Jüdischer Friedhof Hohenberge
- Landkreis
- Friesland
- Gemeinde
- Varel, Stadt
- Gemarkung
- Varel-Land
- Orts-/Stadtteil/Lage
- Hohenberge
- Adresse
- Neuwangerooger Straße
- Objekttyp
- Friedhof
- Denkmalstatus
- Einzeldenkmal (gemäß § 3 Abs. 2 NDSchG)
- Bedeutung
- geschichtlich, wissenschaftlich
- Im Denkmalverzeichnis
- Ja
- Objekt-ID
- 36387422
- Objekt-Nr.
- 144
- Fachbereich
- Bau und Kunst
- Jüdische Topographie Geschichte Es ist nicht genau festzumachen, wann der jüdische Friedhof auf dem „Hohen Berge“ bei Varel angelegt wurde. 1711 wird der Begräbnisplatz erstmals erwähnt, als die Vareler Juden Graf Anton II. von Aldenburg um seine Zustimmung zur Einfriedung ihrer Begräbnisstätte baten. Ein erster Todesfall ist aber bereits für das Jahr 1702 belegt. (Meiners 2001, S. 382/383) Bis zur Einrichtung eines eigenen Begräbnisplatzes diente der Friedhof auch den Juden der nördlichen Grafschaft, des späteren Herzogtums Oldenburg und der Stadt Oldenburg als letzte Ruhestätte. In Ovelgönne legte man beispielsweise erst 1811, in der Stadt Oldenburg 1814 und in Westerstede 1890 einen eigenen jüdischen Friedhof an. (Meiners 2001, S. 382) Anfänglich waren nur Bestattungen „ohne alles Gepränge“ und ohne die „geringsten Denkmäler“ gestattet. Als Begründung wurde 1759 angeführt, dass den Juden als Angehörige einer „unterdrückten und blos tolerierten Religion“ die Errichtung öffentlicher Grabmäler nicht zustehe, der an einer „Heerstraße“ gelegene Platz weithin sichtbar sei, so dass die Aufstellung von jüdischen Grabsteinen leicht „zum Skandal gereichen“ könne, außerdem der hohe Berg als Musterungsplatz für die zur Landmiliz einberufenen Männer diene, die Unfug mit den Grabsteinen treiben könnten. (Meiners 2001, S. 388) Anstoß hatte erregt, dass Baruch Joseph Goldschmidt aus Oldenburg für seinen 1754 verstorbenen Vater einen Grabstein errichtet hatte. Nach Bekanntwerden konnte Goldschmidt die Entfernung nur dadurch verhindern, dass er sich bereit erklärte, den Stein so tief zu setzen, dass er weniger als einen halben Fuß aus der Erde ragte und somit die Inschrift nicht mehr zu sehen war. 1763 stellte Goldschmidt den Antrag, auf dem Grab seiner verstorbenen Mutter, einen „Begräbnispfahl“ errichten zu dürfen, was ihm wiederum unter Auflagen gewährt wurde. Später müssen noch weitere Holzpfähle zur Kennzeichnung der Gräber hinzugekommen sein. (Meiners 2001, S. 388/389) Diese existieren heute nicht mehr. Erhalten sind ca. 120 Grabsteine aus der Zeit zwischen 1777 und 1934, von denen die Mehrzahl aus dem 19. Jahrhundert stammt. Die letzte Beerdigung fand 1942 statt. Die Friedhofsanlage von Varel-Hohenberge wurde mehrfach geschändet. Zu Zerstörungen kam es offensichtlich auch durch Sandabbau. 1804 klagte der Vareler Schutzjude Leffmann Salomon, dass der Leichenstein seines Schwiegervaters entwendet und „auch sonsten am Kirchhofe verschiedenes spoliieret“ auch der Weg zum Teil abgegraben worden sei. (Meiners 2001, S. 391) Um das Friedhofsgelände besser vor Übergriffen zu schützen, errichtete man später einen 160 Meter langen und zwei Meter hohen schmiedeeisernen Zaun mit Eingangstor. Dieser wurde ebenso wie die Metalleinfassungen der Gräber und die metallnen Grabsteintafeln 1940 im Rahmen der „Metallsammelaktion“ entfernt. In der NS-Zeit wurden Grabsteine umgestürzt, einige sogar für den Ausbau der Flugabwehrstellung in Schweiburg, vielleicht auch für die am Vareler Hafen entwendet. Nach dem Krieg wurden fünf Steine wieder zurückgebracht. Möglicherweise hat es auf dem Friedhof selbst auch eine Flakstellung gegeben. (Frerichs 2020, S. 25) Zu weiteren Schändungen kam es 1994 und 2007. (Frerichs 2020, S. 33; Schändungen 1999-2021) Beschreibung Der jüdische Friedhof liegt etwa drei Kilometer östlich von Varel im Ortsteil Hohenberge nahe der Kreuzung Neuwangerooger Straße / Rodenkirchener Straße in Nachbarschaft zu Wohn- und Wirtschaftsgebäuden. Er befindet sich auf dem Rest eines eiszeitlichen Geesthügels, der an drei Seiten steil abfällt. Die Zuwegung erfolgt von Norden über einen Privatweg. Die Böschungen und die Ränder des Plateaus sind mit Bäumen und Strauchwerk bepflanzt. Die 1.822 qm großen Friedhofsanlage (Vahlenkamp 2005, S. 1501), die mit einzelnen Eichen und Birken bestanden ist, wird von einem Maschendrahtzaun und Metalltor eingefasst. Erhalten haben sich 120 Grabsteine aus der Zeit zwischen 1777 und 1934 und ein 1983 gesetzter Gedenkstein, die letzte Beerdigung fand 1942 statt. Die Grabstellen sind teilweise eingefasst. (vgl. Töllner 1983, 211-311; Frerichs 2020, S. 12/13) Quellen Manuskript Handbuch jüdischer Ritualbauten Niedersachsen | Bet Tfila – Forschungsstelle für jüdische Architektur in Europa, TU Braunschweig. Schändungen 1999-2021 Schändungen jüdischer Friedhöfe in Niedersachsen 1999-2021, Aufstellung des Niedersächsischen Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen. Literatur Brahms 2006 Brahms, Rudolf: Geschichte einer ungeliebten Minderheit. Die Entwicklung der jüdischen Gemeinde in Varel von ihren Anfängen im 17. Jahrhundert bis zu ihrem Untergang in nationalsozialistischer Zeit. Oldenburg 2006; zum jüdischen Friedhof: S. 39-46. Diamant 1982 Diamant, Adolf: Jüdische Friedhöfe in Deutschland – eine Bestandsaufnahme. Frankfurt am Main 1982; zum jüdischen Friedhof: S. 185. Frerichs 2020 Frerichs, Holger: Der Jüdische Friedhof in Varel-Hohenberge. Kulturdenkmal und Erinnerungsort (Schriften zur Geschichte des Nationalsozialismus und der Juden im Landkreis Friesland; Nr. 9). Oldenburg 2020. Meiners, Werner: Nordwestdeutsche Juden zwischen Umbruch und Beharrung. Judenpolitik und jüdisches Leben im Oldenburger Land bis 1827 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen; Bd. 204). Hannover 2001; zum jüdischen Friedhof: S. 382/383, 388/389. Meiners 2011 Meiners, Werner: Die Reichsvereinigung der Juden als Verkaufsanbieterin jüdischer Friedhöfe 1941 bis 1943. Das Beispiel Varel-Hohenberge (Landkreis Friesland). In: Juden in Niedersachsen 1938-1945. Forschungsansätze und Forschungsdesiderate. Tagung in Hannover 24.-25. März 2011, hg. vom Arbeitskreis Geschichte der Juden in der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen. Hannover 2011, S. 74-79. Taddey, Klaus: Geschichte der Friedhöfe in Varel und ein Blick in die Entwicklung der Beisetzungen von der Antike bis heute (Vareler Heimathefte; H. 15). Varel o.J. [2004]; Kapitel 2.5: Der jüdische Friedhof, S. 40-47. Töllner 1983 Töllner, Johannes-Fritz (Hg.): Die jüdischen Friedhöfe im Oldenburger Land. Bestandsaufnahme der erhaltenen Grabsteine (Oldenburger Studien; Bd. 25). Oldenburg 1983; zum jüdischen Friedhofl: S. 211-311. Vahlenkamp 2005 Vahlenkamp, Werner: Varel. In: Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen, hg. von Herbert Obenaus in Zusammenarbeit mit David Bankier und Daniel Fraenkel. Bd. 2, Göttingen 2005, S. 1493-1502; zum jüdischen Friedhof: S. 1496, 1501.
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