Ostfriesisches Landesmuseum Emden
- Landkreis
- Emden, Stadt
- Gemeinde
- Emden, Stadt
- Gemarkung
- Emden
- Orts-/Stadtteil/Lage
- Emden
- Adresse
- Brückstraße 1
- Objekttyp
- Rathaus
- Baujahr
- 1959
- bis
- 1962
- Personen
- Latta, Franz
Janssen, Hans-Diedrich
Wessel, Bernhard Heinrich
Steenwinkel, Lourens van
- Denkmalstatus
- Einzeldenkmal (gemäß § 3 Abs. 2 NDSchG)
- Bedeutung
- geschichtlich, künstlerisch, städtebaulich
- Im Denkmalverzeichnis
- Ja
- Objekt-ID
- 36371242
- Objekt-Nr.
- 124
- Fachbereich
- Bau und Kunst
- Denkmalthema
- Gauss-Steine Emden_Wiederaufbau
- Denkmalthema Gauß: Bereits bei der der so genannten Holländischen Triangulation diente der Turm des Rathauses zur Vermessung. Leutnant Hartmann nutzte den Turm 1830 bei der Hannoverschen Triangualtion ebenfalls als Dreieckspunkt. Das Rathaus wurde im zweiten Weltkrieg weitgehend zerstört und nach dem Krieg in modernisierter Form in Anlehnung an alte Pläne wieder errichtet.
- Beschreibung
- Rathaus direkt am Ratsdelft in der Blickachse der Großen Straße stehend. Viergeschossiger, traufständiger Massivbau mit hohem Walmdach, bekrönt von einem Dachreiter mit offener Laterne. Die repräsentative Westfassade zum Ratsdelft mit 41 eng aneinandergereihten Fensterachsen, die Hauptachse außermittig nach Norden verschoben mit breiter, rundbogiger Durchfahrt. Das Erd- und Zwischengeschoss mit rustiziertem Sandsteinquadermauerwerk des kriegszerstörten Renaissance-Rathauses verblendet, die Fensteröffnungen paarweise gekoppelt. Gestalterisch hervorgehoben ist die aus der Fassadenflucht hervortretende Durchfahrt sowie das südlich anschließende, rundbogige Eingangsportal, abschließend gibt es ein von Konsolen getragenes Gurtgesims und Balustergeländer über der Durchfahrt. Das erste und zweite Obergeschoss besitzt eine streng gegliederte Rasterfassade aus Sandstein, über den Fensterachsen finden sich paarweise angeordnet rundbogige Spolien des alten Rathauses (dort ursprünglich über den Fenstern des Zwischengeschosses), backsteinsichtig sind nur die rahmenden Bauteile der Westfassade. Über der Durchfahrt sieben leicht vorgezogene Fensterachsen, mit Reliefs im Brüstungsbereich des zweiten Obergeschosses. Das hohe Walmdach ist in Schiefer gedeckt, ohne Dachüberstand mit innenliegender Rinne, unmittelbar an der Traufe gibt es zehn Gauben aus grün patiniertem Kupferblech in gleichmäßiger Reihung. In der Hauptachse steht auf quadratischem Unterbau der Dachreiter, ebenfalls mit Kupferblech verkleidet, mit Turmuhr, darüber eine achteckige, zweifach gestufte Laterne, bekrönt von einer Armillarsphäre. Die rückseitige Fassade zur Brückstraße ist im Grundsatz analog zur Westfassade, in der Detailausführung aber deutlich schlichter gestaltet, das Erd- und Zwischengeschoss besteht aus Backsteinmauerwerk mit einzelnen Spolien, die nördliche Giebelfassade ist schlicht in Backsteinmauerwerk mit geschossübergreifendem Treppenhausfenster in der Mittelachse gestaltet, nach Süden ist unmittelbar das Hotel zum Goldenen Adler angebaut. Nach Osten gibt es einen dreigeschossigen Anbau, die Brückstraße im Norden begrenzend, der östliche Teil des Anbaus mit Satteldach giebelständig zur Brückstraße ausgerichtet, die Fassaden mit Sandsteinraster und Backsteinausfachungen, der Zwischenbau modern überformt mit Flachdach, rückseitig nach Norden noch mit Rasterfassade. In Anlehnung an den kriegszerstörten Rathausbau, der 1574-76 durch den aus Antwerpen stammenden Stadtbaumeister Laurens van Steenwinkel errichtet wurde, erfolgte der Wiederaufbau 1959-62 nach Entwürfen des Bremer Architekten Bernhard Wessel unter Beibehaltung der ursprünglichen Grundfläche und Gebäudekubatur sowie unter Wiederverwendung von erhaltenen Sandsteinbauteilen. Das Glockenspiel im Turm stammt von 2001. Umbau 2003-2005 mit moderner Gestaltung und Aufstockung des rückseitigen Anbaus.
- Denkmalbegründung
- Am 6. September 1944 wurde das repräsentative Renaissance-Rathaus, das 1574-76 durch den aus Antwerpen stammenden Stadtbaumeister Laurens van Steenwinkel errichtet wurde, weitgehend zerstört. Die noch bis zur Traufe stehende Westfassade wurde wegen Einsturzgefahr Anfang 1945 bis zur Oberkante des Zwischengeschosses abgebrochen. Nachdem Pläne zum Wiederaufbau als Geschäftshaus aufgrund der Auflage scheiterten, dass das noch erhaltene Sandsteinmauerwerk wiederzuverwenden sei, entschied die Stadt Emden 1950 das Rathaus als Museums und Kulturhaus zu nutzen. 1953 wurde ein Architektenwettbewerb ausgelobt, der auch die städtebauliche Konzeption des Rathausviertels beinhaltete. Von den zehn eingereichten Entwürfen – u. a. von den Architekten Herbert Schrom, Rolf Störmer sowie dem Büro Janssen & Latta – erhielt die Arbeitsgemeinschaft der Diplomingenieure Ludwig Almstadt, Hans Eilers, Karl Nielsen und Bernhard Tamme aus Bremen den Ersten Preis. Der Zweite Preis ging an den Bremer Architekten Bernhard Wessel, dessen Entwurf nach Auffassung des Preisgerichtes „künstlerisches Feingefühl“ erkennen ließ. Da die Entwerfer der erstplatzierten Arbeitsgemeinschaft beim Bremer Stadtplanungsamt arbeiteten und nicht beauftragt werden konnten, wurde Bernhard Wessel gemeinsam mit den Emder Architekten Hans-Diedrich Janssen und Franz Latta mit der Weiterbearbeitung beauftragt. Bernhard Heinrich Wessel (1904-1976) studierte nach seiner Lehre an der Staatlichen Kunstgewerbeschule Bremen sowie am Polytechnikum Oldenburg und arbeitete in verschiedenen Architekturbüros, u. a. auch bei Fritz Höger in Hamburg. 1948 gründete er sein eigenes Architektenbüro in seiner Heimatstadt Bremen. Neben zahlreichen Wohnbauten zeichnete er u. a. für das „Haus Jonas und Kaune“ am Bremer Markt (1955) oder die Seefahrtsschule (1956-58) verantwortlich. Ab 1959 war er an der Sanierung des Schnoorviertels in der Bremer Altstadt beteiligt. Der Rathausbau in Emden wurde zu einem Hauptwerk in seinem Œuvre. Erst nach Jahren konnte die Finanzierung des Wiederaufbaus des Emder Rathauses auch durch zahlreiche Spenden und Zuschüsse erreicht werden, so dass im Januar 1959 die Rohbauarbeiten und am 18. Dezember 1959 das Richtfest erfolgten. Erst mit dem Baubeginn 1959 wurde abschließend entschieden, den hohen Dachreiter in der Hauptachse des Rathauses, der in der ursprünglichen Entwurfsplanung nicht vorgesehen war, in Anlehnung an den Vorkriegszustand auszuführen. Regierungsbaurat Dietrich Müller-Stüler urteilte hierzu: "Nach dem jetzt festgelegten Entwurf wird der Neubau die Tradition des berühmten alten Rathauses durch seine Stellung im Stadtbild und durch die Wiederverwendung der alten Sandsteinfassade im Erdgeschoss in sehr glücklicher Weise wahren." Eingeweiht wurde das Rathaus am 6. September 1962, genau 18 Jahre nach Kriegszerstörung. Das Gebäude wurde vorrangig genutzt durch das Ostfriesische Landesmuseum und die Stadtbücherei, aber auch andere öffentliche Nutzungen waren untergebracht, so ein Trauzimmer des Standesamtes, ein Festsaal oder die Geschäftsstelle der Volkshochschule. In den Jahren 2003-2005 wurde das Ostfriesische Landesmuseum Emden grundlegend umgebaut, wobei der rückseitige Nordflügel, der ursprüngliche der Stadtbücherei diente, als Haupteingang des Museums modern gestaltet, aufgestockt und eingebunden wurde. Das Emder Rathaus hat eine geschichtliche Bedeutung für die Stadtgeschichte sowie aufgrund des Zeugniswertes für die Bau- und Kunstgeschichte. Das Gebäude lässt deutliche Bezüge zum renaissancezeitlichen, kriegszerstörten Rathausbau erkennen, zeigt durch die moderne Interpretation aber eine eigenständige, qualitätvolle Architektur mit zeittypischen Gestaltungsmerkmalen der 1950er Jahre. Damit ist das Rathaus, das nach Entwürfen des regional bedeutenden Architekten Bernhard Wessel errichtet wurde, ein herausragendes und beispielgebendes Zeugnis der traditionsbezogenen Wiederaufbauarchitektur in Emden und von künstlerischer Bedeutung. Als platz- und stadtbildprägendes Gebäude am Ratsdelft ist das Rathaus zudem von städtebaulicher Bedeutung, so dass insgesamt die Erhaltung im öffentlichen Interesse liegt.
- Literatur
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- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ADABweb
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