Vollwandträgerbrücke, Ehemalige Postunterführung/ EÜ Lister Meile
- Landkreis
- Region Hannover
- Gemeinde
- Hannover, Stadt
- Gemarkung
- Hannover
- Orts-/Stadtteil/Lage
- Mitte
- Adresse
- DB 1700 Km 0,107
- Objekttyp
- Eisenbahnbrücke
- Baujahr
- 1909
- bis
- 1909
- Denkmalstatus
- Einzeldenkmal (gemäß § 3 Abs. 2 NDSchG)
- Bedeutung
- geschichtlich, wissenschaftlich, städtebaulich
- Im Denkmalverzeichnis
- Ja
- Objekt-ID
- 30734106
- Objekt-Nr.
- 88
- Fachbereich
- Bau und Kunst
- Beschreibung
- Westlich unmittelbar an den Hauptbahnhof anschließende Eisenbahnbrücke, welche die Strecken 1700, 1705, 1710 und 1734 über die Lister Meile überführt. Errichtet wurde die Brücke 1909 als Ersatz für eine massive Gewölbebrücke von 1877. Die genietete Vollwandträgerbrücke über drei Öffnungen mit 68 Hauptträgern aus Flusseisen, unterstützt von zwei stählernen Stützenreihen mit je 37 Säulen aus Quadrantstahl, Basis und Kapitel aus Gusseisen und Flussstahlguss. Im Gegensatz zu einer Vielzahl von Brücken aus dem Bahnumbau der 1910er Jahre keine separaten Überbauten für jedes Gleis, sondern ein zusammenhängender Überbau für ca. 13 Gleise mit Bahnsteigen. Der Überbau ist als dreifeldriger Durchlaufträger ausgebildet mit großer Spannweite im Mittelfeld. Der Untergurt des Mittelfeldes gekrümmt ausgeführt. Über den zwei Stützenreihen verlaufenden Querträger welche die Hauptregel aufnehmen. Zwischen den Hauptträgern sind Querträger aus gewalzten C- Profilen eingenietet, darüber Tonnenbleche. Die Widerlagerwände mit schlichtem Sockel und Abschlussgesims aus Sandstein, die Stirnseiten die Wandflächen mit hellgelb glasierten Ziegel in Blockverband verblendet. Die Stirnseiten vollständig aus Quadermauerwerk in Sandstein. Nördliche Erweiterung um drei Gleise mit geschweißten Stahlüberbauten aus 1970.
- Denkmalbegründung
- Die Hannover-Mindener Bahn bildete mit seinem Verlauf von Hannover über Wunstorf, Hast, Stadthagen, Bückeburg nach Minden 1847 das letzte Teilstück der ersten großen Ost-West-Fernverbindung in Deutschland und zählte schnell zu den wichtigsten deutschen Eisenbahnstrecken. Die Bestrebungen Preußens die östlichen und westlichen Landesteile mit einer Strecke zwischen Berlin und Köln zu verbinden, wurden durch zwei Staatsverträge von 1841 sowie durch einen Vertrag zwischen dem Königreich Hannover und Preußen sowie mit der Grafschaft Schaumburg und dem Fürstentum Schaumburg, die als Planungsgrundlagen dienten, verbindlich. Nachfolgend übernahm die Königlich Hannoversche Eisenbahnverwaltung den Baubetrieb. Die Leitung wurde dem hannoverschen Ingenieur Anton Heinrich Dammert und dem Bauinspektor Adolph Funk übertragen. Die günstigen topografischen Verhältnisse erforderten auf der gesamten Strecke keine herausragenden Ingenieurleistungen, weshalb vorwiegend massive Bogenbrücken und gewölbte Durchlässe mit einer Öffnung errichtet wurden. Auf dem stark befahrenen, zweigleisigen Abschnitt zwischen Hannover und Wunstorf, auf der gleichzeitig Züge in Richtung Bremen verkehrten, wurden auch andere Konstruktionen eingesetzt. Um 1880 bewirkte der Bau des neuen Empfangsgebäudes in Hannover und der Hochlegung der Bahngleise in diesem Bereich umfangreiche Baumaßnahmen im Stadtgebiet. Dazu gehörte auch der Bau von zwölf neuen Eisenbahnbrücken. In diesem Zusammenhang entstand bereits 1877 auf der Nordwestseite des Hauptbahnhofes die massive Bogenbrücke mit Segmentbogengewölbe zur Überbrückung der Alten Celler Heerstraße - der Vorgängerbau der EÜ Lister Meile - die auf der Südostseite ein identisches, jedoch leicht reduziertes Pendent erhielt. Zwischen 1905 und 1912 kam es im Stadtgebiet von Hannover im Rahmen eines großen Bauprogramms wiederum zu erheblichen Umgestaltungen im Bereich zahlreicher Kreuzungspunkte von Straßenverkehr und Eisenbahnen, welche den Bau einer Vielzahl von neuen Brücken mit sich brachte, um Straßen, Wege und Gewässer zu überqueren. Der zunehmende Straßenverkehr bewirkte einerseits eine Hochlegung der Bahngleise. Zeitgleich kam aufgrund des starken Durchgangsverkehrs die Forderung auf, den räumlich eingeengten Hauptbahnhof durch den Bau einer Güterumgehungsbahn zu entlasten. Es entstanden neue Eisenbahnüberführungen. Auf der Strecke nach Bremen und Minden wurde, wie bei einigen anderen Strecken im Stadtgebiet vor allem die Konstruktion des genieteten Vollwandträgers aus Flusseisen eingesetzt. Die formal ansprechenden und gut proportionierten Konstruktionen verfügten teilweise über zwei gusseiserne Stützenreihen, woraus sich ein dreifeldriger Aufbau mit breiterer, mittiger Öffnung für den Straßenverkehr und schmaleren Öffnungen für die Fußwege seitlich ergab. Unter diesen ist die Eisenbahnbrücke EÜ Lister Meile außergewöhnlich, da die mächtige Vollwandträgerbrücke über drei Öffnungen mit den kräftigen Rundstützen aus Quadrantstahl in dieser Größe und Form einzigartig in Niedersachsen ist. Die Anwendung dieses Überbautyps ist im Allgemeinen charakteristisch für den Umbau der innerstädtischen Eisenbahninfrastruktur in den Metropolen Deutschlands in der Zeit zwischen 1900 bis ca. 1915 (z. B. Berlin und Chemnitz). Die geschichtliche Bedeutung dieses Typenbaus, der exemplarisch für viele andere Objekte steht, begründet sich vor allem durch seine beispielhafte Ausprägung. Wie die Eisenbahnlinien nach Braunschweig (1843) und nach Kassel (1853) und deren Höherlegung seit den neunziger Jahren der 19. Jahrhunderts spielt auch der Bau der Hannover-Mindener Bahn als eine der wichtigsten Eisenbahnstrecken im Königreich Hannover eine wichtige Rolle in der Stadtentwicklungsgeschichte für die westlichen Stadtteile. An der Erhaltung der Eisenbahnbrücke besteht daher aufgrund ihrer geschichtlichen Bedeutung für die Orts- und Stadtbaugeschichte, für die Verkehrs-, Wirtschafts- und Technikgeschichte, aber auch aufgrund ihrer beispielhaften Ausprägung sowie aufgrund ihrer städtebaulichen Bedeutung mit prägendem Einfluss auf das Straßenbild sowie auf das räumliche Gefüge des Ernst-August-Platzes ein öffentliches Interesse. Dieses wird durch den Seltenheitswert und den wenig gestörten Erhaltungszustand der Brücke noch gesteigert.
- Gruppen (ID | Typ | Beschreibung)
- 37042108 | | Ernst-August-Platz mit umgebender Bebauung
- Literatur
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ADABweb
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