Trauerhalle, jüdischer Friedhof Braunschweig, Helmstedter Straße
- Landkreis
- Braunschweig, Stadt
- Gemeinde
- Braunschweig, Stadt
- Gemarkung
- Altewiek
- Orts-/Stadtteil/Lage
- Braunschweig
- Adresse
- Helmstedter Straße 40
- Objekttyp
- Trauerhalle
- Baujahr
- 1912
- bis
- 1914
- Personen
- Lübke, Georg
- Denkmalstatus
- Einzeldenkmal (gemäß § 3 Abs. 2 NDSchG)
- Bedeutung
- geschichtlich, künstlerisch
- Im Denkmalverzeichnis
- Ja
- Objekt-ID
- 36007034
- Objekt-Nr.
- 1006
- Fachbereich
- Bau und Kunst
- Denkmalthema
- Juedische-Friedhoefe
- Jüdische Topographie Die Trauerhalle des Friedhofs an der Helmstedter Straße geht auf einen Entwurf des Architekten Georg Lübke (1859-1924) von 1910 zurück (Bauakte), der 1901 als Professor an die Technische Hochschule Braunschweig berufen worden war. (Böttcher 1995, S. 119) Lübke lehnte sich hierbei eng an einen Wettbewerbsbeitrag der Architekten Schädtler & Müller von 1902 für ein Krematorium in Bremen an. (Knufinke 2007, S. 248/249) Mit dem Bau der Trauerhalle wurde 1912 begonnen. Nach zweijähriger Bauzeit konnte sie 1914 feierlich eingeweiht werden. (Bein 1996, S. 81) In der NS-Zeit wurde die Inneneinrichtung der Trauerhalle von Hitlerjungen vollständig zerstört. In der Kriegszeit diente sie als Luftschutzraum und als Wohnung für ausgebombte Familien. Durch einen Luftangriff wurden die bleiverglasten Fenster beschädigt. Nach dem Krieg verfiel die Trauerhalle, die von der Gemeinde nicht mehr genutzt wurde, zunehmend. 1965 wurden das Dach gesichert und Fenster und Türen erneuert, 1978 bis 1981 folgte eine umfassende Restaurierung. 1981 konnte die Trauerhalle erneut geweiht werden. (vgl. Bein 2004, S. 75-77, Bein 2011, S. 72) Die Trauerhalle lag ursprünglich an zentraler Stelle in Sichtachse zur Einsegnungshalle des evangelischen Hauptfriedhofs, umgeben von einem Platz, an dem sich die beiden Hauptwege kreuzten. Durch die Verkleinerung des Friedhofsgeländes ist sie heute an den südöstlichen Rand gerückt. Lübke legte die Trauerhalle als Kreuzkuppelbau mit vier gedrungenen Ecktürmen und einem halbkreisförmigen Anbau im Osten an. Im Zentrum erhebt sich über niedrigem, durchfensterten Tambour eine flache Kuppel. Die Ecktürme tragen vierseitige Hauben, die Kreuzarme sind mit Satteldächern gedeckt. Das äußere Erscheinungsbild des Baus wird wesentlich durch die stereometrischen Baukörper, das grobe Bossenmauerwerk sowie den Materialkontrast von hellem Mauerwerk und dem Grün der Kupferdächer und -fallrohre bestimmt. Der Eingang der Trauerhalle liegt im Westen. An der Ostseite befindet sich ein weiterer Zugang, der zu den Tahararäumen im Keller führt. Im Innern wird der zentrale Raum von einer Kuppel, die Kreuzarme von Tonnengewölben überspannt. Der halbkreisförmige Anbau im Osten ist zweischalig angelegt. Hinter der Apsis liegen die ovalen Wartebereiche für die Geistlichen und die Angehörigen. Der Innenraum ist farbig ausgemalt und in den oberen Raumzonen reich mit vegetabilen und geometrischen Ornamenten ausgeschmückt. An der Nordseite der Trauerhalle befindet sich eine Tafel zum Gedenken an die im Ersten Weltkrieg gefallenen Braunschweiger Juden. Sie ist eine Kopie der vom Braunschweiger Kunstmaler und Bildhauer Philipp Erlanger geschaffenen Tafel, die in der Eingangshalle der Synagoge hing. (Knufinke 2007, S. 431) Quelle Bauakte Bauarchiv des Bauordnungsamtes der Stadtverwaltung Braunschweig, Bauakten mit Neubauplänen. Literatur Bein 2011 Bein, Reinhard: Die beiden jüdischen Friedhöfe in Braunschweig 1939 bis 1945. In: Juden in Niedersachsen 1938-1945. Forschungsansätze und Forschungsdesiderate. Hannover 2011; zur Trauerhalle: S. 72. Bein 2004 Bein, Reinhard: Ewiges Haus. Jüdische Friedhöfe in Stadt und Land Braunschweig. Braunschweig 2004; zur Trauerhalle: S. 60/61, 75-77. Bein 1996 Bein, Reinhard: Zeitzeugen aus Stein. Bd. 2: Braunschweig und seine Juden. Stadtrundgänge. Braunschweig 1996; zur Trauerhalle: S. 81-85. Böttcher 1995 Böttcher, Roland/Hartmann, Kristina/Lemke-Kokkelink, Monika: Die Architekturlehrer der TU Braunschweig 1814-1995 (Braunschweiger Werkstücke, Reihe A; Bd. 41). Braunschweig 1995; zu Georg Lübke: S. 119/120. Kimpflinger 1996 Kimpflinger, Wolfgang (Hg.): Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Baudenkmale in Niedersachsen. Bd 1, Teil 2: Stadt Braunschweig. Braunschweig 1996, S. 80. Keßler, Katrin; Knufinke, Ulrich (Hg.): Jüdische Kultur und Geschichte in der Region Braunschweig-Wolfsburg. Jewish culture and history in the region of Braunschweig-Wolfsburg. München 2017; zur Trauerhalle: S. 33. Knufinke 2007 Knufinke, Ulrich: Bauwerke jüdischer Friedhöfe in Deutschland (Schriften der Bet Tfila – Forschungsstelle für jüdische Architektur; Bd. 3). Petersberg 2007; zur Trauerhalle: S. 246-250, S. 431. Paulus 2013 Paulus, Simon/Herbote, Arne/Knufinke, Ulrich: Wege in die Moderne. Architektur im Braunschweiger Land 1900-1930. Braunschweig 2013; zur Trauerhalle: S. 97/98.
- Beschreibung
- Trauerhalle mit Tahararäumen, 1914 eingeweiht, Architekt: Georg Lübke. Massiver Kreuzkuppelbau mit vier gedrungenen Ecktürmen und halbkreisförmigem Anbau im Osten, aus einfachen stereometrischen Baukörpern zusammengefügt, Bossenmauerwerk, flache Kuppel über niedrigem, durchfensterten Tambour. Dachflächen mit Kupferdeckung. Im Innern Ausmalung. An der Nordseite Tafel zum Gedenken an die im Ersten Weltkrieg gefallenen Braunschweiger Juden von Philipp Erlanger in Kopie.
- Denkmalbegründung
- An der 1914 eingeweihten Trauerhalle des jüdischen Friedhofs an der Helmstedter Straße besteht aus geschichtlichen und künstlerischen Gründen ein öffentliches Erhaltungsinteresse: Das äußerlich weitgehend im bauzeitlichen Zustand erhaltene Bauwerk vertritt, wie nur wenige andere in Niedersachsen, den Bautyp „jüdische Trauerhalle“. Es ist, wie der gesamte Friedhof, ein Zeugnis der jüdischen Geschichte und insbesondere der jüdischen Bestattungskultur aus der Zeit unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg, als jüdische Gemeinschaften vielerorts architekturgeschichtlich bedeutende, repräsentative Bauwerke errichten konnten. Stilistisch steht die Trauerhalle für die Entwicklung hin zu einem monumental abstrahierenden, historische Vorbilder nur entfernt adaptierenden Baustil, der die frühmoderne Suche nach einem genuin jüdischen Stil prägte (vgl. zum Beispiel die Synagoge in der Fasanenstraße, Berlin, 1912, oder die Synagoge in Essen, 1913), aber auch allgemein eine Abkehr vom Historismus einleitete. Gebaut nach einem Entwurf des Braunschweiger Architekten und Hochschullehrers Georg Lübke (1859–1924), ist die Trauerhalle zudem ein wichtiges Werk im Œuvre eines lokal und regional bedeutenden Architekten.
- Literatur
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ADABweb
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