Verzeichnis der Archäologischen Denkmale für die Gemeinden Geestland und Schiffdorf im Landkreis Cuxhaven übergeben

Das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege (NLD) hat den Gemeinden Geestland und Schiffdorf im Landkreis Cuxhaven das Verzeichnis der Archäologischen Baudenkmale übergeben. In den vergangenen Monaten wurde die Erfassung der Denkmale vor Ort durch Dr. Jan Steffens im Rahmen des Projektes Denkmalatlas Niedersachsen abgeschlossen. In den kommenden Monaten werden nun die Bürgerinnen und Bürger, auf deren Besitz sich denkmalgeschützte Objekte befinden, offiziell darüber informiert.

Nach dem Niedersächsischen Denkmalschutzgesetz obliegt dem Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege Hannover die Erfassung von Kulturdenkmalen als Grundlage für die anschließende Ausweisung in einem landesweiten Verzeichnis der Kulturdenkmale.

Aus Zeitgründen werden landesweit zunächst nur die Objekte für das Verzeichnis der Kulturdenkmale erfasst, die oberirdisch sichtbar sind und im Sinne des Gesetzes als »Archäologische Baudenkmale« bezeichnet werden.
Im Rahmen des Projektes Denkmalatlas Niedersachsen konnte ab Sommer 2019 die Arbeit im Bereich der Erfassung, Ausweisung und Qualifizierung der Kulturdenkmale deutlich intensiviert werden. So ist Dr. Jan Steffens seit August 2019 mit der Aufnahme der archäologischen Baudenkmale im Landkreis Cuxhaven befasst. Nachdem zunächst für die Stadt Cuxhaven die Aufstellung des Verzeichnisses der Archäologischen Denkmale abgeschlossen wurde, erfolgt dies im übrigen Landkreis zuerst für die Gemeinden Geestland und Schiffdorf.

Eine Erstaufnahme archäologischer Fundstellen in den ehemaligen Landkreisen Wesermünde und Land Hadeln, die 1977 zusammen mit der ursprünglich kreisfreien Stadt Cuxhaven den heutigen Landkreis bildeten, fand in den 1960er- und 1970er-Jahren unter der Leitung des damaligen Kreisarchäologen Hans Aust statt. Ihm und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gelang es, mehr als 10.000 archäologische Fundstellen zu identifizieren, die sämtliche Epochen von der Steinzeit bis zur frühen Neuzeit umfassen. Die Aufgaben der Erfassung und des Schutzes von archäologischen Fundstellen wurde später unter Austs Nachfolger Matthias D. Schön und durch den heutigen Kreisarchäologen Dr. Andreas Hüser fortgeführt. Der Tätigkeit der Kreisarchäologie ist es zu verdanken, dass der Landkreis Cuxhaven heute in Niedersachsen zu den Kreisen mit der größten Dichte bekannter archäologischer Fundplätze zählt.

Im Fachinformationssystem des NLD und in den Akten der Kreisarchäologie sind Informationen zu etwa 2.500 archäologischen Fundstellen in der Gemeinde Geestland und mehr als 500 in der Gemeinde Schiffdorf erfasst. Durch die Auswertung der Fundstellenakten und die anschließende Überprüfung des Erhaltungszustandes im Gelände wurden für die Gemeinde Geestland 496 und für die Gemeinde Schiffdorf 46 obertägig sichtbare archäologische Baudenkmale identifiziert. Ganz überwiegend handelt es sich um Grabhügel (495), die einzeln oder in größeren Gruppen beieinander liegen. Grabhügel wurden vor allem in der späten Jungsteinzeit (ca. 2800–2000 v. Chr.) und der anschließenden älteren Bronzezeit errichtet und später noch für Nachbestattungen benutzt. Die Zahl der ursprünglich vorhanden gewesenen Grabhügel lag jedoch weitaus höher. Trägt man alle sicheren Nachweise für Grabhügel zusammen, so müssen es im Bereich der Gemeinde Geestland ursprünglich mehr als 800 gewesen sein und in der Gemeinde Schiffdorf mindestens 120. Viele Grabhügel fielen hier – wie auch in anderen Regionen Nordwestdeutschlands – bereits um 1900 der intensiveren landwirtschaftlichen Nutzung, d.h. vor allem der Umwandlung von Heide- in Ackerland zum Opfer. Aber auch in den Jahrzehnten danach sind noch zahlreiche Grabhügel zerstört worden. Oft zeigen die heute noch erhaltenen Hügel deutliche Spuren älterer Angrabungen, die auf Raubgrabungen und Untersuchungen von Laienforschern zurückgehen, die insbesondere während des 19. und frühen 20. Jahrhunderts stattgefunden haben. Schätze sind in den Hügeln aufgrund der vielen Zerstörungen heute nicht mehr zu finden, die Archäologie kann aber mittels sorgfältiger Ausgrabung noch wichtige Erkenntnisse, vor allem über den Grabbau und die Bestattungssitten, gewinnen.

Zu den im Gelände sichtbaren archäologischen Zeugnissen der Vergangenheit gehören neben Grabhügeln auch mehrere Befestigungsanlagen aus vorgeschichtlicher Zeit sowie aus dem Mittelalter. Zu den am besten erhaltenen zählt die mittelalterliche Pipinsburg, deren mächtiger Burgwall nördlich von Sievern liegt. In geringer Entfernung befinden sich zwei deutlich älteren Ringwallanlagen mit den Namen Heidenschanze und Heidenstadt. Erstere konnte in die Zeit um Christi Geburt datiert werden, während der Bau der zweiten Anlage nach heutigem Kenntnisstand in der Völkerwanderungszeit erfolgt war. In beiden Fällen gibt es noch viele offene Fragen was ihre Funktion betrifft. Fest steht aber, dass beide bedeutende regionale Zentren gewesen sein müssen, die unter anderem wohl als Handelsplätze dienten.

Weit weniger spektakulär anzusehen, aber wissenschaftlich nicht minder interessant, sind in der Gemeinde Schiffdorf zwei mittelalterliche Burgplätze in der Niederung des Flüsschens Grove. Die Standorte der Anlagen zeichnen sich heute nur noch als flache Erhebungen im Wiesengelände ab. In den mittelalterlichen Schriftquellen fehlen Angaben zu den beiden Niederungsburgen. Sehr wahrscheinlich gehörten sie den Herren von Luneberg, bzw. einem Zweig dieses örtlichen Adelsgeschlechtes.
Einige hundert Meter entfernt von der Pipinsburg liegt das Bülzenbett, eines der am besten erhaltenen Großsteingräber im Landkreis Cuxhaven. Die aus tonnenschweren Findlingen erbauten Grabanlagen wurden im 4. Jahrtausend v. Chr. während der Jungsteinzeit errichtet. Nur wenige dieser beeindruckenden Monumente sind im mehr oder weniger stark beschädigten Zustand bis heute erhaltenen geblieben. Ein großer Teil ist im 19. und frühen 20. Jahrhundert dem Bedarf an Steinen für den Chausseebau zum Opfer gefallen und von Steinhauern rücksichtslos zerstört worden. Deutlich sichtbar sind die Spuren früherer Zerstörungen beim letzten vorhandenen Großsteingrab in der Gemeinde Schiffdorf. Von der in einem großen Hügel bei Wehden gelegenen Grabkammer schauen heute nur noch die Oberkanten mehrerer verbliebener Trägersteine aus dem Boden. Die Decksteine wurden hingegen zerschlagen und abtransportiert.

Die Gemeinde Geestland umfasst mit dem Bereich rund um Imsum auch einen kleinen Teil der Marsch des Landes Wursten. Im Gegensatz zur Geest, wurde die Marsch vergleichsweise spät besiedelt. Zeugnisse einer dauerhaften menschlichen Besiedlung sind hier insbesondere Wurten. Im Bereich dieser zum Schutz vor Hochwasser künstlich aufgeschütteten Erhebungen wurden Funde geborgen, die belegen, dass erst in der Zeit um Christi Geburt eine Siedlungstätigkeit einsetzte, die jedoch nach etwa 500 Jahren während der frühen Völkerwanderungszeit abbrach. Die Ursache waren vermutlich zunehmende Sturmfluten, infolge des angestiegenen Meeresspiegels. Eine erneute Besiedlung der Marsch erfolgte danach erst wieder während des Frühmittelalters.

Das jetzt neu aufgestellte Verzeichnis der Kulturdenkmale löst ältere Verzeichnisse ab und bildet die aktuelle Grundlage für die Betreuung der Objekte seitens der Unteren Denkmalschutzbehörde.

Da den betroffenen Grundstückseigentümern häufig nicht bekannt ist, dass kulturgeschichtlich bedeutsame Objekte auf ihrem Grund und Boden vorhanden sind, werden sie in den nächsten Wochen vom Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege schriftlich darüber informiert, wo genau auf ihrem Besitz sich ein archäologisches Denkmal befindet. Erst wenn die Benachrichtigung der Eigentümer abgeschlossen ist, werden die Denkmale für Niedersächsischen Denkmalatlas Niedersachsen freigeschaltet.

Die Denkmale dürfen aufgrund der Bestimmungen des Niedersächsischen Denkmalschutzgesetzes nicht zerstört oder in ihrem Bestand gefährdet werden. Die bisherige Nutzung des Grundstücks wird in der Regel davon nicht berührt, aber verändernde Maßnahmen wie z.B. Tiefpflügen oder Umwandlung von Wald in Ackerland bedürfen der Genehmigung durch die Denkmalschutzbehörden.

Die Überprüfung der archäologischen Baudenkmale in den übrigen Gemeinden und Samtgemeinden des Landkreises Cuxhaven läuft zzt. und soll möglichst bis Sommer 2022 abgeschlossen werden.

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