St. Paulus
- Landkreis
- Göttingen
- Gemeinde
- Göttingen, Stadt
- Gemarkung
- Göttingen
- Orts-/Stadtteil/Lage
- Göttingen
- Adresse
- Wilhelm-Weber-Straße 13
- Objekttyp
- Kirche (Bauwerk)
- Baujahr
- 1927
- bis
- 1929
- Denkmalstatus
- Einzeldenkmal (gemäß § 3 Abs. 2 NDSchG)
- Bedeutung
- geschichtlich, künstlerisch, wissenschaftlich, städtebaulich
- Im Denkmalverzeichnis
- Ja
- Objekt-ID
- 35858914
- Objekt-Nr.
- 824
- Fachbereich
- Bau und Kunst
- Beschreibung
- Katholische Pfarrkirche St. Paulus, erbaut 1927-1929 nach Entwürfen des Architekten Adam Weinhag (Essen), örtliche Bauausführung durch Bauunternehmer Wilhelm Rathkamp (Göttingen). Die geostete Basilika liegt in Parallellage zur Wilhelm-Weber-Straße, deren zu einem Vorplatz ausgerichtete repräsentative Westfassade mit Giebel, vorschwingender Eingangshalle und Balkon von zwei gedrungenen Ecktürmen flankiert wird. Die Außenwände des Langhauses gliedern konkav eingezogene Strebepfeiler zwischen den Obergaden-Fenstern. Den Ostabschluss der Kirche bildet eine flachrunde Apsis mit Umgang. Auf der südlichen Straßenseite erhebt sich vorgerückt ein hoher Glockenturm mit Umgang, achteckigem Obergeschoss und Zwiebelhaube. Für die Fassaden wurde als Baumaterial „der wunderbar gefärbte und außerordentlich wetterfeste Muschelkalk aus dem Bruche bei Heiligenstadt im Eichsfeld“ (Adam Weinhag) besorgt, den man steinmetzmäßig betont grob bossierte und damit gestalterisch reizvoll kontrastierte zu den fein scharrierten Gliederungselementen der Lisenen, Gesimse und Fensterrahmungen. Im Westgiebel befindet sich eine Figurennische mit überlebensgroßer Statue des Kirchenpatrons Paulus. Der monumental wirkende Innenraum wird dominiert von dem breiten Mittelschiff, dem schmale Seitenschiffe angefügt sind, die nach Osten ihre Fortsetzung in einem Chorumgang finden. Die gottesdienstlichen Ausstattungsstücke wurden nach der Liturgiereform neu gestaltet. Eindrucksvoll ist das barockisierende Deckengemälde (1936) des Künstlers Eduard Goldkuhle aus der Wiedenbrücker Schule, das die Apotheose des hl. Paulus und eine Ansicht der Kirche zeigt. Ein Großteil der ursprünglichen Innenausstattung wurde bei einer Sanierung 1958-68 vor dem Hintergrund der Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils entfernt.
- Denkmalbegründung
- Erst nahezu 150 Jahre nach dem Bau von St. Michael konnte mit St. Paulus ab 1927 die zweite nachreformatorische katholische Kirche in der Stadt Göttingen errichtet werden. Die Stellung der katholischen Kirche in der mehrheitlich protestantischen Stadt war noch zu Beginn der 1920er Jahre schwierig. Die Initiative zum Neubau im Ostviertel, d.h. „in bester Lage Göttingens“ (Adam Weinhag), ging maßgeblich von dem 1921 nach Göttingen berufenen Pfarrer Johannes Maring aus. Der Grundstückskauf musste 1926 immerhin noch durch einen evangelischen Strohmann erfolgen. Die Mittel für den Kirchenbau kamen nach jahrelanger örtlicher und sogar internationaler Spendenwerbung sowie durch einen Beitrag des Bonifatiuswerks zusammen. Am 14. November 1927 erfolgte der erste Spatenstich und am 26. Februar 1928 konnte die Grundsteinlegung gefeiert werden. Am 21. Juli 1929 wurde die Kirche durch den Hildesheimer Bischof Nikolaus Bares geweiht. Die weitere Planungs- und Baugeschichte ist wissenschaftlich noch nicht erforscht und gedeutet worden. Stilgeschichtlich muss der - trotz seiner Elemente des Jugendstils und des Expressionismus - hauptsächlich in schweren neubarocken Bauformen entworfene Bau als ein im ganzen deutschsprachigen Raum vergleichsweise besonders spätes Beispiel von neubarocker Architektur eingeordnet werden. Diese Beobachtung ist nicht als künstlerisch rückständig zu deuten, sondern wohl als bewusst traditionalistische Entscheidung einer Diasporagemeinde. Architekt Weinhag hatte kurz zuvor 1925–27 im nahen Heiligenstadt im katholischen Eichsfeld mit dem Redemptoristenkloster St. Klemens einen ähnlichen, bewusst altertümlich-neubarocken Sakralbau entworfen. In seinen überlieferten Bemerkungen von 1929 zur Einweihung der Göttinger St. Pauluskirche umschrieb Adam Weinhag diese Besonderheit und seine architektonische Haltung als Ergebnis einer kunstvollen Kompromissfindung wie folgt: „Die Künstler der heutigen Zeit werden, wenn sie eine neue Kirche bauen sollen, vor eine Aufgabe gestellt, die sie immer in einen Konflikt bringt dahingehend, daß sie dem Zeitgeist und der Zeitströmung entsprechend gerne modern bauen möchten, daß sie aber im anderen Falle immer oder doch in den meisten Fällen individuell die Wünsche des Auftraggebers verarbeiten müssen. Eine Mittellinie zu finden, die beiden Fällen gerecht wird, ist heute die große Kunst des schaffenden Architekten.“ Die Erhaltung der 1927-1929 nach Plänen von Adam Weinhag erbauten katholischen Pfarrkirche St. Paulus liegt im öffentlichen Interesse. Die schutzbegründende Bedeutung besteht im Rahmen der Ortsgeschichte Göttingens aufgrund des Zeugnis- und Schauwertes für die Kultur- und Geistesgeschichte (zweite katholische Kirche der nachreformatorischen Zeit) sowie für die Bau- und Kunstgeschichte durch die beispielhafte Ausprägung des neubarocken Baustils bei einer Pfarrkirche. Es besteht außerdem eine künstlerische Bedeutung durch die gelungene Verbindung älterer neubarocker und Jugendstil-Bauformen mit zeitgemäßen Detailformen des Expressionismus. Dadurch ist auch eine wissenschaftliche Bedeutung wegen des Seltenheits- und Beispielwertes gegeben, zumal die Göttinger St. Pauluskirche eines der spätesten Baubeispiele des Neubarock im gesamten deutschsprachigen Raum ist, was programmatisch auf einen bewusst traditionalistischen Bauherrenwunsch der katholischen Diasporagemeinde zurückgehen dürfte. Schließlich ist die Kirche auch von städtebaulicher Bedeutung wegen ihres prägenden Einflusses nicht nur auf das Straßenbild der Wilhelm-Weber-Straße, sondern mit ihrem Turm auch auf das Ortsbild des gesamten unteren Ostviertels.
- Weiterführende Links
- Denkmaltopographie Stadt Göttingen: Objektbeschreibung
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ADABweb
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