Die Stiftskirche St. Simon und Judas in Goslar

Von Markus C. Blaich


Der sogenannte Goslarer Dom ist die ehemalige Stiftskirche St. Simon und Judas auf dem Gelände der Königspfalz Goslar. Die von Kaiser Heinrich III. gestiftete und 1051 geweihte Kirche zählte zu den größten romanischen Bauten rechts des Rheins. Die Kirche ist den beiden Aposteln Simon und Judas geweiht, denn an deren Festtag (28. Oktober) wurde Kaiser Heinrich III. im Jahr 1017 geboren.

Das Kirchengebäude wurde in Form einer dreischiffigen, zunächst flach gedeckten Basilika mit einfachem Stützenwechsel errichtet. Die aufgehenden Mauern waren mit Kalkbruchsteinen ausgeführt. Die Kirche besaß, wie Abbildungen aus dem 19. Jahrhundert und ein vor dem Abbruch erstellter Grundriss zeigen, einen Westbau mit zwei achteckigen niedrigen Türmen und Haupteingang sowie drei Apsiden im Osten. Unter dem Chor befand sich eine Krypta, über der Vierung von Langhaus und Querhaus ein weiterer Turm.

Im 12. Jahrhundert wurde die Flachdeckung durch eine Einwölbung ersetzt. Vor 1200 wurde die noch erhaltene Domvorhalle angebaut und der Haupteingang – bisher nach Westen zum Pfalzgebäude weisend – hierher und damit in Richtung Stadt verlegt.

Die nördliche Vorhalle blieb beim Abriss der Kirche 1824 erhalten, weil in ihr die wertvollsten Teile der Kirchenausstattung aufbewahrt wurden (Abb. 1). Sie war wohl nach 1150 dem – in ihrer Südwand ebenfalls erhaltenen – Nordportal der Kirche vorgesetzt worden. Die Fassade mit zwei Portalen wurde entsprechend ihrer Funktion – Repräsentation des kaiserlichen Pfalzbezirks gegenüber der Stadt – mit aufwendigem Skulpturenschmuck versehen. In zwei Reihen von Nischen – oben drei, darunter fünf – sind in farbig gefassten Stuckreliefs dargestellt: in der Mitte die Gottesmutter Maria mit dem Jesusknaben, flankiert von (gemalten) Engeln; in der Reihe darunter mittig der Apostel Matthias (Stadtpatron von Goslar) und zu seinen Seiten die beiden Kirchenpatrone Simon und Judas. Ganz außen sieht man zwei Kaiserfiguren. Von diesen trägt die linke ein Kirchenmodell, und wird daher als Heinrich III. gedeutet. Die Identität der rechten Figur, die das Modell eines profanen Bauwerks hält, ist umstritten. Es gibt aber gute Gründe, diese Figur als Friedrich I. Barbarossa zu deuten, veranlasste dieser Kaiser doch die weitreichende Umgestaltung des Pfalzgeländes.

Die Fundamente der Kirche sowie des gesamten Stifts konnten im Jahr 2018 auf Veranlassung der Bezirksarchäologie Braunschweig mittels Georadar untersucht werden. Dabei ergab sich, dass diese Baustrukturen noch annähernd vollständig erhalten sind und ein archäologisches Denkmal von höchstem Wert darstellen.

Die Auswertung von in den Jahren 1905 bis 1907 durchgeführten Grabungen erbrachte vor allem für die Krypta bemerkenswerte Erkenntnisse. So wurden seinerzeit nicht nur die Mauern der Krypta freigelegt, sondern auch verschiedene Architekturteile, darunter Säulenbasen, geborgen (Abb. 2).

Betrachtet man die vorliegenden Zeichnungen der Bauteile, so würde sich folgende Zuordnung ergeben: Die zwei Säulen mit Würfelkapitell (Säulen f) sowie die Säulenbasen mit Eckblatt (Basen i und k) würden demnach von der ursprünglichen Ausstattung der Krypta stammen, ebenso das Simsstück n. Die Säulen mit der ausgearbeiteten Blattzier (Säulen g, h und m) könnten aus stilistischen Gründen dem möglichen Umbau in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts zugewiesen werden. Unklar ist, ob die Bauteile m und n tatsächlich aus der Krypta stammen oder vielleicht Teil der Bauzier im Chor waren. Die Ausführung der Architekturteile entspricht dem hohen künstlerischen Anspruch der Stiftskirche. Die vorliegende Rekonstruktion als dreischiffige Krypta mit rechteckigem Grundriss und sechs Säulen stützt sich vor allem auf die Zahl der geborgenen Säulenfragmente sowie die steingerechten Aufmaße der Fundamente.



Zum Weiterlesen:
  • Das Reichsstift St. Simon und Judas zu Goslar – Geschichte, Architektur und Archäologie. Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen 52 (Altenburg 2020)

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.