Bugenhagenkirche
- Landkreis
- Region Hannover
- Gemeinde
- Hannover, Stadt
- Gemarkung
- Hannover
- Orts-/Stadtteil/Lage
- Südstadt
- Adresse
- Stresemannallee 36
- Objekttyp
- Kirche (Bauwerk)
- Baujahr
- 1960
- bis
- 1962
- Personen
- Fischer, Friedrich
Dierschke, Werner
Heiber, Heinz
Seemann, Karl Henning
Kühn, Fritz
- Denkmalstatus
- Einzeldenkmal (gemäß § 3 Abs. 2 NDSchG)
- Bedeutung
- geschichtlich, künstlerisch, wissenschaftlich, städtebaulich
- Im Denkmalverzeichnis
- Ja
- Objekt-ID
- 41839097
- Objekt-Nr.
- 6475
- Fachbereich
- Bau und Kunst
- Denkmalthema
- Nachkriegskirchen
- Beschreibung
- 1960-62 vom Architekten Werner Dierschke (Hannover, Karlsruhe) erbaute Kirche mit Glockenturm, Freifläche und Innenausstattung, auf engem Grundstück in städtebaulich exponierter Lage am südlichen Ende der Straßenachse der Stresemannallee gelegen. Die Kirche markiert durch den weithin sichtbaren Kirchturm einen der baulichen Endpunkte der Hannoverschen Südstadt. Massivbau, im Grundriss ein Dreiviertelkreis mit gerade ausgeführter Südseite. Die runde, geschlossene und fensterlose Fassade weist außen Muschelkalkbruchstein, innen ein weiß gefasstes Ziegelmauerwerk mit gliedernden Bändern aus um 90 Grad gedrehten, liegenden Hochlochziegeln auf. Die Südseite der Kirche ist im Gegensatz dazu eine lichtdurchlässige, gerade Wand aus Glasbetonsteinen (weiße, graue, blaue und gelbe Gläser). Kirche mit flach geneigten Dächern, teilweise indirekte Beleuchtung des Innenraums über Dach. Ausstattung der Kirche sehr gut überliefert. Zweiflüglige Stahltür des Portals von Fritz Kühn (Ost-Berlin). Hängekreuz an der Altarrückwand (Stahl, 1962) ebenfalls von Kühn. Die Altarrückwand ornamentartig gestaltet. Altarkreuz (Bronze) und vier Altarleuchter (Bronze) von Heinz Heiber (1962, Nürnberg), Standleuchter (Bronze) von Karl-Henning Seemann (1978, Stuttgart) gestaltet. 42 Meter hoher, gerüstartiger Kirchturm (mit Glockenstube) aus vier runden Stahlbetonsäulen, in acht Ebenen durch horizontal liegende Träger kreuzartig miteinander verbunden.
- Denkmalbegründung
- Der süd-östliche Bereich des Stadtteils Südstadt wird durch zahlreiche Wohnungsbauten der 1920er und frühen 1930er Jahre geprägt. Infolge des Einwohneranstiegs und des damit verbundenen Gemeindemitgliederzuwachses wurde bereits am 1. April 1937 aus Teilbezirken der südstädter Nazareth- und Paulus-Kirchengemeinden die, nach dem deutschen Reformator und Weggefährten Martin Luthers Johannes Bugenhagen (1485-1558) benannte Bugenhagenkirchen-Gemeinde gebildet. In Zeiten der kirchen- wie baupolitischen Einflussnahme durch die Nationalsozialisten und bis zum Verbot aller sogenannter nicht-kriegswichtiger Neubauten im Jahre 1939 konnte 1937-38 vor Ort zunächst ein Gemeindehaus mit großem Kirchsaal, Turmanbau und Luftschutzkeller errichtet werden. Als Architekt fungierte der seit 1925 als Professor für mittelalterliche Baukunst und Entwerfen an der Technischen Hochschule Hannover und seit 1929 als landeskirchlicher Konsistorialbaumeister tätige Friedrich Fischer (1879-1944). Die Entstehung des heutigen Kirchbaus ist eng mit den Einwirkungen des Zweiten Weltkriegs auf die Stadt und die Bevölkerung und mit der durch Flucht und Vertreibung erneut stark ansteigenden Gemeindegliederzahlen verbunden. Aufgrund der Einwirkungen des Krieges waren viele alte Kirchen in der Umgebung – wie auch die 1943 größtenteils zerstörte und erst 1958 wieder aufgebaute Nazarethkirche und die ebenfalls 1943 teilgeschädigte und bis 1958 um- und neugestaltete Pauluskirche – beschädigt worden. Für das oben genannten Gemeindehaus ist überliefert, dass britische Soldaten den Bau nach dem Ende Krieges zeitweise als „All Saints Church“ genutzt haben. Dies wird den Bedarf an Räumen für die kirchliche Gemeindearbeit zusätzlich verschärft haben und machte den Bau einer eigenen, neuen Kirche schließlich unumgänglich. Die ev.-luth. Bugenhagenkirche wurde 1960-62 vom Architekten Werner Dierschke (1906-1983), der selbst Gemeindemitglied war, erbaut. Kirche und Turm markieren hier am südlichen Ende der Straßenachse Sallstraße/ Stresemannallee durch die Platzaufweitung nördlich vor der Kirche und den weithin sichtbaren Kirchturm einen der baulichen Endpunkte der Hannoverschen Südstadt. Die Weihe der Kirche fand am 25. November (Ewigkeitssonntag bzw. Totensonntag) 1962 statt. Bundesweit bekannt geworden ist Dierschke durch die Bauten des Bundesrechnungshofes in Frankfurt am Main (1951-53, in Zusammenarbeit mit Friedel Steinmeyer) und des Continental-Hochhauses in Hannover (1951-53, in Zusammenarbeit mit Ernst Zinsser). In Hannover stehen noch weitere bekannte Bauten Dierschkes wie das Gewerbliche Berufsschulzentrum Hannover (1951-61), das Ratsgymnasium Hannover (1952-54, in Zusammenarbeit mit Annemarie Bätjer-Kiene) sowie das durch den Architekten umgebaute und erweiterte Kestner Museum (1958-61 mit Rudolf Wildometz). Dierschke wurde auf Anregung seines früheren Studienkollegen und damaligen Stadtbaurat Rudolf Hillebrecht (1910-1999) Leiter des Hochbauamtes Hannovers, 1955 wurde er dort zum Baudirektor befördert. Er war zudem von 1961 bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1972 Professor für Gebäudelehre und Entwerfen an der Technischen Hochschule Karlsruhe. Die an der Ausgestaltung der Architektur der Bugenhagenkirche beteiligten Künstler Fritz Kühn (1910-67, Ost-Berlin), Heinz Heiber (1928-2003, Nürnberg) und Karl-Henning Seemann (1934, Stuttgart) waren vielbeschäftigte, im kirchlichen Kontext und im öffentlichen Raum wirkende Künstler. Die Architektur der Kirche ist in vielerlei Hinsicht beispielhaft und Ausdruck einer experimentierfreudigen Zeit um 1960: das äußere Erscheinungsbild deutet – bis auf die abgeflachte südliche Fassadenseite – einen runden Zentralbau an, die Positionierung des Altars und die darauf ausgerichtet Bestuhlung der Kirche mittels langer, orthogonal am Mittelgang ausgerichteter Holzbänke entspricht eher einer denzentralen Wegekirche. Die runde Fassadenseite gibt sich außen zeitlos monumental und robust massiv in Muschelkalkbruchstein, die Südseite hat mit ihrer Wand aus Glasbetonsteinen hingegen eher einen technisch zukunftsweisenden Charakter. Ebenso hybrid stellt sich die Positionierung des Glockenturms dar. Der hochschlanke, gerüstartige Turm steht genau an der Südwestecke des Kirchenbaus, am Übergang von der steinernen Rundfassade zur geraden Betonfassade. Hinsichtlich der Entwicklung der Kirchbaugeschichte ist hier Anfang der 1960er Jahre die klare Tendenz eines Abrückens der Türme von den Kirchsälen erkennbar. Die Wirkung der besonderen Grundrisslösung und der gewählten Bauformen wird durch die sensible Lichtführung und die gefühlvoll eingesetzten Materialitäten effektvoll gesteigert. Auch aufgrund der Gestaltungsqualitäten bis ins Detail, weiterhin aufgrund der hochwertigen Ausstattung mit Kunstgut bedeutender Künstler ist die Kirche als einer der bedeutendsten Bauten seiner Zeit in Niedersachsen zu bezeichnen. In der Ausprägung der Bauaufgabe und -form bespielhaft und mit einem hohen Aussage- und Zeugniswert, besteht an der Erhaltung der Bugenhagenkirche daher aufgrund ihrer geschichtlichen Bedeutung für die Orts-, Siedlungs-, Stadtbau- und Sozialgeschichte der Stadt Hannover, zudem für die Bau- und Kunstgeschichte wegen der beispielhaften Ausprägung eines Baustils und -typus, ebenso als Werk lokal und überregional bekannter Künstler und Architekten, aufgrund ihrer künstlerischen Bedeutung wegen der nicht alltäglichen Gestaltwerte und wegen der bedeutenden Innenraumgestaltung, aufgrund ihrer wissenschaftlichen Bedeutung wegen des Seltenheits- und sehr guten Überlieferungswertes sowie aufgrund ihrer städtebaulichen Bedeutung, mit prägendem Einfluss auf das Ortsbild, ein öffentliches Interesse.
- Literatur
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- Weiterführende Links
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