Jüdischer Friedhof Leer
- Landkreis
- Leer
- Gemeinde
- Leer (Ostfr.), Stadt
- Gemarkung
- Leer
- Orts-/Stadtteil/Lage
- Leer
- Adresse
- Schleusenweg
- Objekttyp
- Jüdischer Friedhof
- Baujahr
- 17.Jahrhundert
- Denkmalstatus
- Einzeldenkmal (gemäß § 3 Abs. 2 NDSchG)
- Bedeutung
- geschichtlich, wissenschaftlich
- Im Denkmalverzeichnis
- Ja
- Objekt-ID
- 35661107
- Objekt-Nr.
- 377
- Fachbereich
- Bau und Kunst
- Jüdische Topographie Geschichte Der Begräbnisplatz der jüdischen Gemeinde in Leer wurde vermutlich bereits im ersten Drittel des 17. Jahrhunderts angelegt. In einem Antrag zur Erweiterung des Friedhofsgeländes von 1822 wird erwähnt, dass der Gemeinde „vor ongefähr 200 Jahren“ vom Landesherrn ein Grundstück geschenkt worden war. (NLA AU Rep. 12 Nr. 666) Der Begräbnisplatz lag weit außerhalb der Ortschaft zwischen Leer und dem Dorf Leerort auf der sog. Galgenhöhe/Galgenvenne. (Röskamp o.J., S. 55/56) 1692, 1736 und 1822 wurde das Gelände erweitert. (Fraenkel 2005, S. 943) Als der Begräbnisplatz nahezu belegt war, erwarb die Gemeinde 1896 eine weitere östlich angrenzende Parzelle. 1898 fand dort die erste Beerdigung, 1939 die vorerst letzte offizielle Beisetzung statt. (Röskamp o.J., S. 60) Im Januar 1901 wurde der Friedhof durch eine Sturmflut schwer verwüstet. „Der schön gepflegte Friedhof bietet ein Bild der wüstesten Zerstörung, die Umzäunung ist durch die Eisschollen zum Theil vernichtet. Die schönsten Grabsteine liegen umgerissen oder abgebrochen am Boden.“ (Der Israelit 1901, S. 197) Im Juni 1939 verkaufte die Synagogengemeinde Leer eine am Friedhof gelegene Weide an die Stadt Leer (Hensmann 2001, S. 289/290), noch im selben Monat übernahm die Stadt dann auch noch den neueren Teil des Friedhofs. (Hensmann 2001, S. 229; Fraenkel 2005, S. 953) 1940 mussten holländische Zwangsarbeiter – einem Zeitzeugenbericht zufolge – die Grabsteine des älteren Bereichs des Friedhofs entfernen. (Röskamp o.J., S. 58) 1943 verkaufte die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland dieses Areal an die Stadt Leer. (Fraenkel 2005, S. 954) 1986 wurde ein Gedenkstein in Erinnerung an die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft auf dem Friedhof aufgestellt, in den eine Kopie der Bundestafel eingelassen ist, die sich ursprünglich über dem Eingang der Synagoge befand. (Dokumentation o.J., S. 55, Wegner 2015, o.S.) Beschreibung Der jüdische Friedhof Leer liegt innerhalb eines Wohngebietes an der Ecke Groninger Straße/Schleusenweg, nahe des Flusses Leda. Der mit Bäumen bestandene Begräbnisplatz ist mit einer Weißdornhecke eingefriedet und gliedert sich in einen älteren westlichen Teil und einen jüngeren östlichen Teil. Der Zugang liegt am Schleusenweg, am Übergang der beiden Friedhofsabschnitte. Unweit des Eingangs befindet sich ein Gedenkstein für die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Die ca. 237 erhaltenen Grabsteine aus der Zeit zwischen 1806 und 2012 stehen in Reihen. Während der westliche Bereich nur aus einem Gräberfeld besteht und die Grabsteine relativ einheitlich und schlicht gestaltet sind, ist der östliche Abschnitt in vier Gräberfelder untergliedert. Die Grabsteine dort zeigen eine größere Variation an Formen und Materialien. Quellen NLA AU Rep. 12 Nr. 666 Die Schenkung einer Parzelle Stückland an die Synagogengemeinde Leer zur Erweiterung des Friedhofs, Laufzeit: 1822-1823. NLA AU Rep. 33 Nr. 772 Vergrößerung des jüdischen Friedhofs in Leer, Laufzeit: 1822 – 1824. Typoskript Handbuch jüdischer Ritualbauten Niedersachsen | Bet Tfila – Forschungsstelle für jüdische Architektur in Europa, TU Braunschweig. Literatur Diamant 1982 Diamant, Adolf: Jüdische Friedhöfe in Deutschland – eine Bestandsaufnahme. Frankfurt am Main 1982; zum jüdischen Friedhof: S. 113. Dokumentation o.J. Dokumentation über den Besuch jüdischer ehemaliger Mitbürger in Leer, 2. bis 9. Juni 1985. o.O. o.J. Fraenkel 2005 Fraenkel, Daniel: Leer. In: Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen, hg. von Herbert Obenaus in Zusammenarbeit mit David Bankier und Daniel Fraenkel. Göttingen 2005, Bd. 2, S. 942-957; zum jüdischen Friedhof: S. 943, 947, 948, 952, 953, 954, 955. Hensmann 2001 Hensmann, Menna: Dokumentation „Leer 1933-1945“. Weener 2001. Röskamp o.J. Röskamp, Johannes: Synagogen, Schulen, Friedhof, Fotos, Varia betreffs der Judengemeinde in Leer ca. 1630-1940. o.O. o.J.; zum jüdischen Friedhof: S. 54-63. Tielke 1988 Tielke, Martin: Leer. In: Reyer, Herbert/Tielke, Martin: Das Ende der Juden in Ostfriesland. Ausstellung der Ostfriesischen Landschaft aus Anlaß des 50. Jahrestags der Kristallnacht (Einzelschriften/Ostfriesische Landschaft; Bd. 30). Aurich 1988, S. 56-58. Wegner 2015 Wegner, Manfred: Die jüdischen Familien in Leer und ihre Herkunft, Teil 3: Die jüdischen Grabstellen in Leer und Loga (Ostfriesische Familienkunde; H. 22). Aurich 2015.
- Beschreibung
- Friedhof, südlich des historischen Ortskerns von Leer, zwischen Leer - Leerort innerhalb enes Wohngebiets gelegen. Einfriedung mit Weißdornhecke, Baumbestand. Unterteilung in einen älteren westlichen und einen jüngeren östlichen Bereich. Ca. 237 erhaltene Grabsteine aus der Zeit zwischen 1806 und 2012, in Reihen angeordnet. Gedenkstein am Eingang für die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.
- Denkmalbegründung
- An der Erhaltung des vermutlich im 17. Jahrhundert angelegten jüdischen Friedhofs Leer besteht aufgrund seiner historischen und wissenschaftlichen Bedeutung ein öffentliches Interesse: Als Begräbnisplatz der jüdischen Gemeinde von Leer mit ca. 237 erhaltenen Grabsteinen aus der Zeit zwischen 1806 und 2012 ist er sowohl ein aussagekräftiges Objekt der lokalen Geschichte als auch der Sozial-, Kultur- und Religionsgeschichte und der Geschichte der jüdischen Bestattungskultur. Als eines der wenigen erhaltenen Zeugnisse für die Geschichte der jüdischen Bevölkerung in Niedersachsen besitzt der Friedhof einen hohen Dokumentations- und Erinnerungswert.
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ADABweb
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