Gerhard-Uhlhorn-Kirche
- Landkreis
- Region Hannover
- Gemeinde
- Hannover, Stadt
- Gemarkung
- Linden
- Orts-/Stadtteil/Lage
- Linden-Nord
- Adresse
- Salzmannstraße 4 /4A
- Objekttyp
- Kirche (Bauwerk)
- Baujahr
- 1963
- Personen
- Riemerschmid, Reinhard
Kreutter, Wolfgang
Hoffmann, Karlheinz
Schuhknecht, Ingrid
- Denkmalstatus
- Einzeldenkmal (gemäß § 3 Abs. 2 NDSchG)
- Bedeutung
- geschichtlich, künstlerisch, städtebaulich
- Im Denkmalverzeichnis
- Ja
- Objekt-ID
- 41784775
- Objekt-Nr.
- 6473
- Fachbereich
- Bau und Kunst
- Denkmalthema
- 1960+-in-Hannover Nachkriegskirchen
- Beschreibung
- Sich in städtebaulich und stadtlandschaftlich exponierter Lage am westlichen Leineufer befindliche, ursprünglich eingeschossige, teilunterkellerte, ehemalige Gerhard-Uhlhorn-Kirche als rechteckiger Bau mit steilem, abgewalmtem Dach, mit vorgelagerter Freitreppe und knapper, zugehöriger Freifläche. Äußerst markant setzt sich das grün patinierte Kupferdach der Kirche von seiner baulichen Umgebung ab. Verstärkt wird die städtebauliche Wirkung durch den freistehenden, expressiv kornährenartig gestalteten Kirchturm. Turm und Kirchensockel aus Sichtbeton in Massiv- und Fertigteilbauweise errichtet. Aufgrund der markanten städtebaulichen Lage entfalten Kirche und Kirchturm eine weithin sichtbare, stadtbildprägende Wirkung. Das zum Vorplatz hin leicht erhöht gelegene, über mehrere Stufen zu erreichende und zur Uferböschung hin auskragende Sockelgeschoss weist an den Fassaden umlaufend ein zeittypisches, gelochtes Endlosmuster aus Betonfertigteilen auf. Das Innentragwerk der Kirche besteht größtenteils aus einem Betonskelett, welches im Dachspitz in Holzbauweise weitergeführte wurde und für den Innenraum prägend ist. Die inneren Dachansichtsflächen sind holzverschalt. 1963 nach erfolgtem Architekturwettbewerb vom Architekten Reinhard Riemerschmid (München) erbaut. Von der ehemals gut überlieferten bauzeitlichen Ausstattung der Kirche sind vor Ort nur noch der expressiv gestaltete Eingang zur Taufkapelle aus Metall (mit eingearbeiteten farbigen Glasbrocken) von den Kunstschmieden Kerstan und Schomerus (Hannover, 1963), der verfremdend umbaute Altar, der Kirchenfußboden und das verhüllt an Ort und Stelle belassene, über dem ehemaligen Altar hängende, große Kruzifix des Bildhauers Wolfgang Kreutter (Dödesberg, 1963) erhalten. Der spektakuläre Kirchturm trägt im Sockelbereich bauzeitliche figürliche Betonreliefs von Karlheinz Hoffmann (München). Die bemalten Glasflächen in der südlichen Dachhälfte wurden von Ingrid Schuhknecht entworfen und erst 1999 ausgeführt. Die entwidmete Kirche wurde unter Einfügung einer zweigeschossigen "Haus in Haus" Lösung von 2018 bis 2019 zum Studentenwohnheim umgebaut. Hierfür wurden, auf behutsame Art und Weise, zusätzliche Belichtungs- und Belüftungsöffnungen in die Außenhaut des Kulturdenkmals eingefügt.
- Denkmalbegründung
- Die ehemalige Gerhard-Uhlhorn-Kirche wurde 1963 vom Architekten Reinhard Riemerschmid (München, 1914-1996) errichtet. Riemerschmid war als bedeutender deutscher Architekt der Nachkriegszeit vor allem in Bayern für die dortige Ev.-luth. Kirche tätig und errichtete zwischen 1951 und 1970 zahlreiche Kirchen. Außerhalb Bayerns wirkte der bekannte Kirchenbaumeister auch in Norddeutschland: Neben der Gerhard-Uhlhorn-Kirche in Hannover-Linden schuf er in Hamburg-Hamm 1956-1957 die Dreifaltigkeitskirche. Der in München geborene Reinhard Riemerschmid (Großneffe des berühmten Richard Riemerschmid) absolvierte sein Studium an der Technischen Hochschule München und war dort später Assistent bei Hans Döllgast. Der Kirchbau, der einer breiteren Öffentlichkeit durch seine markante Lage am Ufer der Leine und durch den jüngsten Umbau zum Studentenwohnheim bekannt ist, wurde in der Vergangenheit mehrfach in der einschlägigen Fachliteratur erwähnt und beschrieben. Die Nennung des Baus auf der 2007 herausgegebenen Vorschlagsliste schützenswerter Bauten der Architektenkammer Niedersachen war Anlass für die denkmalfachliche Beschäftigung mit den Bauwerk, welche letztendlich in die Aufnahme der Kirche in das Verzeichnis der Kulturdenkmale mündete. In der Zeit von 1960 bis 1964 wurden auf dem Gebiet der Landeshauptstadt Hannover 18 Evangelisch-lutherische Kirchen gebaut. Der Bedarf dafür war aufgrund der Kriegszerstörung alter Kirchen, des Flüchtlingszustroms, der sich stabilisierenden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und des wirtschaftlichen Wachstums dringend gegeben. Gleichzeitig wurde der Wunsch nach diverser nutzbaren kirchlichen Räumen für verschiedene Arten der Zusammenkunft der Gemeinde formuliert, zudem wollte sich die Nachkriegsgeneration nicht mehr alleine auf die überlieferten kirchlichen Bautraditionen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts berufen. Neue Materialien und Baukonstruktionen, neue Formen künstlerischen Ausdrucks sollten dem gelebten Glauben in einer neuen demokratischen Gesellschaft neuen Ausdruck verleihen. Wie die ehemalige Gerhardt-Uhlhorn-Kirche zeigt, wurde für die Erfüllung der zahlreichen Bauaufgaben diverse Wege eingeschlagen: mit dieser Kirche lag ein straffer, die Möglichkeiten der Betonskelett- und Fertigteilbauweise ausnutzender Bau vor, der trotz strenger Aussage Leichtigkeit versinnbildlicht. Der außergewöhnliche Entwurf von Kirchbau und Turm - einer der ersten in dieser Art freistehenden - nimmt im Architekturschaffen dieser Zeit für die Stadt Hannover eine Sonderstellung ein. Die elementaren Gesten des zeltartigen, großen, kupferfarbenen Daches, des schwebenden, blockartig mit einem gelochten Endlosmuster versehenen Sockelgeschosses aus Beton und des zeichenhaft kornährenartigen Kirchturms sind auch nach der Stilllegung der Kirche im Jahre 2012 und dem Umbau zum Studentenwohnheim in den Jahren 2018-2019 erhalten geblieben. Die Lichtdurchlässigkeit der Fertigteilfassade ist nach der Einfügung neuer Bauvolumen in den Kircheninnenarum nicht mehr an allen Stellen unmittelbar erlebbar, der Blick in Richtung First und die Ablesbarkeit der Konstruktion sind jedoch auch innen erhalten geblieben. In der Ausprägung der Bauaufgabe und -form bespielhaft und mit einem hohen Aussage- und Zeugniswert, besteht an der Erhaltung der ehemaligen Gerhard-Uhlhorn-Kirche daher aufgrund ihrer geschichtlichen Bedeutung für die Orts-, Stadtbau- und Sozialgeschichte der Stadt Hannover, zudem für die Bau-, Konstruktions- und Kunstgeschichte wegen der überlieferten Materialitäten und damit verbundenen Konstruktionsweisen und der beispielhaften Ausprägung von Baustil und -Typus, ebenso als Werk eines überregional bekannten Architekten, aufgrund ihrer künstlerischen Bedeutung wegen der nicht alltäglichen Gestaltwerte und wegen der bedeutenden Innenraumgestaltung sowie aufgrund ihrer städtebaulichen Bedeutung, mit prägendem Einfluss auf das Landschaftsbild, ein öffentliches Interesse.
- Gruppen (ID | Typ | Beschreibung)
- 44496934 | Kirchenanlage (Baukomplex) | Gerhard-Uhlhorn-Kirche und Turm
- Literatur
-
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ADABweb
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