Synagoge

Gedenktafel am Gebäude (2022)

Ansicht von Nordwesten (2002)

Ansicht von Nordwesten (2002)

Ansicht von Westen (2002)

Ansicht von Nordwesten (2002)
- Landkreis
- Schaumburg
- Gemeinde
- Bückeburg, Stadt
- Gemarkung
- Bückeburg
- Orts-/Stadtteil/Lage
- Bückeburg
- Adresse
- Bahnhofstraße 33
- Objekttyp
- Synagoge
- Baujahr
- 1866
- Denkmalstatus
- Einzeldenkmal (gemäß § 3 Abs. 2 NDSchG)
- Bedeutung
- geschichtlich, wissenschaftlich, städtebaulich
- Im Denkmalverzeichnis
- Ja
- Objekt-ID
- 36824971
- Objekt-Nr.
- 151
- Fachbereich
- Bau und Kunst
- Denkmalthema
- Synagogen
- Jüdische Topographie Beschreibung Die Synagoge Bückeburg liegt in repräsentativer Lage in der Bahnhofstraße, die sich zwischen dem Bahnhof und dem Schloss erstreckt. Das Gebäude Nr. 33 reiht sich mit seiner Westfassade in die Bauflucht ein, die Gebäudehauptachse liegt ungefähr auf einer Ost-West-Achse. Der Putzbau der Synagoge besteht aus drei bauzeitlichen Baukörpern: 1.) einem straßenseitigen, im Grundriss ca. 13 x 8 m großen Baukörper mit Walmdach, 2.) dem eigentlichen, ca. 9,85 x 14,66 m großen Synagogenbaukörper mit Satteldach und 3.) einer polygonalen Apsis (5/8-Schluss) für den Toraschrein. Ergänzt wird das Ensemble durch einen späteren Anbau und eine Stahlwendeltreppe, beide an der Nordfassade. Während der straßenseitige Baukörper den Eingang und die jüdische Schule aufnahm, dienten die östlich anschließenden Gebäudeteile als Synagoge. Der Aufbau des Synagogenraums kann aufgrund der erhaltenen Bögen unterhalb des Saales, von heute noch in Mauerzügen eingebundenen bauzeitlichen Holzstützen und eines auf dem Dach lagernden Brüstungsteils annähernd gesichert rekonstruiert werden: Es handelt sich um einen im Grundriss rechteckigen Raum mit einer U-förmig umlaufende Empore auf einer regelmäßigen Folge von schlanken Holzstützten. Aufgrund von Farbresten an Deckenbalken kann davon ausgegangen werden, dass die Decke über dem Mittelschiff im Sinne eines basilikalen Querschnitts, höher geführt war als über den beiden Seitenschiffen. Im Dach überspannen zwei Fachwerkträger in Ost-West-Richtung den ehemaligen Synagogenraum; sie verlaufen in Längsrichtung oberhalb der beiden Stützenreihen für die Frauenempore. Im Zuge der Umnutzung der Synagoge zu einem Königreichssaal wurden die Fassaden überformt: Während die horizontale Gliederung in Kellergeschoss, Erdgeschoss, Obergeschoss und Mezzanin heute noch sichtbar ist, ist der ursprünglich dreiachsige Aufbau mit einem zentralen Risalit und zwei beigeordneten Nebenachsen heute verloren. In den 1950er Jahren wurden vier schlanke Ecklisenen bzw. -pfeiler abgetragen. Lediglich an der Nordostecke des straßenseitigen Baukörpers hat sich einer dieser Pfeiler erhalten: im Erdgeschoss ist er im Grundriss quadratisch ausgebildet, im Ober- und Mezzaningeschoss achteckig. Die Fiale ist abgetragen worden. Die Gliederung der Fassaden ist im Rundbogenstil gehalten, erhielt jedoch durch die Eckpfeiler und deren leicht maurisierenden fialähnlichen Turmaufsätzen einen Anschein von neo-islamischer Architektur, die sich vermutlich im Innenraum fortsetzte. Die Nebenachsen der Westfassade, sind ebenfalls axial-symmetrisch mit einem gestuften Rundbogenfenster im Erdgeschoss, einem Biforien-Fenster im Obergeschoss und einer Blendarkade im Mezzanin organisiert. Diese Gliederung setzt sich auch an den Nord- und Südfassaden des straßenseitigen Baukörpers fort. Lediglich der Mittelrisalit zeigte eine abweichende Gliederung: Im Zentrum befand sich ein gestuftes Rundbogenportal mit Kalksteinstufen, die im Kellergeschoss noch sichtbar verbaut sind. Das darüber ansetzende Feld war horizontal nicht untergliedert und nahm im Obergeschoss ein Biforium und auf Höhe des Mezzanins ein Okulus-Fenster auf. Der Risalit reichte mit seinem echteckigen Giebelfeld über die Dachtraufe hinaus und wurde von einer Arkatur abgeschlossen. Die Öffnungen des straßenseitigen Baukörpers sind überformt worden: Die Kellerfenster sind zur Straße geblendet, das mittige Portal ist zu einem Rundbogenfenster umgearbeitet, die Rundbogenfenster sind durch Kunststoffenster ersetzt, bei denen der Rundbogenanteil geblendet ausgeführt ist. Der Synagogenbaukörper nimmt das horizontale Bankprofil des straßenseitigen Baukörpers auf und bildet so ein ungegliedertes Erdgeschoss und ein mit Lisenen gegliedertes Obergeschoss aus. Die Nord- und Südfassaden werden so in jeweils durch sieben Fensterachsen mit je einem Rundbogenfenster im Erdgeschoss und einem schlanken Lanzettfenster im Obergeschoss strukturiert. Die Glasscheiben sind hierbei z. T. viereckig, z. T. rund und polygonal ausgeführt. An der Ostfassade zeichnen sich zwei Okulusfenster ab: ein kleineres, noch erhaltenes im Dachbereich und ein geblendetes größeres Misrach-Fenster oberhalb des Toraschrein. Der Innenraum der ehemaligen Synagoge wurde im Zuge der Umnutzung zum Königreichsaal umgebaut. Der zentrale Haupteingang wurde an die Nordfassade verlegt und die dahinter anschließenden Türöffnungen geschlossen. Im gesamten Erdgeschoss wie auch im Dachgeschoss des straßenseitigen Baukörpers wurden Wohnungen eingerichtet, das Obergeschoss diente Versammlungs- und Gemeinderäumen sowie dem Königreichssaal der Zeugen Jehovas. Hierzu musste auf Höhe der Frauenempore eine Zwischendecke eingezogen werden. Geschichte Nachdem sich in den 1850er Jahren die Jüdinnen und Juden benachbarter Dörfer, wie Kleinbremen, Bergkrug, Meinsen und Röcke, der Synagogengemeinde in Bückeburg anschlossen, sah man sich hier mit der Notwendigkeit eines Synagogenneubaus konfrontiert, da der jüdische Betsaal in der Langen Straße 59 nicht mehr genug Platz bot. Die jüdische Gemeinde fasste daher im Jahr 1854 den Beschluss zum Bau einer repräsentativen Synagoge, die eine „Zierde der Stadt“ werden sollte [NLA BU, Dep.9 C Nr.361und L 3 Je Nr.23, zit. nach. Weichselgartner 1986, S. 124]. Von den geschätzten Baukosten in Höhe von 10.000 Reichsthalern sollten 6.500 als Kredit aufgenommen werden. Zunächst jedoch wurde ein repräsentativer Bau an der Bahnhofstraße im Jahr 1856 abgelehnt. [Ries 2005, S. 366] Das Gesuch des Vorstehers der jüdischen Gemeinde, Meyer Aron, einen Kredit zum Bau einer neuen Synagoge in der Bahnhofstraße aufnehmen zu dürfen, wurde am 08. Mai 1866 bewilligt. Im Namen der jüdischen Gemeinde kauften Nathan Meyer und Aron Herzberg das Baugrundstück an der Bahnhofstraße vom Maurermeister Friedrich Eschmann. Nach einer feierlichen Prozession mit den Thorarollen aus dem alten jüdischen Betsaal in der Langen Straße 59 wurde die neue Synagoge in der Bahnhofstraße 33 in Bückeburg in Anwesehenheit von Regierungsvertretern am 18. Elul 5626 (Mittwoch, dem 29. August 1866) ihrer Bestimmung übergeben. Dem im Staatsarchiv Bückeburg erhaltenen Programm zur Einweihung [NLA BU, Dep. 11 E Nr. 4 – Kirchensachen] nach wurde dabei dem Regierungspräsidenten von Lauer ein Synagogenschlüssel überreicht und die Veranstaltung mit dem Gebet für den Landesherren beendet. [Weichselgartner 1987, S. 124] Die Baukosten beliefen sich auf 9.000 Reichsthaler, von denen die jüdische Gemeinde 7.000 Tlr als Kredit aufnehmen mussten. Diesen zahlte sie bis 1904 ab. [Ries 2005, S. 366] In der Pogromnacht 1938 wurde die Inneneinrichtung der Synagoge in Brand gesteckt. [Ries 2005, S. 370] Die Polizeiakte zum Brandanschlag ist im Niedersächsischen Landesarchiv Bückeburg [Arcinsys] erhalten. Auf Betreiben des antisemitischen Bürgermeisters Friehe wurden die Bückeburger Jüdinnen und Juden zwangsweise in sogenannten Judenhäusern einquartiert, zum Verkauf Ihrer Immobilien gedrängt und zur Auswanderung genötigt. In Bückeburg dienten die ehemalige Synagoge in der Bahnhofstraße 33, das Haus Obertorstraße 6 [Adab Info- und Rechercheobjekt anlegen?] und das Haus Lange Straße 54 [Adab Info- und Rechercheobjekt anlegen?] als Judenhäuser. [Ries 2005, S. 370] Im Dezember 1942 genehmigte der Chef der Sicherheitspolizei den Verkauf der Synagoge durch die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland an die Stadt Bückeburg für 3.000 RM. Bürgermeister Friehe hatte den Ankauf „mit allen Mitteln“ herbeizuführen gesucht, u.a. sollten Schüler der Heeresmusikschule hier untergebracht werden. [Weichselgartner 1986, S. 125] Im Jahr 1954 erwarben Zeugen Jehovas die Synagoge Bahnhofstraße 33 und richteten hier ein Wohnhaus und einen Königreichsaal ein. [Ries 2005, S. 371] Eine Arbeitsgruppe der Herderschule Bückeburg schlug in einem Schreiben an die Stadtverwaltung am 30.01.1997 vor, eine Gedenktafel mit folgendem Inhalt an der ehemaligen Synagoge anzubringen: „Diese Gebäude wurde 1866 als Synagoge erbaut. Mit dem 9.11.1938 erlosch das Leben der jüdischen Gemeinde Bückeburg. Das Schicksal der jüdischen Mitbürger mahne unser Gewissen an die Wahrung von Menschlichkeit und Recht.“ In Abstimmung mit den Zeugen Jehovas kürzte die Stadtverwaltung den Text auf: „Dieses Gebäude diente von seiner Erbauung 1866 bis zum 9.11.1938 als Synagoge.“ [Religionskurs 1997, S. 48f] Ein Bückeburger Immobilien- und Projektentwickler kaufte das Gebäude 2017. [Wikipedia] Im Juni 2019 wurde die alte Gedenktafel an der Synagoge durch eine neue mit der Aufschrift „Dieses Gebäude wurde 1866 als Synagoge erbaut. Mit dem Pogrom vom 9.11.1938 erlosch das Leben der jüdischen Gemeinde in Bückeburg“ ersetzt. [Werk 2019] Literatur Manuskript BT Manuskript Handbuch jüdischer Ritualbauten Niedersachsen | Bet Tfila – Forschungsstelle für jüdische Architektur in Europa, TU Braunschweig Ries 2005 Ries, Rotraud: Bückeburg. In: Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen, Bd. 1, hg. von Herbert Obenaus in Zusammenarbeit mit David Bankier und Daniel Fraenkel. Göttingen 2005, S. 363–372. [zur Synagoge, S. 366f, 370f] Religionskurs 1997 Ev. Religionskurs Klasse 8a (1997), Herderschule Bückeburg. Jüdische Spuren in Bückeburg. Einst Synagoge – heute Königreichssaal der Zeugen Jehovas. [Bückeburg, 1997], Nachdruck. Weichselgartner 1986 Weichselgartner, Carolin: Die Synagoge in Bückeburg. In: Schaumburg-Lippische Heimat-Blätter, 37.1986, H. Oktober–Dezember, S. 121–126.
- Beschreibung
- Die ehemalige Synagoge mit jüdischer Schule wurde 1866 erbaut und ist ein zweigeschossiger Putzbau auf Kellersockel mit flachem Walmdach. Schlanke Eckpfeiler an den Fassadenecken und ein mittiger Risalit wurden von der Fassade entfernt, die Fenster- und Türen in der Fassade wurden ausgetauscht. Zwischen 1954 und 2017 wurde das Gebäude als Königreichssaal der Zeugen Jehovas genutzt.
- Denkmalbegründung
- Die Erhaltung der 1866 errichteten Synagoge Bahnhofstraße 33 liegt aufgrund ihrer historischen Bedeutung im öffentlichen Interesse. Sie ist eines der wenigen in Niedersachsen erhaltenen Bauwerke jüdischer Gemeinden, die ein sichtbares Zeugnis von jüdischer Religion, Kultur und deutsch-jüdischer Geschichte der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ablegen. Ihre städtebauliche Lage ist typisch für Synagogen jener Zeit, die zwar im Straßenbild sichtbar waren, aber nicht als allseitig freistehende Bauwerke konzipiert werden konnten. Ihre historistische Gestaltung, ursprünglich mit dezenten Anklängen maurischer Stilelemente, wie sie zur Kennzeichnung jüdischer Einrichtungen seinerzeit häufig verwendet wurden, spricht davon, wie jüdische Gemeinden sich im Stadtbild zeitgemäß präsentieren wollten und konnten. Die erkennbaren Verluste originaler Substanz machen das Gebäude auch zu einem Zeugen der Verfolgung und Zerstörung bzw. des Umgangs mit jüdischer Geschichte nach dem Zweiten Weltkrieg. Als Ort der Erinnerung an die jüdischen Opfer des Holocausts, sichtbar in einer Informations- bzw. Gedenktafel, ist das Gebäude auch Teil der lokalen Gedenkkultur.
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ADABweb
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Gedenktafel am Gebäude (2022)

Ansicht von Nordwesten (2002)

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Ansicht von Westen (2002)

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