Königliche Landesirrenanstalt Göttingen
- Landkreis
- Göttingen
- Gemeinde
- Göttingen, Stadt
- Gemarkung
- Göttingen
- Orts-/Stadtteil/Lage
- Göttingen
- Objekttyp
- Krankenhaus (Baukomplex)
- Personen
- Gerber, Heinrich
Funk, Adolph
Rasch, Julius
- Denkmalstatus
- Gruppe baulicher Anlagen (gemäß §3 Abs. 3 S. 1 NDSchG)
- Bedeutung
- geschichtlich, städtebaulich
- Im Denkmalverzeichnis
- Ja
- Objekt-ID
- 35854132
- Objekt-Nr.
- 82
- Fachbereich
- Baudenkmal Gruppe
- Beschreibung
- Ehemalige „Königliche Landesirrenanstalt Göttingen“, errichtet im Kern 1863-1866 außerhalb der Stadt im Auftrag des Innenministeriums des Königreichs Hannover als schlossartige Dreiflügelanlage im neugotischen Stil, mit großem Gartenhof, Verbindungsgängen und Kapellenbau sowie einem „Tobsüchtigenhaus“. Zum Denkmal-Ensemble gehören auch die funktional zugehörigen Erweiterungsbauten bis etwa 1915, so Klinikbauten, Direktorenvilla, Wohnhäuser und Kegelbahn in einer parkartig gestalteten Umgebung mit geschwungener Zufahrt zum ursprünglichen Hauteingang an der Hangkante des Ascherbergs. Anlass zur Erbauung war die Überfüllung der Hildesheimer Anstalt, woraufhin zwei Landesirrenanstalten in Göttingen und Osnabrück neu entstanden. Eine „Irrenzählung“ im Königreich und Vorplanunen zu weiteren Irrenanstalten fand bereits ab 1857 statt. Die Standortsuche und Gebäudeplanungen bekamen die hannoverschen Architekten Oberbaurat Adolf Funk (Oberleitung) und Bauinspektor Julius Rasch (Projektleitung) übertragen, die beide zuvor bei der Hannoverschen Eisenbahn wirkten und mit der Göttinger Irrenanstalt eines ihrer Hauptwerke schufen. Unterstützt wurde Rasch vor Ort von dem damals noch jungen Architekten Gotthilf Ludwig Möckel, der Detailpläne zeichnete. Funk und Rasch hatten zuvor die Anstalt in Hildesheim sowie zum Vergleich neueste Irrenanstalten im In- und Ausland besucht und planten 1861 zunächst für einen stadtnäheren Standort an der Kasseler Landstraße (am sog. „Galgenberg“, in der Nähe des Jüdischen Friedhofs). 1862 veröffentlichten Funk und Rasch gemeinsam die Ergebnisse ihrer vergleichenden Untersuchungen und das erste Irrenanstalts-Projekt. Im Herbst 1862 folgte wegen Schwierigkeiten bei den Grundstücksaufkäufen eine Verlegung des Bauplatzes um etwa 1.100 Meter nach Süden stadtferner an die Ausfallstraße nach Rosdorf auf den Ascherberg, bei ansonsten grundsätzlich ähnlicher Disposition der Gesamtanlage. Der neue Standort war in den 1860er-Jahren eine noch unbebaute und unbewaldete Bergkuppe, auf der in den Folgejahrzehnten ein ausgedehntes Areal für Psychiatrische Einrichtungen und Gefängnisse in einer parkartig gestalteten Umgebung entstand. Die Fassadengestaltungen wurden noch einmal vollständig überarbeitet und bekamen neben dem beibehaltenen hannoverschen Rundbogenstil an den Risaliten und Hauptteilen entschiedenere neugotischen Stilformen, die heute vorwiegend Julius Rasch zugeschrieben werden. Der tatsächliche Baubeginn lag im Mai 1863 (Bauinschrift über dem alten Haupteingang: „1864“). Die Eröffnung der Irrenanstalt fand noch zu Zeiten des Königreichs Hannover am 3. April 1866 durch Innenminister Georg Heinrich Bacmeister statt. Erster Anstaltsdirektor war der aus Hamburg nach Göttingen berufene Psychiater Ludwig Meyer, der gleichzeitig einen Lehrstuhl für Psychiatrie an der Universität Göttingen erhielt. Aufgenommen wurden zwei Wochen später 230 geisteskranke Patienten. Der Irrenanstalts-Neubau fand schnell überregionale Aufmerksamkeit. Schon 1866 berichtete die Berliner „Illustrierte Zeitung“ und veröffentlichte erstmals eine der beiden Prachtansichten von Robert Geißler. Die bis 1866 errichtete, ausgedehnte Ursprungsanlage der Göttinger Irrenanstalt besteht aus dem an der Ascherberg-Hangkante stehenden zentralen Dreiflügelbau mit einer nach Südosten zum Leinetal orientierten Hauptfassade. Dieser zwei- bis dreigeschossige Mittelbau enthielt ursprünglich die Verwaltung und Dienstwohnungen. Auf der Rückseite umschließt der Hauptbau mit seinen beiden zweigeschossigen Seitenflügeln (ursprünglich getrennt für männliche und weibliche Kranke) hufeisenförmig einen geräumigen Gartenhof, der nach Nordwesten durch einen Laubengang begrenzt wurde, der in der Mitte den reicher gegliederten, zweigeschossigen Bau der St. Lukas-Anstaltskapelle einspannt. Während sich der aufwändig gestaltete Kirchenraum im Obergeschoss befindet, liegen im Erdgeschoss der ehemalige Anstalts-Festsaal mit einer bauzeitlichen Eisenträger-Decke sowie seitlichen Sälen, die für Vorlesungen in der psychiatrischen Medizinausbildung der Universitätsstudenten dienten. Das ursprünglich hinter dem Kapellenbau anschließende, zentrale Wirtschaftsgebäude (mit Küche, Wäscherei, Vorratsräumen, Schornstein usw.) wurde Anfang der 1980er-Jahre abgerissen. Zum Ursprungsbestand der Anstalt der 1860er-Jahre gehörten auch zwei im Nordwesten ebenfalls symmetrisch angeordnete so genannte Tobsüchtigenhäuser (erhalten heute nur Gebäude Nr. 6). In mehrere Erweiterungsphasen wurden zwischen 1884 und etwa 1925 zahlreiche Gebäude ergänzt, so eine Patienten-„Villa“ (Gebäude Nr. 19, Ascherhäuser Feld 1), zwei symmetrisch links und rechts neben den Hauptgebäude-Seitenflügeln separate Klinikgebäude für Männer und Frauen (Gebäude Nr. 12, 30), eine repräsentative Villa für den Anstaltsdirektor Ludwig Meyer (Gebäude Nr. 33, Rosdorfer Weg 70N), ein zusätzliches „Frauenlazarett“ (Gebäude Nr. 31, Rosdorfer Weg 70A), ein Kegelbahngebäude (Gebäude Nr. 35) und mehrere Wohnhäuser für Ärzte und Pfleger (Gebäude Nr. 14, 15, 18, 19, 29, 38, 39) sowie ein ganzes „Pflegerdorf“ an der Ernst-Schulze-Straße. 1904 wurde die Heil- und Pflegeanstalt institutionell und räumlich nach Südwesten erweitert durch das ummauerte „Verwahrungshaus insozialer Kranker“ (sog. ‚Festes Haus‘, Tonkuhlenweg 30) und 1911-12 die „Provinziale Heil- und Erziehungsanstalt für psychopathische männliche Zöglinge“ (Rosdorfer Weg 76).
- Denkmalbegründung
- An der Erhaltung des historischen Krankenhausensembles (urspr. Königliche Landesirrenanstalt, später Provinzial-Irrenanstalt, Heil- und Pflegeanstalt, Landeskrankenhaus, seit 2007 Asklepios Fachklinikum Göttingen) besteht ein öffentliches Interesse aus geschichtlichen, künstlerischen und städtebaulichen Gründen. Die schon zur Erbauungszeit publizierte, mehrteilige Anlage ist von landes- und ortsgeschichtlicher Bedeutung sowie wegen ihrer krankenhausgeschichtlichen Bedeutung auch von sozialgeschichtlichem Wert. Sie ist zudem bedeutend aufgrund des Zeugnis- und Schauwertes für die Baugeschichte von Anstaltsbauten von der Mitte des 19. bis Anfang des 20. Jahrhunderts, u.a. auch durch die beispielhafte Ausprägung des neugotischen Baustils in Kombination mit älteren Stilelementen des hannoverschen Rundbogenstils. Die Gebäude sind darüber hinaus bedeutend wegen der Beispielhaftigkeit für den Bautypus einer Irrenanstalt der Mitte des 19. Jahrhunderts und als Werk der überregional bedeutenden Architekten Adolf Funk, Julius Rasch und bei den Erweiterungen auch Heinrich Gerber. Die künstlerische Bedeutung besteht im durchentwickelten und gelungenen Entwurf der Gesamtanlage sowie ihrer Details, was sich nicht allein auf das Fassadenäußere beschränkt ist, sondern sich auch auf erhaltene wandfeste Innenraumgestaltungen der Erbauungszeit erstreckt. Es liegt zudem städtebauliche Bedeutung vor, wegen des prägenden Einflusses auf das Orts- und Straßenbild, was vor der Bewaldung des Ascherbergs sogar landschaftsbildprägende Ausmaße hatte.
- GruppenMitglieder (ID | Typ | Adresse)
- 35875465 | Krankenhaus (Bauwerk) | Göttingen, Stadt - Göttingen - Göttingen - Rosdorfer Weg 70
51735645 | Wohnhaus | Göttingen, Stadt - Göttingen - Göttingen - Ascherhäuser Feld 1
51735690 | Wohnhaus | Göttingen, Stadt - Göttingen - Göttingen - Ascherhäuser Feld 4
51736643 | Krankenhaus (Baukomplex) | Göttingen, Stadt - Göttingen - Göttingen - Rorsdorfer Weg 70
51736793 | Krankenhaus (Baukomplex) | Göttingen, Stadt - Göttingen - Göttingen - Rosdorfer Weg 70
51736925 | Kegelbahn | Göttingen, Stadt - Göttingen - Göttingen - Rosdorfer Weg 70
51737019 | Lazarett | Göttingen, Stadt - Göttingen - Göttingen - Rosdorfer Weg 70A
51737091 | Villa | Göttingen, Stadt - Göttingen - Göttingen - Rosdorfer Weg 70N
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ADABweb
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