Überraschung bei Osnabrück: Ein Kupferhort aus der Steinzeit in Lüstringen
Bei einer Baustellenbeobachtung in Osnabrück-Lüstringen entdeckte 2016 ein ehrenamtlicher Sondengänger im Auftrag der Stadtarchäologie grün schimmernde Artefakte. Eine Blockbergung erlaubte eine Computertomographie und die Untersuchung dieser einzigartigen Deponierung in der Restaurierungswerkstatt ohne Zeitdruck. Unter einer Knaufhammeraxt mit Schaftloch lagen waagerecht drei große, mondsichelförmige Ringe aus flachem Blech mit aufgerollten Enden. Diese Lunulae („kleine Monde“) dienten vermutlich als Hals- oder Brustschmuck. Alle drei Ringe weisen an der Außenseite gepunzte Rapportmuster auf, zwei der Ringe haben eine Mittelrippe. Einige Löcher wurden wohl zum Aufnähen oder zur Aufnahme eines organischen Bandes durchgestanzt.
Die Vergesellschaftung der Lüstringer Lunulae mit der in ihrem kaukasischen und südosteuropäischen Hauptverbreitungsgebiet in das vierte vorchristliche Jahrtausend datierten Kupferaxt weisen diese zumeist als jünger eingeschätzte Form in einen trichterbecherzeitlichen Kontext. Das wird durch die ersten Metallanalysen untermauert, die wegen ihres hohen Arsen-, Antimon- und Bismutanteils zu den ältesten Metallprodukten in der eigentlich metallfreien Jungsteinzeit Norddeutschlands zählen. Weitere archäometrische Untersuchungen werden Aufschluss über die Herkunft der fremden Objekte geben und zeigen, ob das Kupfer bereits durch die gewollte Hinzufügung weiterer Metalle künstlich legiert worden ist oder ob die Beimengungen natürlichen Ursprungs sind. Guss, Ausschmieden und Verzierung zeugen von hohem metallhandwerklichen Knowhow. Eine spannende Frage ist, wo genau dieser Fertigungsprozess stattgefunden hat und wie die Stücke in den Norden gelangten. Die Fundstelle liegt in der Nähe eines alten Fernweges, der von Megalithgräbern und Grabhügeln gesäumt ist. Der Neufund liefert einen wichtigen Beitrag zur Diskussion um die frühe Metallnutzung, über tausende Kilometer erfolgten Gütertransfer und die Herausbildung von Eliten vor mehr 5.000 Jahren.