Wie kommt das Erz aus dem Berg? Der Fund eines hölzernen Troges von der Grabung „Altes Lager“ am Rammelsberg im Harz

Von Katharina Malek-Custodis und Georg Drechsler

Die Arbeitsstelle Montanarchäologie führte zwischen 2010 bis 2016 mehrmonatige archäologische Untersuchungen am Ausbiss des Alten Lagers am Rammelsberg durch. Das Alte Lager ist eine Erzlinse, die sich bis an die Oberfläche erstreckte und im Laufe von Jahrtausenden teilweise abgebaut, aufgelassen, verfüllt und wieder aufgesucht wurde. Die Fundstelle ist neben zahlreichen Befunden wie einem Holzbearbeitungsplatz und hölzernen Einbauten, vor allem reich an Textil-, Leder- und Holzfunden. Sowohl die Befunde wie auch die Funde haben sich aufgrund der besonderen Durchtränkung des Bodens mit Schwermetallen hervorragend erhalten.    

Zu den besonderen Objekten zählen Fragmente eines hölzernen Troges, welche bereits bei der ersten Grabungskampagne am Alten Lager geborgen wurden. Im Anschluss gelangten sie zur Konservierung in die Restaurierungswerkstätten des NLD und stehen nun für Untersuchungen zur Verfügung.

Der Trog liegt in zwei Fragmenten vor, die sich anhand der Bruchkanten und der Maserung aneinander passen lassen. Er war demnach etwa 60 cm lang. Die Innenseite ist eben und nur leicht gewölbt gearbeitet. Erst zu den Enden hin steigt der Rand deutlich um 6 cm an, wodurch insgesamt ein muldenförmiges Inneres entstand (Abb. 1). Außen an den Schmalseiten ist der Rand leicht gekröpft. Dort lassen sich wenige breite, gleichmäßig tiefe Schnittflächen erkennen. Sie deuten auf ein breites Schnitzwerkzeug, etwa ein Zugmesser hin, mit der zumindest die Außenseite gefertigt wurde (Abb. 2).

Der Trog befand sich in einer Schicht zusammen mit auffallend vielen bearbeiteten Holzresten und -abfällen. Diese verweisen auf den sich an dieser Stelle befindlichen Holzrichtplatz, dessen durchgeführte Dendrodatierungen in die Mitte des 15. Jh. mit einer Fortdauer von mind. 50 Jahren weisen (Bauerochse et al 2017). Damit wäre der Trog frühestens in das 15. Jahrhundert zu datieren. Ob die vorgefundenen Fragmente eher einen weggeworfenen Rest eines kaputtgegangenen Behältnisses darstellen oder dort gefertigt wurden, lässt sich nicht eindeutig entscheiden.

Solche Tröge wurden sowohl übertage wie auch untertage eingesetzt, wie bildliche Quellen des ausgehenden Mittelalters und beginnenden Frühen Neuzeit zeigen. Ein Beispiel hierfür sind das Titelblatt sowie ein analoges Einzelblatt der Kuttenberger Kanzionale (um 1490) (vgl. Matějková 2011, S. 208 Abb. 1; S. 209 Abb. 2). Darauf ist zu sehen, wie unter Tage das Hauklein in den Trögen durch enge Strecken gezogen und an anderer Stelle in Flechtkörbe umgeschüttet wird (Abb. 3). Über Tage sind sie an verschiedenen Stellen und bei unterschiedlichen Schritten der Aufarbeitung durch Bergmänner und auch Frauen zu finden.

Ein Einsatz des Troges untertage ist am Rammelsberg gut vorstellbar. Bei jüngsten montanarchäologischen Untersuchungen einer alten Abbauweite im Rammelsberg wurden einige sehr enge Strecken angetroffen (Malek-Custodis/Drechsler 2022, 26ff). Sie waren in der Regel nur etwa einen Meter hoch und breit, in einem Fall aber auch nur 60 cm hoch (Abb. 4). In solchen Strecken ist der Einsatz kleiner flacher Tröge sinnvoll, da jedes andere Behältnis zu groß war. Sie konnten auf der Sohle entweder vor sich hergeschoben oder hinter sich gezogen werden, und waren im Vergleich zu Säcken sehr robust und im Vergleich zu Körben oder Kübeln sehr platzsparend.

In der archäologischen Überlieferung existieren bis jetzt nur wenige publizierte Exemplare. Dazu zählen aus dem Spätmittelalter zwei Tröge aus dem sächsischen Niederpöbel (Hemker 2014) sowie ein Trog aus der Grube Bliesenbach aus dem Rheinland (Weisgerber 1996). Ein weiteres Exemplar ist aus dem alpinen Bergbaugebiet Schwaz – Brixlegg bekannt (Martinek 1994). Letzterer gehört aber anhand seines Fundkontextes eher ins 18./Beginn des 19. Jahrhundert. Mit dem Fund aus der Grabung „Altes Lager“ am Rammelsberg liegt somit ein fünfter Trog vor.


Literatur:

Bauerochse / H. H. Leuschner/L. Klappauf/W. Ließmann/ H.-G. Dettmer/K. Malek, Holz aus dem Berg. Berichte zur Denkmalpflege in Niedersachsen 37, 2017, 265 – 271.

Ch. Hemker, Aus mittelalterlichen Bergwerken ans Licht gebracht – Ausgewählte Funde und Befunde aus Dippoldiswalde und Niederpöbel. In: R. Smolnik (Hrsg.), Silberrausch und Berggeschrey. Archäologie des mittelalterlichen Bergbaus in Sachsen und Böhmen (Dresden 2014) 97 – 106.

Malek-Custodis, G. Drechsler, Frühe Erzgewinnung am Bergwerk Rammelsberg. Berichte zur Denkmalpflege in Niedersachsen Jg.42, H. 2/2022, S. 22 – 29.

Matějková, Das Titelblatt aus dem Kuttenberger Kanzionale und das Einzelblatt aus der Werkstatt des Meisters Mathaeus „Illuminator“ – Neue Ergebnisse zur Frühzeit des Kuttenberger Montanwesens. Der Anschnitt 63, 2011, H. 6, S.207 – 222.

K.-P. Martinek, Erztrog mit Mühlenspiel. Lapis Mineralien Magazin Jg. 19 H.7/8, 1994, 74 mit Abb. S. 75.

Weisgerber, Mittelalterliche Bergbaufunde aus der Grube Bliesenbach im Oberbergischen Kreis. Der Anschnitt 48.1, 1996, 2 – 18.

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