südlich neu gebaut und damit der Blick stadtauswärts seither auf den Baublock An der Bonnesse 7-10/ Kranstraße 1, 3, 5 gerichtet. An der Bonnesse 7 wurde 1934 nach Planung des Architekten Johannes Niederstraßer (1876-1958) auf alter Parzelle ein dreigeschossiges Wohn- und Geschäftshaus neu errichtet, dessen schmale, dreiachsige Westfassade mit einem gestaffelten Schildgiebel abschloss. Johannes Niederstraßer führte gemeinsam mit seinem Sohn Hans Niederstraßer (1902-1999) ein Architekturbüro in Emden, und das Büro zeichnete in den 1920er und 1930er Jahren für zahlreiche Gebäude im Stil des norddeutschen Backsteinexpressionismus verantwortlich, so auch für die Reihenhäuser an der Ringstraße und an der Fokko-Ukena-Straße oder Mehrfamilienwohnhäuser an der Freiligrathstraße und Graf-Johann-Straße. Das Gebäude An der Bonnesse 7 wurde im Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstört. Unter Einbindung des südlich angrenzenden Grundstückes und auf teils vorhandenen Kellermauern erfolgte bereits 1949/50 der Wiederaufbau. Im Auftrag des Tischlermeisters Bertus Kaune plante das Emder Architekturbüro von Hans-Diedrich Janssen (1907-1985) und Franz Latta (1897-1980) ein zweigeschossiges Wohn- und Geschäftshaus. Die Nordfassade und die Erdgeschosszone mit dreieckigen Mauerwerksvorlagen orientierten sich eng an den Vorkriegszustand, die Westfassade wurde hingegen traufständig angelegt und auf sechs Fensterachsen erweitert. Das geplante Walmdach kam wohl nicht zur Ausführung, und der Bau erhielt ein provisorisches Flachdach. Im Zuge eines zweiten Bauabschnittes wurde das Geschäftshaus 1954 um ein zweites Obergeschoss und ein Dachgeschoss ergänzt, wobei die Planung nun wieder durch Johannes Niederstraßer erfolgte. Die Klinkerfassaden und Fensterachsen wurden dem Bestand angepasst, über den drei südlichen Fensterachsen der Westfassade wurde im Dachgeschoss ein Zwerchgiebel nach dem Vorbild des kriegszerstörten Gebäudes hergestellt. Bereits 1956 konnte das Gebäude auf den südlich angrenzenden Parzellen An der Bonnesse 10 und Kranstraße 1, 3, 5 nochmals nach Entwurf von Niederstraßer durch einen weit nach Osten reichenden Anbau deutlich erweitert werden. Niederstraßer setzte die bestehende Gestaltung und Architektursprache fort, das Motiv des gestaffelten Schildgiebels wurde an der Westfassade durch einen Eckrisalit wiederholt, so dass nach Westen zum Falderndelft eine zwölfachsige Gebäudeansicht mit zwei Giebeln entstand. In den Firststaffeln der beiden Giebel sind jeweils dreieckig abschließende Kunststeintafeln mit inschriftlicher Datierung eingefügt. Obgleich das Gebäude zwischen 1949 und 1956 in drei Bauabschnitten und unter Einbindung unterschiedlicher Architekten errichtet wurde, zeigt sich insgesamt eine harmonische und einheitliche Gesamtansicht, die sich eng an der Backsteinarchitektur der Vorkriegszeit orientiert. Prägend ist die rot-braune Klinkerfassade, zu der die ursprünglich weißen Holzsprossenfenster einen wirkungsvollen Kontrast bildeten, ergänzt durch expressive Gestaltungsdetails wie die dreieckigen Wandvorlagen, das Sohlbankgesims oder die Einfassung des nördlichen Hauseingangs. Die Schaufenster im Erdgeschoss sowie die Fenster im Dachgeschoss sind durch Rahmungen aus Kunststein eingefasst. An der Nordwestecke des Gebäudes steht auf einer Mauerwerkskonsole auf Höhe der ersten Obergeschossfenster eine lebensgroße Holzfigur, die einen Tischler darstellt und damit auf den Beruf des Bauherren hindeutet. Das Möbelhaus Kaune An der Bonnesse 7-10/ Kranstraße 1, 3, 5 ist von geschichtlicher Bedeutung im Rahmen der Stadt-, Siedlungs- und Stadtbaugeschichte. Der Bau des Wohn- und Geschäftshauses in drei Bauabschnitten zwischen 1949 und 1956 dokumentiert den Wiederaufbauwillen der Emder Bevölkerung nach den verheerenden Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges, der durch den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Neuanfang begründet wurde. Das Wohn- und Geschäftshaus ist von Bedeutung für die Baugeschichte und ein anschauliches Zeugnis für die traditions- und regionalgebundene Wiederaufbauarchitektur der Stadt Emden, wobei die Gestaltung des Gebäudes deutlich an den Vorkriegszustand anknüpft. Mit Hans-Diedrich Janssen, Franz Latta und Johannes Niederstraßer waren regional bedeutende Architekten beteiligt, die wesentlich am Wiederaufbau der Stadt Emden mitwirkten. Aufgrund der Größe, der prägenden Westansicht mit den beiden Schildgiebeln und durch die stadtbildprägende Lage am Falderndelft in der Blickachse der Faldernbrücke ist das Möbelhaus Kaune zudem von städtebaulicher Bedeutung, so dass insgesamt ein öffentliches Erhaltungsinteresse besteht.
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ADABweb
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