Das Augusteum in Oldenburg
Die 1855 angelegte und einseitig bebaute Elisabethstraße in Oldenburg, die den Verlauf eines alten Flusslaufes nachzeichnet, bildet mit öffentlichen Großbauten und zahlreichen Villen eine eindrucksvolle südliche Kulisse für den seit 1807 angelegten Schlossgarten. Den repräsentativen Auftakt am östlichen Beginn der Straße in Sichtweite des Schlosses und des ehemaligen Prinzenpalais stellt das auf Initiative des 1843 gegründeten Oldenburger Kunstvereins in den Jahren 1865 bis 1867 als öffentliche Gemäldegalerie erbaute Augusteum dar.
Seit dem ersten Viertel des 19. Jahrhunderts entwickelte neben den deutschen Landesfürsten auch das gebildete Bürgertum ein spezielles Kunstinteresse, das bis um 1850 zu zahlreichen Vereinsgründungen führte. Den fürstlichen Vorbildern folgend, hatte 1849 der Bremer Kunstverein die erste bürgerliche Kunsthalle in Deutschland errichtet. Auch das Ziel des Oldenburger Kunstvereins bestand darin, „durch Kunstausstellungen das Mittel zur Belehrung über Kunstgegenstände zu gewähren und den Kunstsinn zu fördern“, und so entstand 1854 auch in Oldenburg der Wunsch nach einem eigenen Ausstellungsgebäude.
Der kunstsinnige Großherzog Nikolaus Friedrich Peter (1827-1906) stiftete das Grundstück sowie eine Summe von 10.000 Talern für die Errichtung des Ausstellungsbaus mit der Auflage, dass im Obergeschoss die 1804 von Herzog Peter Friedrich Ludwig (1755-1829) gegründete Großherzogliche Gemäldegalerie zu präsentieren sei. Der Name „Augusteum“ verweist auf seinen Vater, Großherzog Paul Friedrich August (1783-1853). So entstand das erste Museumsgebäude im Großherzogtum Oldenburg und eine der frühen öffentlichen Gemäldegalerien in Deutschland. Die Residenzstadt Oldenburg verfügte damit nach der Errichtung eines Theaters (1832) und einer Bibliothek (1846) über die drei klassischen Bildungsbauten des 19. Jahrhunderts.
Der von dem Bremer Architekten Ernst Klingenberg entworfene zweigeschossige Baukörper ist im Aufriss und in der Fassadengestaltung an der florentinischen und römischen Palazzoarchitektur der Frührenaissance orientiert. Das bei den italienischen Bauten übliche Bossen- und Quadermauerwerk wurde mit Ausnahme des mit Werksteinen verblendeten Sockels und des rückwärtigen Obergeschosses in einer gelben Ziegelverblendung ausgeführt. Plastische Figuren über der mittigen Portalumrahmung sowie der unterhalb des Kranzgesimses umlaufende 60 m lange und 1,5 m hohe Fries mit festontragenden Putten stammen von dem Bremer Bildhauer Dietrich Kropp, der auch die drei Puttenmedaillons für die fensterlosen Stirnwände schuf. Eine noch auf historischen Fotografien festgehaltene Dachbalustrade mit überlebensgroßen allegorischen Figuren als Abschluss über dem Kranzgesims, hinter der das flache Walmdach zurücktrat, wurde aus Sicherheitsgründen schon spätestens 1887 wieder entfernt.
Im Innern sind von besonderer kunsthistorischer Bedeutung die 1878 im Treppenhaus angebrachten Decken- und Wandbilder des Oldenburger Historienmalers Christian Griepenkerl, einem Schüler des Wiener Malers Carl Rahl. Im zentralen Deckengemälde ist die Prometheussage dargestellt, der dreiseitig umlaufende Wandfries zeigt als Zyklus die Entstehung der bildenden Künste von der griechischen Antike bis in die damalige Neuzeit als Gelehrtenversammlung.
Das Augusteum ist seit seiner Erbauung mit wenigen Unterbrechungen (Nutzung des Erdgeschosses während des Krieges 1870/71 und im Ersten Weltkrieg für das Rote Kreuz sowie nach dem Zweiten Weltkrieg von 1946–1976 Vermietung an Behörden) als Ausstellungs- und Museumsbau genutzt worden.
Nach der letzten Sanierung des Gebäudes Ende der 1970er Jahre für die Wiederaufnahme der musealen Nutzung erfolgte bis Ende 2015 eine über zwei Jahre laufende umfassende Modernisierung und Restaurierung, um das Augusteum den Standards an heutige Ausstellungsanforderungen insbesondere im Hinblick auf Klima-, Licht- und Brandschutztechnik anzupassen. Im Erd- und Obergeschoss wurden die historischen Holzfußböden wieder freigelegt und aufgearbeitet.
Die notwendigen technischen Anlagen für die Klimatisierung wurden hinter Vorsatzwänden sowie einer neuen abgehängten Decke verborgen. Die historischen Türen wurden erhalten und durch zusätzliche Glastüren ergänzt, um klimatische Schwankungen zwischen den Räumen zu minimieren. Im Treppenhaus wurde das Deckengemälde gereinigt und gesichert.
Im Erdgeschoss wird nun seit Dezember 2015 in den einzelnen farbig neu gefassten Sälen die Sammlung Alter Meister mit Exponaten vom Ende des Mittelalters bis zum Anbruch der Moderne gezeigt. Der große Saal im Obergeschoss, in dem bis 1924 die Großherzogliche Gemäldesammlung mit Zwischenwänden in dichter, sogenannter Petersburger Hängung untergebracht war, dient zukünftig als Fläche für Sonderausstellungen.
Das Augusteum im Denkmalatlas Niedersachsen
Der Text wurde erstmals veröffentlicht in den Berichten zur Denkmalpflege in Niedersachsen, 36. Jg. (2016), Heft 2, S. 65-66.