Altes Gradierwerk
- Landkreis
- Osnabrück
- Gemeinde
- Bad Rothenfelde
- Gemarkung
- Bad Rothenfelde
- Orts-/Stadtteil/Lage
- Bad Rothenfelde
- Adresse
- Am Kurpark o. Nr.
- Objekttyp
- Gradierwerk
- Baujahr
- 1773
- bis
- 1994
- Denkmalstatus
- Einzeldenkmal (gemäß § 3 Abs. 2 NDSchG)
- Bedeutung
- geschichtlich, städtebaulich
- Im Denkmalverzeichnis
- Ja
- Objekt-ID
- 35467526
- Objekt-Nr.
- 12
- Fachbereich
- Bau und Kunst
- Beschreibung
- In unmittelbarer Nähe zur ersten Salzquelle gelegenes Gradierwerk, 1773/74 von Salinedirektor Bartolomäus Lüttich errichtet, nach Entdeckung der Salzquellen in Bad Rothenfelde im Jahr 1724 und im Zusammenhang mit dem Auftrag des Fürstbischofs Ernst August II. von Braunschweig-Lüneburg zum Bau einer Saline. Zweistöckiges Balkenwerk aus dicken Holzschwellen mit Dornen und Solehochbehälter. Um 1926/28 am westlichen Ende mit einem Treppenturm als Stahl-Glas-Konstruktion im Bauhausstil erweitert. Nach Teileinsturz 1989 wurde das Gradierwerk verkürzt und unter Einbeziehung von alten Hölzern und Wetterturm 1994-1996 wieder aufgebaut.
- Denkmalbegründung
- Die Entwicklung von Bad Rothenfelde zur Ortschaft und zur Gemeinde erfolgte erst nach Entdeckung der Salzquellen 1724. In der Folge entstanden Salzgewinnungsanlagen, Wohnungen für Beschäftigte sowie ab Ende des 19. Jahrhunderts verstärkt Gebäude für den Kurbetrieb, welcher in der staatlichen Anerkennung als Heilbad 1965 gipfelte. Mit dem Alten Gradierwerk entstand 1773/74 neben mehreren Solleitungen und Siedekotten das älteste heute noch erhaltene Gebäude der Salzgewinnung in Bad Rothenfelde. Es schloss unmittelbar südöstlich an die erbohrte Quelle an. Innerhalb eines Jahres wurde das Alte Gradierwerk - mit einer Länge von ca. 100 Fuß - zusammen mit der dazugehörigen Betriebmittel wie Wasserrad und Windkunst (-räder) errichtet. Das ursprüngliche, zweigeschossige Fachwerkgerüst war im Bereich der Fundamente mit Schwellen versehen, auf denen zwei Dornenwände mit freistehenden äußeren Säulen und äußeren Sturmstreben den unteren Bereich bildeten. Darauf war auf dem Mittelgebälk ein kleiner Solkasten angebracht, auf dem eine weitere Dornenwand aufragte. Abgeschlossen wurde das Bauwerk von einem mansardartigen Dach mit liegendem Dachstuhl. Mit Hilfe kleiner Windräder oder -flügel wurde die Sole nach oben gepumpt, sodass das Wasser an den Wänden des Gradierwerkes, welche mit Rotdornen bespickt waren, herunterlaufen konnte und durch die Verdunstung des Solegehalt erhöhte (Dorngradierung). Um 1800 waren bereits Änderungen am Gradierwerk nötig: mit dem Umbau von 1808/09 wurden die zwei einzelnen Dornenwände im unteren Bereich zu einer massiven Dornenwand zusammengefasst und das Dach geöffnet. 1818-24 entstand unmittelbar östlich und in einer Linie - als Verlängerung des Alten - das Neue Gradierwerk. So konnte die Gradierung in mehreren Etappen erfolgen: im Alten Gradierwerk erfolgte Sättigung der Sole über 60 Grad auf 100 Grad; so veredelt wurde sie über ein komplexes Rohrsystem zum Neue Gradierwerk geleitet, wo sie bis zu 1800 Grad gesättigt wurde. Das Alte Gradierwerk wurde 1856 mit einem Wetterhaus versehen und wohl 1877/78 vollständig umgebaut. Die Maßnahmen waren wohl unter anderem wegen der Inkrustration der Dornen nötig, wodurch nahezu kein Gradiereffekt mehr erreicht werden konnte. Die dabei vorgenommene Reduzierung im Querschnitt erfolgte durch Verschlankung des Fachwerkgerüst: äußere Säulen und ihre Fundamenten, Spannriegel und große Kopfstreben wurden entfernt, die mächtige Dornenwand im unteren Bereich wurde in zwei schmalere aufgelöst, neue Sturmstreben wurden, sich kreuzend, in der Mitte der Konstruktion eingezogen, wofür eine Verstärkung der Fundamten notwendig wurde. Neben der Aufgabe des Daches wurde die obere Fachwerkkonstruktion neu konzipiert: die zwei Dornenwände wurden so eingerichtet, dass die Außenflächen mit denen darunter bündig lagen. Dieses Prinzip wurde auch beim Neubau des Neuen Gradierwerkes bereits angewendet und machte die Neuerungen in beiden Konstruktionen aus - eine Abkehr von der Form des "Gradier-Hauses". Dieses ist sehr bemerkenswert, denn im Unterschieds zu allen bis zu diesem Zeitpunkt erbauten Gradierwerke, waren nun bei beiden Gradierwerken in Bad Rothenfelde die Balkenwerke so errichtet, dass kein Holz aus den Dornenwänden herausragte und so durch ständige Berieselung mit Sole gegen Fäulnis geschützt waren. Diese Konservierung hielt beim Alten Gradierwerk bis zum Teileinsturz 1989 an. Mit der Entdeckung der Heilkraft von Solequellen zu Beginn des 19. Jahrhunderts und der daraus resultierenden Entwicklung Bad Rothenfeldes ab 1811 zum Bade- und Kurort wurden neben dem Neuen Gradierwerk auch das erste Badehaus im Jahre 1852 und eine Trinkhalle errichtet. Nach Rückgang des Ertrages der Saline, da entsprechende Fabriken nicht den gewünschten Umsatz einbrachten, wurde die Konzentration zum Kur- und Badeort weiter vorangetrieben. Zahlreiche Fremdenzimmer und –heime sowie Klinikbetriebe entstanden, private Logierhäuser mit Restaurationsbetrieben sowie Villen im Landhausstil als Privathäuser. Das Alte Gradierwerk ist daher auch ein wichtiger Bestandteil der Entwicklung des Ortes zu einem Kur- und Badeort, der sich zum einen in der frühindustriellen Phase mit der Einrichtung eines Salzwerkes und entsprechenden Siedeeinrichtungen noch in Fragmenten mit den erhalten Stollen und Gradierwerken zeigt, und zum anderen in den überkommenden Kuranlagen, wie Kurpark, Musikpavillon, Sprudelquellen, Villenbebauung im Nordwesten , Neuen Badehaus und Kurhotel. An der Erhaltung des Alten Gradierwerkes besteht daher aufgrund seiner geschichtlichen Bedeutung für die Orts-, Technik- und Wirtschaftsgeschichte – bis in die 1870er war die Salzgewinnung Haupterwerbszweig in Bad Rothenfelde und wurde unmittelbar vom Kurbetrieb abgelöst –, für die Bau- und Kunstgeschichte - die Erweiterung des Treppenturmes zeigt die typischen Elemente des Bauhausstils -, und aufgrund seiner städtebaulichen Bedeutung mit seinem prägenden Einfluss auf das Ortsbild ein öffentliches Interesse.
- Literatur
-
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ADABweb
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