Das Prinzenpalais in Oldenburg
Von Kerstin Klein
In den Jahren 1821–1826 ließ Herzog Peter Friedrich Ludwig für seine Enkel, die Prinzen von Holstein-Oldenburg Alexander und Peter, ein Palais am Damm an der Ecke zur Huntestraße nach Plänen Carl Heinrich Slevogts bauen. Das Gebäude, das die alte Lage des Tores markiert und zur Schlossanlage überleitet, hat eine hohe städtebauliche Bedeutung. Der Grundstein des Gebäudes wurde am 25. Februar 1822 gelegt. Im Dezember 1823 war der Rohbau und 1826 die Einrichtung des Palais abgeschlossen. Der zweiflügelige und zweigeschossige Eckbau mit flach geneigtem Walmdach ist ganz im klassizistischen Baustil gehalten. Der kubische Baukörper ist durch einen horizontalen Fugenschnitt des Erdgeschosses sowie ein Gurt- und ein durchlaufendes Sohlbankgesims gegliedert. Die neunachsige Hauptfassade am Damm ist durch einen übergiebelten Mittelrisalit akzentuiert. Dessen drei Obergeschossfenster betonte Slevogt durch konsolengestützte Horizontalverdachungen und Balusterbrüstungen.
Am 1. Januar 1852 erwarb der Erbgroßherzog Nikolaus Friedrich Peter das Palais und ließ es bereits 1860–62 nach Plänen des Wiesbadener Hofbaumeisters Carl Boosum einen Zwischenbau mit Tordurchfahrt und einen weiteren Anbau zu einer Dreiflügelanlage erweitern. Der Anbau weist ein Mezzanin auf und ist durch die fünf Obergeschossfenster, die durch Dreiviertelsäulen voneinander getrennt sind, stärker gegliedert als das Hauptgebäude. In den Jahren 1865–67 ließ der Erbgroßherzog die Fassade des älteren Baus nach Plänen von Heinrich Strack überarbeiten. Das Obergeschoss wurde dabei mit einem Fugenschnitt überzogen und die Fensterachsen wurden alle mit Horizontalverdachungen und Balusterbrüstungen zwischen den Pilastern verziert.
Im Inneren dürfen die beiden Treppenhäuser, der Festsaal im Nebengebäude und das Audienzzimmer im Hauptgebäude besonders hervorgehoben werden. Das Audienzzimmer, auch pompejanisches Zimmer genannt, wurde 1825 mit einer kostbaren, umlaufenden Holzvertäfelung und einem Tafelparkett ausgestattet. Der Raum ist durch zwei einander gegenüberliegende, zweiflügelige schlichte mit Mahagoniholz furnierte Türen begehbar. An der Ostwand befinden sich in den Ecken noch zwei weitere kleine Türen in der Wandverkleidung; durch die südliche gelangt man in eine kleine Kammer und durch die nördliche erreicht man ein kleines Nebentreppenhaus. An der Südseite befinden sich zwei doppelflügelige Sprossenfenster, zwischen denen ein hochrechteckiger Spiegel mit bronziertem Stuckrahmen hängt. Auf der Nordwand ist ein dreigeteilter Spiegel querrechteckig angebracht. Die Wandvertäfelung, die ungefähr zwei Drittel der Gesamthöhe des Raumes einnimmt, besteht aus einer fünffach horizontal gegliederten Rahmen-Füllungskonstruktion mit vorspringendem Sockel und umlaufendem Kranzgesims. Die Ecken werden durch plastisch hervortretende Pilaster gegliedert. Von den Türrahmen ist nur noch der in der Westwand erhalten. Er wird von zwei mehrfach profilierten Voluten gerahmt, die ein Gesims tragen. Die Füllungsbretter der Wandpaneele sind vermutlich mit einem Obstholz furniert und tragen einen transparenten, glänzenden Überzug. Die Rahmen, die Profile und die geschnitzten Zierelemente sind aus einem hellen, feinporigen Massivholz gearbeitet. Der Parkettboden besteht aus quadratischen, mit Eichenholzdickten in Kreuzfuge furnierten Tafeln. Der Boden hat ein großes Mittelfeld mit zentraler Mittelrosette und Parketttafeln, in die jeweils ein vierstrahliger Stern eingelegt ist. Die Ecken des zentralen Feldes zieren stilisierte, eingelegte, florale Motive aus dunklem Holz. Gerahmt wird der Boden von einem breiten, mehrfach gegliederten, dunklen umlaufenden Fries.
Während einer Umbauphase in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts wurde das Audienzzimmer mit üppigen Malereien im sogenannten pompejanischen Stil ausgemalt. Die Malereien auf den Wänden und der Decke wurden auf Papier und auf den Füllungsbrettern direkt auf das Holz mit ölgebundenen Farben ausgeführt. Alle bemalten Felder waren ursprünglich von dunkelgebeizten Leisten gerahmt, die mittlerweile ausgeblichen sind. Die Schäfte der Pilaster sind durch rote Begleiter und die Kapitelle mit einem Ornament akzentuiert. Das mit einem Zahnfries, Mäander- und Wickelband bemalte Kranzgesims schließt die Täfelung nach oben ab. Die unteren Kassetten der Vertäfelung sind mit Vasen, Amphoren und Schalen bemalt. Auf den oberen Feldern sind Symbole verschiedener Götter und ebenfalls verschiedene Gefäße abgebildet.
Auf eine Kassette der Ostwand sind die Attribute der Jagd- und Mondgöttin Diana, der silberne Bogen, der Pfeil und der Köcher mit Pfeilen in einem Myrtenkranz gemalt. Das Leben wird durch eine von Efeu umrankte, aufrecht stehende brennende Fackel und das Machtsymbol des Hochadels durch das Schwert im Myrtenkranz auf zwei weiteren Füllungsbrettern dargestellt. Neptun, der Meeresgott, und Merkur, der Götterbote, werden gemeinsam in einem Feld durch ihre Symbole, den Dreizack, über dessen Zacken Efeu herunterhängt, und den Flügelhelm, repräsentiert.
Auf der Nordwand wird der üppige Spiegel von zwei Zupfinstrumenten, vermutlich Kitharas, gerahmt. Auf der Westwand entspricht die Malerei auf einem Füllungsbrett Bacchus und Faunus. Wobei man hier, wenn man es genau nimmt, eher die Symbole des griechischen Dionysoskults abgebildet sieht. Der Thyrsos, ein Stab mit einem Pinienapfel, ist das Symbol für Dionysos und seine Begleiter, die Mänaden und die Satyrn. Die Panflöte wird dem Fruchtbarkeitsgott Faun zugeordnet. Die Zimbeln wurden bei der Verehrung von Göttern wie der Kybele, des Dionysos usw. aneinandergeschlagen. So ist es auch naheliegend, dass diese Instrumente von Weinlaub umrankt sind. Auf einer weiteren Füllung ist eine Flöte, eine Triangel mit vier Klirrringen und Eichenlaub zu sehen. Diese Instrumente konnten keiner Gottheit zugeordnet werden. Vor allem ist festzustellen, dass die Triangel musikikonografisch wohl erst seit dem 14. Jahrhundert nachzuweisen ist. Die Bemalung der oberen Wandfläche ist insgesamt sehr farbig. Die relativ kleine Fläche an der Fensterseite ist rot gestrichen. Die restlichen Wände oberhalb der Paneele sind alle bis auf einige kleine Details und drei kleine Gemälde mit figürlichen Darstellungen mit gleichen Motiven bemalt. Über dem Spiegel der Nordwand, der Tür der Ostwand befinden sich unterschiedlich tiefe Bögen. Über der Tür der Westwand ist ein Bogen gemalt. Die Wandflächen der Nischen sind in einem kräftig roten Grundton angelegt. Die Mitte nehmen kleine Tempelfronten ein. Von hinten sind die Tempel mit blauen Vorhängen verhüllt. Links und rechts davon sind Girlanden und von Weinlaub bewachsenes Mauerwerk zu sehen. Der Bogen über dem Spiegel ist mit 19 kleinen stilisierten Blüten in Kassetten verziert. Der Bogen über der Tür der Ostwand ist mit fünf Kassetten bemalt. In den äußeren sind je ein geflügeltes Wesen, das eine ein Füllhorn haltend und das andere einen Teller und einen Krug tragend, zu sehen. In den nächsten Kassetten sind eine weibliche Figur mit Blumen und eine männliche mit einer Feder und einem kurzen gebogenen Stab in den Händen abgebildet. In der zentralen Kassette ist im Vordergrund ein geflügeltes Wesen mit Malpalette, Pinsel und einem großen Kerzenständer ähnlichen Gegenstand in den Händen zu sehen. Direkt dahinter befindet sich eine weibliche Figur, in einer Hand einen Stab haltend. Mit der anderen Hand greift sie nach dem Ständer.
Die Nischen werden an beiden Seiten von illusionistischen Architekturmalereien begleitet. Der Hintergrund ist in einem hellen grünen Ockerton angelegt. Oberhalb der Nischen sind die kleinen zentrierten figürlichen Malereien vor rosafarbenem Hintergrund ausgeführt worden. Auf der Ostwand jagt ein Leopard einem Reh und einem Hasen vor bergiger Landschaft nach. Auf der Nordwand reiten zwei Puttiin ihren Wagen – von je zwei Delfinen gezogen – über das aufgewühlte Meer. Und auf der Westwand hetzen zwei Jagdhunde einen Rehbock und eine Ricke. Der Jäger setzt bereits an, einen seiner Speere zu werfen. Auch diese Szene spielt sich vor bergiger Landschaft ab. Begleitet werden diese Gemälde von Girlanden, kleinen fliegenden Vögeln und in den Ecken von je einem schreitenden Vogel in rot angelegten Medaillons. Nach oben schließt die Wandmalerei mit einem üppig gemalten Gesims ab.
Die Kassettendecke, ein Trompe-l’œil, ist in hellem braun angelegt. Die sich kreuzenden Rippen sind in hellem grünem Ockerton, Ocker und Rosa ausgeführt. Geschmückt wird die Decke mit zarten Girlanden, schönen Blumenbouquets und kleinen Fischen in den äußeren Kassetten und mit Amphoren, Krügen, Schalen und Vasen in den äußeren Eckmedaillons. In kleinen Kassetten innerhalb der Rippen ist je eine kleine mit Ranken geschmückte Maske zu sehen. Die rosa hinterlegte zentrale Kassette ist relativ schlicht mit einem Kranz und Blumenranken verziert.
Zum Prinzenpalais im Denkmalatlas Niedersachsen
Der Text wurde erstmals veröffentlicht in den Berichten zur Denkmalpflege in Niedersachsen, 37. Jg. (2017), Heft 2, S. 73-75.