Verzeichnis der Archäologischen Denkmale für den Landkreis Nienburg vom Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege übergeben
Das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege (NLD) hat dem Landkreis Nienburg das Verzeichnis der Archäologischen Baudenkmale übergeben. In den vergangenen anderthalb Jahren wurde die Erfassung, Ausweisung und Qualifizierung im Rahmen des Projektes Denkmalatlas Niedersachsen abgeschlossen. In den kommenden Tagen werden nun die Bürger:innen, auf deren Besitz sich denkmalgeschützte Objekte befinden, offiziell darüber informiert.
Nach Auswertung der Akten wurden im Landkreis Nienburg mehr als 700 Objekte im Gelände auf ihre Denkmalwürdigkeit hin überprüft und schließlich insgesamt 655 archäologische Baudenkmale in das Verzeichnis der Kulturdenkmale aufgenommen. Hierbei handelt es sich, wie in angrenzenden Regionen auch, mehrheitlich um Grabhügel (590 Exemplare). Diese wurden überwiegend in der ausgehenden Jungsteinzeit und der älteren Bronzezeit errichtet und liegen zumeist in kleineren Gruppen von drei bis zehn Hügeln beieinander. Daneben gibt es jedoch auch größere Gruppen von Grabhügeln, z.B. im Bereich der Gemarkungen Schweringen an der Gemarkungsgrenze zu Wietzen, wo von ehemals 47 Grabhügeln heute noch 19 erhalten sind, oder beiderseits der Gemarkungsgrenze zwischen Rohrsen und Gadesbünden, wo von ehemals 25 noch 19 Exemplare existieren. Das größte Grabhügelfeld des Landkreises liegt im Waldgebiet Alpheide bei Langendamm, mit heute noch 64 Grabhügeln. Von dem forschungsgeschichtlich bedeutenden Grabhügelfeld von Erichshagen, heute mitten im Wohngebiet gelegen, sind hingegen von ehemals 24 Hügeln in einer kleinen separaten Parzelle gerade einmal fünf Hügel noch vorhanden. Oftmals sind heute nur noch flache und kümmerliche Hügelreste im Gelände erkennbar. Aber die Ausgrabungen beim Ausbau der Bundesstraße B6 im Jahr 2006 bei Schneeren (Stadt Neustadt am Rbge.) haben sehr deutlich gezeigt, welche wertvolle Erkenntnisse bei wissenschaftlichen Untersuchungen auch an äußerlich unscheinbaren Grabhügeln gewonnen werden können.
Aus dem Mittelalter stammen die eindrucksvollen Überreste von neun ehemaligen Burganlagen im Landkreis: Während die Brunsburg bei Heemsen, die Oyler Burg, der Schlossplatz bei Husum und wohl auch die Düsselburg bei Rehburg und die Ringwallanlage bei Deblinghausen bis in das Frühmittelalter zurück reichen, sind die Burg der Grafen von Wölpe bei Erichshagen, die Luccaburg bei Loccum, die Burg am Weserufer bei Steyerberg und die Burg Neuhaus bei Liebenau wohl erst im Hochmittelalter gegründet worden. Nördlich der Oyler Burg verläuft außerdem ein tief eingeschnittener Hohlweg, der auf 200 Metern Länge in das Verzeichnis aufgenommen wurde. Zudem befindet sich innerhalb des Burggeländes ein sog. Schälchenstein, ein bearbeiteter Findling.
Während die Stadtbefestigung von Nienburg obertägig weitgehend zerstört bzw. überbaut ist, sind von den Stadtbefestigungen der kleineren Städte Stolzenau und Drakenburg eindrucksvolle Reste erhalten geblieben. Bei Stolzenau liegen die Reste einer kleinen Bastion im Gutspark zwischen Mühlenbach und Weserstraße, bei Drakenburg sind große Teile von Wall und Graben, die die Stadt einst umgaben, noch vorhanden. Sowohl im Bereich des aufgelassenen Klosters Schinna als auch am Kloster Loccum sind bereits mehrere Grabungen durchgeführt worden. Da dort weiterhin mit wichtigen archäologischen Baubefunden gerechnet werden muss, sind diese in das Verzeichnis der Kulturdenkmale aufgenommen worden. Gleiches gilt für die restaurierten Überreste des Stiftes Asbeke bei Rehburg, das kaum 30 Jahre existiert hat. Auch zwei neuzeitliche Schanzen sind im Gelände noch gut erhalten. Es handelt sich um die aus dem 17. Jahrhundert stammende mächtige Rohrser Schanze an der Weser und um eine kleine, wohl rasch ausgehobene Schanze bei Darlaten, in der sich 1866 eine versprengte Gruppe königlich-hannoverscher Soldaten zurückgezogen haben soll.
Zu den ältesten archäologischen Denkmalen gehören die Großsteingräber, mächtige Grabkammern, die in der Jungsteinzeit von den Trägern der Trichterbecherkultur im nordwestlichen Europa aus Findlingen errichtet worden sind. Der Landkreis Nienburg liegt am Randes des Verbreitungsgebietes dieses Gräbertyps. Ein Großsteingrab, von dem nur noch die Tragsteine erhalten sind, liegt zusammen mit mehreren Grabhügeln der ausgehenden Jungsteinzeit/älteren Bronzezeit in der Nähe des Giebichensteins bei Stöckse. Stark gestört ist das Großsteingrab im Grinderwald bei Linsburg, ein drittes Großsteingrab hat möglicherweise in der Gmkg. Calle gelegen, ist aber völlig zerstört. Am Fuße des eindrucksvollen Giebichensteins – eines Findling aus der Saaleeiszeit – wurden Teile eines Werkplatzes der spätaltsteinzeitlichen Federmessergruppe untersucht.
Das neu aufgestellte Verzeichnis der Kulturdenkmale löst ältere Verzeichnisse ab und bildet die aktuelle Grundlage für die Betreuung der Objekte durch die Untere Denkmalschutzbehörde und die Kommunalarchäologie, letztere angesiedelt bei der Schaumburgischen Landschaft. Denkmale dürfen aufgrund der Bestimmungen des Niedersächsischen Denkmalschutzgesetzes nicht zerstört oder in ihrem Bestand gefährdet werden. Die bisherige Nutzung des Grundstücks wird aber in der Regel davon nicht berührt, die Kulturdenkmale haben bei der bisherigen Nutzung Jahrhunderte, teils sogar Jahrtausend überdauert.
Nach Abschluss der Benachrichtig werden die Denkmale im Denkmalatlas Niedersachsen freigeschaltet. Ein wachsender Teil der etwas über 100.000 Bau- und Kunstdenkmale sowie der rund 35.000 obertägig erhaltenen archäologischen Denkmale in Niedersachsen ist dort bereits seit 2020 online recherchierbar. Ein thematischer Zugang zur Vielfalt der Kulturlandschaften in Niedersachsen wird unter dem Punkt denkmal.themen angeboten.