Hollerlandschaft Altes Land - Glossar
Absolut regelmäßiger Wechsel zwischen landwirtschaftlicher Fläche (Beet) und Entwässerungsstruktur (Graben), auch Streifenparzellierung genannt.
Brack:
Brack, auch Braken, Wehle, Kolke oder Kuhlen genannt, tiefe, oft kreisrunde Teiche in Deichnähe. Es handelt sich um Ausstrudelungslöcher, die bei Grundbrüchen (Deichbrüchen), aber auch bei Kapp- oder Kammstürzen der Deiche entstanden sind. Dabei höhlt der sturzartig eindringende Wasserstrom nicht nur den Deichkörper komplett aus, sondern er wühlt ein tiefes Loch an die Stelle des Deiches.
Buntmauerwerk:
Wechsel von kleinen roten Ziegeln oft mit gelben Leydener Steinen (Ziegel) in weißem Fachwerk. Die Leydener Steine stammen ursprünglich aus den Niederlanden.
Bürgerei:
Bürgerei, seltener auch Bürgerschaft genannt, ist die historische Bezeichnung für die Ortszentren der Altländer Orte Steinkirchen, Jork und Estebrügge. An den verkehrsgünstig gelegenen Brückenorten entstanden dichtbebaute Siedlungen der Handwerker, Kaufleute, Schiffer und Gastwirte, die sich durch ihre gewerbliche Struktur grundlegend von der landwirtschaftlichen Struktur der meisten Dörfer unterschieden und den Flecken auf der Geest vergleichbar sind.
Deich-/Marschhufendorf:
Ein Deichhufendorf ist eine besondere Form des Straßen- oder Reihendorfes, welches der gewundenen Deichlinie der Flüsse folgt. Wie das Marschhufendorf hat es sich als Folge der systematischen Kolonisierung und Eindeichung bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts herausgebildet. Deichhufendörfer im Alten Land: Ortschaften an Lühe und Este sowie Hinterdeich. Marschhufendörfer im Alten Land: z.B. Jork, Hollern, Ladekop
Deichverfassung:
Um einen organisierten Deichbau zu gewährleisten, bedurfte es bestimmter Regeln und Gesetze, die im Deichrecht festgeschrieben und im Deichgericht angewendet wurden. Das nicht fest umrissene Altländer Deichrecht wurde zunächst mündlich tradiert und erwuchs aus Einzelurteilen von Deichgerichten. Am Ende des 17. Jahrhunderts sammelte Jodocus Hackmann fünfzehn dieser Grundregeln des Altländer Deichwesens und fixierte sie schriftlich. Diese Rechtsprinzipien wurden 1692 in der Schwedenzeit (1645–1712) durch eine allgemeine Deichordnung für die Herzogtümer Bremen und Verden abgelöst. Es wurde 1743 noch einmal geringfügig modifiziert und blieb bis 1963 gültig.
Fleet:
Fleete sind, neben den Flüssen Schwinge, Lühe und Este, die ursprünglichen natürlichen Wasserläufe der Marsch, die sich in die Elbe ergossen, bis sie durch Kolonisation, Entwässerung und Deichbau kanalisiert wurden, verschwanden oder an Bedeutung verloren.
Genossenschaftliches Prinzip:
Die genossenschaftliche Organisation des Deich- und Entwässerungswesens hat im Alten Land eine bis in das Mittelalter zurückreichende Tradition und ist konstitutiv für das Wesen der Landesgemeinde. Es beinhaltet, dass die Deichinstandhaltung gemeinsam, aber privat, durchgeführt wurde. Erst nach 1962 wurde sie zu einer staatlichen Aufgabe.
Gräfe:
In der Ordeninge des Alten Landes von 1517 ließ der Bremer Erzbischof das Landrecht (Altländer Recht) schriftlich fixieren und die Einsetzung von zwei Gräfen, die Rechnungslegung der Hauptleute und des Landschreibers und ihre Vereidigung festschreiben. Die Bezeichnung Gräfe für die höchsten Beamten der Landesherrschaft in den Elbmarschen leitet sich ab von Graf; es handelt sich jedoch um einen nicht vererbaren Titel.
Hufe:
Bäuerliche Wirtschaftseinheit, Flächenmaß, des frühen Mittelalters. Sie umfasste die Hofstätte (Bauernhof), Acker- und Weideland. Eine Hufe ergab sich aus acht nebeneinander liegenden, 15 bis 20 m breiten „Stücken” (Beetstreifen) plus den dazwischen verlaufenden Entwässerungsgräben. Die Gesamtfläche betrug dann 150 m Breite und 2.250 m Länge. Eine Hufe maß also rund 33,75 Hektar. Die gleiche Vermessung finden wir in den holländischen Mutterlandschaften.
Jüngstenrecht:
Im Alten Land wird in der Regel an den jüngsten Sohn, bzw. das jüngste Kind vererbt.
Kabeldeichung:
Jedes Stück Deich war dem jeweils anliegenden Grundeigentümer zugeteilt. Dieser war für die Instandhaltung persönlich verantwortlich.
Kommunionsdeichung:
Die Instandhaltung wird durch Deichverbände gewährleistet. Die Grundbesitzer zahlen dafür einen jährlichen Betrag.
Landgräfting:
Das Landgräfting war das Berufungsgericht von den siedesten Gerichten, also den niederen Gerichten, von denen es im Alten Land sieben gab. Es tagte im Gräfengericht in Jork.
Lokator:
Lokatoren waren im Mittelalter Unternehmer, die im Auftrag von Landes- oder Grundherren Siedler anwarben, diese mit bisher landwirtschaftlich nicht nutzbarem Land ausstatteten und bei der Urbarmachung unterstützten. Während der Hollerkolonisation im 12. Jahrhundert übernahmen Anführer von Siedlergruppen oder Beamten des Landesherrn diese Funktionen. Sie wurden dafür mit Land und oft mit der Gerichtsbarkeit über die Ansiedlung entschädigt.
Meile:
Die Flüsse Schwinge, Lühe und Este gliedern das Alte Land in drei Abschnitte, welche Erste, Zweite und Dritte Meile genannt werden. Diese vergleichbar großen Abschnitte lassen sich jedoch weder bezüglich der Länge noch der Fläche mit einem bekannten Meilenmaß in Verbindung bringen.
Nächstenrecht:
Beim Fehlen eines direkten Verwandten im Falle eines Sterbefalles, konnte ein Nachbar sein Näherecht geltend machen. Somit sollte der Teilung der Höfe entgegen gewirkt werden.
Prunkpforte:
Die kunstvoll geschnitzten, oftmals sehr farbigen Prunkpforten, auch „Altländer Pforten“ bilden den Hofeingang zu großen Bauernhöfen und repräsentieren den Wohlstand des Besitzers. Sie sind ein typisches Element der Hofkultur des 18. und 19. Jahrhundert im Alten Land.
Siel:
Im Alten Land versteht man unter Siel eintorige Klappen, unter Schleusen zweitorige Durchlässe zur Abführung des Binnenwassers durch den Deich. Wenn ein Siel undicht wird (oder bricht), hat das fast immer einen Deichbruch zur Folge. Technisch entwickelten sich die Siele von primitiven, röhren-artigen Durchlässen über einfache Klappsiele hin zu größeren Torsielen (um 1500). Während der Hollerkolonisation des Alten Landes im Mittelalter wurde das Wasser durch Gräben und einfache hölzerne Siele (ausgehöhlte Baumstämme, die außen mit einer hölzernen Klappe versehen waren) in die Flüsse außerhalb der Deiche geleitet. Die Sielklappe öffnete sich selbsttätig bei Ebbe, wenn das Binnenwasser höher stand als außendeichs, schloss sich dann aber bei Flut, so dass kein Wasser von außen in den Polder eindringen konnte.
Sietland:
Unter Sietland versteht man das tiefer gelegene eingedeichte Land. Im Alten Land liegt es heute größtenteils unter Null. Entwässerungstechnisch wirkt es wie eine „Badewanne“: In ihm sammelt sich das von der Geest bzw. dem Moor, also aus dem höhergelegenen Hinterland, kommende Wasser.
Wetter:
Wettern sind künstlich angelegte, fluss- bzw. kanalähnliche Gewässer, die der Be- und Entwässerung der landwirtschaftlichen Flächen des Alten Landes dienen.