Der größte Schulbau der Provinz Hannover in der Weimarer Republik entstand in Emden. Die Herrentorschule ist für zwei Volksschulen mit einer Gesamtschülerzahl von 1100 in dem neu entstandenen Stadtteil Herrentor errichtet worden. Eine Stadterweiterung war hier schon vor dem Ersten Weltkrieg geplant und notwendig, konnte aber erst Mitte der 1920er Jahre erfolgen. An der Danziger und Memeler Straße entstanden eingeschossige Wohnhäuser; die zweite Bauphase an der Königsberger Straße begann 1930. Verantwortlich für den Bau einer Schule war das städtische Bauamt – die Entwürfe stammen von dem Stadtbaurat Reinhold Haasis (1879-1953) und seinem Mitarbeiter Walter Luckau (1899-1945). Ab 1926 planten sie für die Volksschulen A und B ein gemeinsames Schulgebäude, das 1930 eingeweiht werden konnte.
Die Zweiflügelanlage besteht aus dem Haupttrakt an der Straße Am Herrentor, in dem die Klassenräume und Spezialräume für den Unterricht sowie die Lehrerzimmer und die Büros der beiden Rektoren untergebracht waren; den Seitenflügel bilden die Turnhalle mit den seitlich angeordneten Umkleideräumen sowie die Schülertoiletten. Beide Flügel sind durch einen Arkadengang verbunden, der ursprünglich einen offenen Durchgang von der Hamhuser Straße zum Schulhof hatte.
Der dreigeschossige Hauptflügel mit hohem Sockelgeschoss unter Flachdach ist im Nordostteil viergeschossig ausgebildet. Unterhalb des profilierten Traufgesimse zieht sich jeweils ein flaches Relief aus Dreiecken und Halbkreisen wie eine Bordüre um die Baukuben. Die Nordostfassade ist mit einem dreiachsigen Treppenerker versehen, der oberhalb der Traufe von einem übereckgestellten Uhrturm bekrönt wird. Den einzigen Bauschmuck der langgestreckten Hof- bzw. Straßenfassaden sind spitzbogige Verdachungen der Fenster im ersten Obergeschoss. Gestalterisch herausgehoben sind die beiden straßenseitigen Hauptportale mit einem hohen spitzwinkeligen, verglasten Dreiecksgiebel. Die schmale Südwestfassade hat durch drei schlanke Fensterbänder mit Dreieckssprossen eine vertikale Betonung. Der Seitenflügel setzt sich aus verschiedenen Baukörpern zusammen, wobei die Turnhalle die beiden eingeschossigen Umkleideräume überragt. Sie besitzt eine strenge vertikale Lisenengliederung; zwischen den übereckgestellten Lisenen befinden sich oberhalb der Fensterbahnen Schmuckelemente in Form von Spitzbögen und Halbkreisen aus Klinkern.
Die beiden Architekten schufen ein Gesamtkunstwerk, das bis ins kleinste Detail durchkomponiert ist. Für die Innengestaltung war vor allem Walter Luckau, den Haasis auch als seinen „künstlerischen Mitarbeiter“ bezeichnete, verantwortlich. Sein künstlerisches Talent stellte Luckau schon bei dem Entwurf des sog. Chinesentempel in der Boltentorstraße unter Beweis.

