„Den Siegern von Waterloo...“ – Die Waterloosäule in Hannover

Von Rocco Curti und Birte Rogacki-Thiemann

 

Der hannoversche Hofarchitekt und spätere Oberhofbaumeister Georg Ludwig Friedrich Laves (1788-1864) hat als führender Architekt des Königreichs Hannovers in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts maßgeblich die Entwicklung der Stadt Hannover beeinflusst und es dabei geschafft, dieser den einer Residenz angemessenen prunkvollen Rahmen zu geben.

Geboren wurde Laves 1788 als jüngster Sohn eines Pastors aus Uslar. Zwischen 1804 und 1807 studierte er an der Kunstakademie Kassel, 1807 bis 1809 an der Universität Göttingen, um anschließend als Baueleve bei der königlichen Bauverwaltung in Kassel tätig zu werden. 1814 schließlich wurde er zum hannoverschen Hofarchitekten ernannt und ab 1815 war er am Umbau des Leineschlosses beschäftigt, zwischen 1820 und 1822 gestaltete er die klassizistische Fassade für das Herrenhäuser Schloss, das im Zweiten Weltkrieg abbrannte. 1822 heiratete er Wilhelmine Kestner (1803-1855) und errichtete für seine Familie ein Wohnhaus auf einem Grundstück am Friedrichswall, das Wilhelmine als Mitgift in die Ehe einbrachte.

Seit 1817 war Laves auch mit städtebaulichen Aufgaben für Hannover betraut und schuf zwischen dem (späteren) Hauptbahnhof, dem Stein- und Aegidientor und der Georgstraße neue Achsen und Plätze, zu denen in der Innenstadt der Ernst-August-Platz, der Opern- und der Georgsplatz gehören. Die Achsenplanung – auf das Leineschloss bezogen – wurde weitergeführt Richtung Süden zum Waterlooplatz jenseits der Leine und außerhalb der ursprünglichen Stadtbefestigung.

Die Gestalt des Waterlooplatzes geht auf die 1767-82 als Parade- und Exerzierplatz angelegte sogenannte „Esplanade“ zurück, die nach Laves‘ Entwurf aus dem Jahr 1825 zwischen 1828 und 1830 auf die Mitte des Leineschlosses ausgerichtet wurde.

Bereits ab 1816 wurde durch bürgerschaftliches Engagement das Vorhaben zur Errichtung eines Denkmals für die 1815 in der Schlacht bei Waterloo gegen Napoleon gefallenen Hannoveraner vorangetrieben, wobei ein konkreter Aufstellungsort zunächst noch nicht feststand. Erst nach der zunächst finanziell bedingten Einstellung des Vorhabens, das nach 1825 dann unter staatlicher Ägide weiter verfolgt wurde, kam man – einhergehend mit der Planung zur Anlage und Neugestaltung der „Esplanade“ in der Calenberger Neustadt – zu der Entscheidung, hier den Bauplatz für das Denkmal vorzusehen. Festgelegt wurde hierfür der südliche Rand des Platzes.

Innerhalb der Projektwerdung vollzog sich zwischen 1816 und 1825 ein erheblicher Bedeutungswandel von bürgerlichem Kriegsgedenken hin zur monarchischen Siegessäule, mit deren Planung schließlich auch Architekt Laves beauftragt wurde. Der endgültige Entwurf von 1825 (der im Wesentlichen bereits um 1816 vorlag) sah ein hohes würfelartiges Postament vor, darauf stehend eine toskanische Säule aus Deistersandstein. Über dem Kapitell befindet sich eine quadratische Aussichtsplattform mit Metallstabgeländer. Darüber trägt ein zylindrischer Aufbau die auf einer Kugel stehende Figur der aus der römischen Mythologie hergeleiteten Siegesgöttin Victoria, die nach einem Modell von August Hengst (1796-1868) durch den Kupferschmied Franz Friedrich Georg Beckmann (1811-1876) in getriebenem Kupferblech auf Eisengerüst gestaltet wurde.

Eingeweiht wurde die Säule im Juni 1832 am 17. Jahrestag der Schlacht von Waterloo. Am Postament findet sich die Widmungsinschrift „DEN SIEGERN VON WATERLOO DAS DANKBARE VATERLAND“. Acht senkrecht am Postament angebrachte, in Nischen eingestellte, erbeutete Feldkanonenrohre flankieren die Tafeln mit den Namen der bei der Schlacht gefallenen Soldaten sowie ebenso an der Nordseite die Eingangstür in das Monument. Die Gesamthöhe der Anlage beträgt 46,31 m, der Säulendurchmesser 3,75 m, 189 Stufen führen im Inneren der Säule auf die Plattform. Der Achsbezug auf das Leineschloss und den Turm der hannoverschen Marktkirche ist heute noch erkennbar, wenngleich der Waterlooplatz, der etwa eine Länge von 400 m und eine Breite von 100 m aufweist, ebenso wie das weitere bauliche Umfeld nach dem Zweiten Weltkrieg völlig neu gestaltet wurde.

In der Ausprägung der Bauaufgabe und -form handelt es sich bei der Waterloosäule um ein im europäischen Vergleich in der Zeit nach den sogenannten Befreiungskriegen sehr früh errichtetes Siegesmonument. Das Kulturdenkmal hat somit einen sehr hohen Aussage- und Zeugniswert und eine große Bedeutung für die Nationalgeschichte. Siegessäulen mit Bezug auf die römische Bautradition (z.B. die Trajanssäule) waren im 19. Jahrhundert eine durchaus übliche Monumentalform. Aufgrund der genannten geschlichtlichen Bedeutung der beispielhaften Ausprägung des Baustils und -typus, als Werk eines berühmten Architekten und unter Mitwirkung bekannter Künstler und wegen des ungestörten Überlieferungswertes sowie der erheblichen städtebaulichen Bedeutung, mit prägendem Einfluss das Ortsbild und identitätsstiftender Wirkung, prägt die Waterloosäule das nationale baukulturelle Erbe mit.

Laves selbst zählt zu den berühmtesten und einflussreichsten deutschen Architekten, Stadtplanern und Ingenieuren des 19. Jahrhunderts, und er stand mit den bedeutendsten Architekten der Zeit des Klassizismus, Karl Friedrich Schinkel, Leo von Klenze und Georg Moller, in Kontakt. Laves starb am 30. April 1864 in Hannover. Sein Grabmal befindet sich auf dem städtischen Friedhof Engesohde.

Das Bauwerk wird bis in das Jahr 2026 im Rahmen einer seitens der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien (BKM) im Denkmalschutz-Sonderprogramm XII geförderten und auf Beschluss des Deutschen Bundestages hin mit Bundesmitteln ausgestatteten Maßnahme steinkonservatorisch bearbeitet.

 

Zum Weiterlesen:

Die Waterloosäule im Denkmalatlas Niedersachsen

Christine van den Heuvel: Die Waterloo-Säule in Hannover. In: Henning Steinführer u. a. (Hg.): Geschichte und Erinnerung in Niedersachsen und Bremen – 75 Erinnerungsorte. Göttingen 2021 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen 314)

Conrad von Meding: Stadt Hannover rückt die Waterloosäule ins rechte Licht, in: HAZ vom 5.1.2025

Conrad von Meding: Waterloosäule verschwindet jetzt in einem Riesengerüst, in: HAZ vom 3.4.2025

Hubertus Adam, Sally Schöne: G. L. F. Laves: Bauten in Hannover und Norddeutschland, Petersberg 2025

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