Stadtwüstung
- Landkreis
- Northeim
- Gemeinde
- Bodenfelde,Flecken
- Gemarkung
- Nienover
- Objekttyp
- Stadtwüstung
- Denkmalstatus
- Einzeldenkmal (gemäß § 3 Abs. 2 NDSchG)
- Im Denkmalverzeichnis
- Ja
- Objekt-ID
- 34816961
- Objekt-Nr.
- 2
- Fachbereich
- Archäologie
- Beschreibung
- Name: Nienover. Relikte einer hoch- bis spätmittelalterlichen Stadtwüstung mit Wall-Graben-Befestigung auf einer Fläche von ca. 300 x 500 m. Es handelt es sich um den sehr seltenen Denkmaltyp einer wüstgefallenen Stadt und um ein einzigartiges Monument der niedersächsischen Landesgeschichte. Nach Feldbegehungen 1994 wurden seit 1996 unter der Leitung von H.-G. Stephan umfangreiche archäologische Untersuchungen auf dem Gelände durchgeführt. Auf Grundlage des bisherigen Forschungsstandes und vor allem der Keramikfunde wurde die Stadt wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des 12. Jhs. von den Grafen von Dassel angelegt. Im 13. Jh. war Nienover lt. H.-G. Stephan wahrscheinlich "wirtschaftlicher Zentralort der Grafschaft mit umfangreicher Eisenverarbeitung auf der Basis des seinerzeit intensiven Bergbaus im Solling". Im 14./15. Jh. erfolgte der Rückgang der Wirtschaftskraft Nienovers und die allmähliche Aufgabe der Stadt, zeitgleich mit dem Wüstfallen nahezu aller ländlicher Siedlungen im Gebirgsgebiet des Solling. Während der jährlichen Grabungskampagnen seit 1996 konnten u.a. wesentliche Erkenntnisse zur baulichen Struktur Nienovers gewonnen werden. Die zumeist ca. 20 m langen giebelständigen Häuser waren als Pfosten- oder Schwellbauten sowie deren Mischformen erstellt worden. Im hinteren Bereich besaßen sie oftmals Holz- oder Steinkeller, die teilweise nach dem frühen Stadtbrand um 1200 weiterbenutzt worden sind. Des Weiteren konnten wiederum diverse Befunde sowie einige Straßenverläufe ergraben werden. Nahe dem Stadtwall ist jedoch aufgrund der Fundarmut nur von einer schütteren oder fehlenden Bebauung auszugehen. Zusammenfassend ergeben die 1996-1998 ausgegrabenen Steinfundamente einen ersten Eindruck von der Bebauung an der O-W orientierten Hauptstraße, die in fast 500 m Länge das Ortszentrum durchzieht und in zwei annähernd gleich große Hälften teilt. Zumindest im Stadtzentrum muss die Bebauung ziemlich dicht gewesen sein. Die Lage der Speicher bzw. Keller wirkt regelhaft. Sie sind 8, 12 bzw. 13 m voneinander entfernt und von der Straße räumlich abgesetzt. Nach den beiden Zerstörungen um 1220 und 1270 verödete die Stadt. Hierdurch eröffnen sich Einblicke in die frühen Entwicklungsphasen einer kleinen deutschen Stadt des Mittelalters. Es werden v.a. Aspekte des Alltagslebens anhand der Befunde und des Fundmaterials erhellt, das die Bewohner Nienovers führten. Insbesondere die mittelalterliche Keramik ermöglicht weitergehende Aussagen, die den Wandel von relativ archaischen, formal und technologisch einfachen Inventaren um 1200 bis hin zu anspruchsvollen und vielfältigen Geschirrensembles für die Tafel der Zeit um 1250 manifestiert. Die wüstgefallene Stadt Nienover ermöglicht durch umfangreiche archäologische Untersuchungen vielfältige Einblicke in das Alltagsleben im deutschen Mittelalter. Sie erhellen gleichzeitig den Wandel der mittelalterlichen Gesellschaft, die zu dieser Zeit verschiedenen Faktoren unterlegen war. Bevölkerungswachstum, wirtschaftlicher Aufschwung und technische Neuerungen sind nur einige wichtige Aspekte, die die damalige Gesellschaft prägten. Im Jahr 2007 wurde über einem ausgegrabenen Keller eines straßennahen Hauses auf wissenschaftlicher Grundlage ein städtisches Fachwerkhaus aus der Zeit um 1230 von einem Bauhistoriker rekonstruiert und errichtet.
- Literatur
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- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ADABweb
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