Gnadenkirche zum Heiligen Kreuz

Ansicht von Südwesten (2021)

Detail: Eingangstür im Westen (2021)

Detail: Glockengeschoss des Turms (2021)

Ansicht von Nordwesten (2021)

Detail: Glockengeschoss (2013)

Detail: Beton-Rundglasfenster an der Westfassade (2013)
- Landkreis
- Region Hannover
- Gemeinde
- Hannover, Stadt
- Gemarkung
- Wülfel
- Orts-/Stadtteil/Lage
- Mittelfeld
- Adresse
- Lehrter Platz 5
- Objekttyp
- Kirche (Bauwerk)
- Baujahr
- 1959
- bis
- 1962
- Personen
- Lorey, Karl-Heinz
Fleer, Fritz
Breuste, Hans-Jürgen
Horrmeyer, Ferdy
Stockhausen, Hans Gottfried von
Brenneisen, Hans Werner
Blume, Theo
- Denkmalstatus
- Einzeldenkmal (gemäß § 3 Abs. 2 NDSchG)
- Bedeutung
- geschichtlich, künstlerisch, wissenschaftlich, städtebaulich
- Im Denkmalverzeichnis
- Ja
- Objekt-ID
- 42099935
- Objekt-Nr.
- 6503
- Fachbereich
- Bau und Kunst
- Denkmalthema
- Nachkriegskirchen
- Beschreibung
- Auf schmalem Grundstück positionierter, die südöstliche Platzwand des Lehrter Platzes einnehmender, an der Ecke Rethener Straße und Iltener Straße in einem Wohngebiet stehender und dort einen kleinen Kirchvorplatz ausbildender, mit rotem Backstein verkleideter Stahlbetonskelettbau mit Turm. Nach Nordosten ausgerichteter Kirchensaal mit basilikal überhöhtem Mittelschiff, hoch liegenden Fenstern (bunte Bauglassteine) und innen sichtbarer Stahlbetonkonstruktion, kupfergedecktes Satteldach. Südwestlich an die Kirche angegliedertes Gemeindehaus bildet zusammen mit der westlichen Hauptfassade der Kirche einen Vorplatz aus. Kirche und Turm wurden von 1959 bis 1962 zusammen mit dem Gemeindehaus im nach dem Zweiten Weltkrieg stark von Vertriebenen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten geprägten Stadtteil Mittelfeld errichtet. Als Architekten zeichneten der Stadtkirchenbaumeister Gerhard Stade (1905-1996, Hannover) in Zusammenarbeit mit Karl-Heinz Lorey und Karl Hett (Hannover) verantwortlich.
- Denkmalbegründung
- Der Stadtteil Mittelfeld wird im Norden von der Garkenburgstraße, südlich des Stadtfriedhofs Seelhorst, im Westen, östlich des Bahnstreckenabschnitts Hannover-Messe/ Laatzen-Nordstemmen und des trassenbegleitenden Gewerbegebietes, von Karlsruher und Beuthener Straße sowie dem Kamenzer Weg, im Süden von der Kronsbergstraße und im Osten, jenseits des Messeschnellwegs gelegen, von der Laatzener Straße begrenzt. Die Anfänge des Siedlungsbaus gehen auf die Aktivitäten des Wülfeler Arbeiter-, Spar- und Wohnvereins im nördlichen Gebiet des Stadtteils, an den Straßen Im Triftfelde und Ahornstraße, zu Beginn des 20. Jahrhunderts zurück. Nach dem Zweiten Weltkrieg sind nach 1949 im Zusammenhang mit der Baumesse Constructa (1951) zwischen Eichelkamp und Garkenburgstraße sehr viele Wohnungsbauten für Geflüchtete aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten, vor allem für aus Schlesien stammende Flüchtlingsfamilien errichtet worden. Weil es sich bei mehr als einem Drittel der Heimatvertriebenen in Niedersachsen um Schlesier handelte, übernahm das Bundesland ab 1950 die Patenschaft für die Landsmannschaft. In den folgenden Jahren fanden die „Schlesiertreffen“ mit mehreren hunderttausend Teilnehmern auf dem südlich benachbarten Messegelände (ursprünglich in Laatzen, ab 1974 eingemeindet, heute zum Stadtteil Mittelfeld zugehörig) statt. Der Bereich um die evangelisch-lutherische Gnadenkirche zum Heiligen Kreuz wird durch zahlreiche Wohnungsbauten der Nachkriegszeit, schlichten bis zu dreigeschossigen Putzbauten mit Satteldächern und ursprünglich geringen Wohnungsgrößen, geprägt. Im ursprünglich zur Wülfeler Matthäikirche gehörigen Gemeindegebiet Mittelfelds gab es bereits während des Zweiten Weltkrieges gemeindliche Aktivitäten: in Mittelfeld wurden Gottesdienste gefeiert, man traf sich im Provisorium eines Ladenraums in der Ahornstraße. Die Entstehung des heutigen Kirchbaus ist dann eng mit den Einwirkungen des Zweiten Weltkriegs auf die Stadt und die Bevölkerung und mit der durch Flucht und Vertreibung stark ansteigenden Gemeindegliederzahlen verbunden. Aufgrund der Einwirkungen des Krieges waren viele alte Kirchen in der Umgebung – wie auch die erst 1909-11 im neugotischen Backsteinstil erbaute und 1943 teilzerstörte Matthäikirche (Architekt Eduard Wendebourg) oder die Döhrener St. Petrikirche – beschädigt worden. Neben vielen katholischen Christen gab es speziell in Mittelfeld auch viele evangelische Christen, die sich als Heimatvertriebene nach dem Zweiten Weltkrieg in Mittelfeld niedergelassen hatten. Am nahe gelegenen Rübezahlplatz entstanden 1951 als kirchliche Einrichtungen ein Kindergarten und ein Mitarbeiterwohnhaus mit Kirchsaal. Bereits 1953 verfügte die evangelische Gemeinde über den ersten eigenen Pastor. Erst am 1. Oktober 1955 folgte die Tochtergründung der Gnadenkirchengemeinde aus der Matthäi-Kirchengemeinde (heutiger Neubau der Matthäikiche von 1956 vom Architekten Kurt Habermann). Da die bisherigen, provisorisch genutzten Räumlichkeiten für die gemeindliche Arbeit nicht mehr ausreichten, wurde 1959 am Lehrter Platz der Grundstein für den Neubau eines Gemeindehauses und einer Kirche gelegt. Die Weihe der Kirche erfolgte am 16. Dezember 1962, dem 3. Adventssonntag, in Anwesenheit des Landesbischofs Hanns Lilje. Die reich ausgestattete evangelisch-lutherische Gnadenkirche zum Heiligen Kreuz bezieht sich namentlich auf die Kirche im schlesischen Militsch, dem heutigen Milicz in Polen, und die Tradition der sogenannten Gnadenkirchen in jener Region. Mit der evangelischen Gemeinde in Militsch gab es eine langjährige Partnerschaft, bis in die 1990er Jahre hinein gab es zudem regelmäßige "Heimatgottesdienste" mit Bezug zur schlesischen Liturgie. Der verantwortliche Architekt Gerhard Stade war in seiner Funktion als Stadtkirchenbaumeister eine für den evangelisch lutherischen Nachkriegskirchenbau in Hannover prägende Figur und maßgeblich am Wiederaufbau bedeutender Kirchen und an der Abwicklung vieler kirchlicher Neubaumaßnahmen beteiligt. Der zweite Architekt, Karl-Heinz Lorey (1908-2001), ist als vielbeschäftigter Architekt der Nachkriegszeit in Hannover bekannt geworden durch mehrere Wohn- und Geschäftshausbauten. Ererbaute zum Beispiel das BHF-Bankgebäude am Georgsplatz 9 (1954-55) den Neu-, Um- und Erweiterungsbau der Stadtsparkasse in der Landschaftsstraße am Georgsplatz (1956-57) oder das Barmenia-Haus in der Schmiedestraße/ Ecke Grupenstraße (1958-59) sowie die Wohnbebauung mit Hochhaus am Ricklinger Kreisel (1957-58). Durch Schulbauten wie die ehemalige Hermann-Löns-Schule (1962-63) und die Erweiterung der Helene-Lange-Schule (1970-1973), vor allem aber durch den Bau der Melanchtonkirche mit Gemeindezentrum (1959-61) in der Menschingstraße prägte er das Stadtbild. Unter den vielen bekannten Künstlern, die an der Gestaltung der Gnadenkirche beteiligt waren, sind vor allem die Bildhauer, Maler und Glasgestalter Hans-Jürgen Breuste (Hannover), Werner Brenneisen (Hannover) und Hans Gottfried von Stockhausen (Waldenburg, Baden-Württemberg), weiterhin auch die Bildhauer und Metallgestalter Fritz Fleer (Hamburg) und Friedrich Marby (Hannover) zu nennen. Die Architektur der Kirche ist in vielerlei Hinsicht beispielhaft und Ausdruck einer experimentierfreudigen Zeit um 1960 im gestalterischen Spannungsfeld zwischen Tradition und Erneuerung: es liegt ein basilikaler, annähernd geosteter Kirchenbau im Typ einer Wegekirche vor, er verfügt einerseits über traditionelle Elemente wie Unterkirche, Vorhalle, orthogonal am Mittelgang ausgerichtete Holzbänke und eine symmetrische Emporensituation, andererseits zeichnet sich das Achsmaß der Konstruktion im Bereich des Obergadens in eher technisch zukunftsweisender Art und Weise ebenso wie die Verwendung moderner Materialien und die Gliederung in Funktionseinheiten deutlich nach außen hin ab. Ebenso hybrid stellt sich die Positionierung des Glockenturms dar. Der hochschlanke Betonturm steht leicht abgerückt aber dennoch baulich verbunden an der Nordwestecke des Kirchenbaus. Hinsichtlich der Entwicklung der Kirchbaugeschichte ist hier Anfang der 1960er Jahre die klare Tendenz eines Abrückens der Türme von den Kirchsälen erkennbar. Die Wirkung der liturgische Besonderheiten betonenden Grundrisslösung und der gewählten Bauformen wird durch die sensible Lichtführung und die gefühlvoll eingesetzten Materialitäten effektvoll gesteigert. Weiterhin aufgrund der hochwertigen Ausstattung mit Kunstgut bedeutender Künstler ist die Kirche als einer der bedeutendsten Bauten seiner Zeit in Niedersachsen zu bezeichnen. In der Ausprägung der Bauaufgabe und -form bespielhaft und mit einem hohen Aussage- und Zeugniswert, besteht an der Erhaltung der Gnadenkirche zum Heiligen Kreuz daher aufgrund ihrer geschichtlichen Bedeutung für die Orts-, Siedlungs-, und Sozialgeschichte der Stadt Hannover, zudem für die Bau- und Kunstgeschichte wegen der beispielhaften Ausprägung eines Baustils und -typus, ebenso als Werk lokal und überregional bekannter Künstler und Architekten, aufgrund ihrer künstlerischen Bedeutung wegen der nicht alltäglichen Gestaltwerte und wegen der bedeutenden Innenraumgestaltung, aufgrund ihrer wissenschaftlichen Bedeutung wegen des Seltenheits- und sehr guten Überlieferungswertes sowie aufgrund ihrer städtebaulichen Bedeutung, mit prägendem Einfluss auf das Ortsbild und mit prägendem Einfluss als Element des räumlichen Gefüges eines Platzes, ein öffentliches Interesse.
- Literatur
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ADABweb
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Ansicht von Südwesten (2021)

Detail: Eingangstür im Westen (2021)

Detail: Glockengeschoss des Turms (2021)

Ansicht von Nordwesten (2021)

Detail: Glockengeschoss (2013)

Detail: Beton-Rundglasfenster an der Westfassade (2013)