Hofbeamtenhaus
- Landkreis
- Wolfenbüttel
- Gemeinde
- Wolfenbüttel, Stadt
- Gemarkung
- Wolfenbüttel
- Orts-/Stadtteil/Lage
- Wolfenbüttel
- Adresse
- Reichsstraße 3
- Objekttyp
- Wohn-/Geschäftshaus
- Baujahr
- um 1590
- Denkmalstatus
- Teil einer Gruppe baulicher Anlagen (gemäß § 3 Abs. 3 S. 1 NDSchG)
- Bedeutung
- geschichtlich, künstlerisch, wissenschaftlich, städtebaulich
- Im Denkmalverzeichnis
- Ja
- Objekt-ID
- 33880318
- Objekt-Nr.
- 400
- Fachbereich
- Bau und Kunst
- Beschreibung
- Das ehem. Wohnhaus des Hofbeamten und Amtmann Reichen, nach welchem auch die Bezeichnung des Straßenzugs Reichsstraße abgeleitet wurde, ist um 1590 als Wohnhaus mit Brauhaus-Nebengebäude errichtet worden. Traufständiger Fachwerkbau auf Kalksteinsockel mit zwei symmetrisch angeordnet wirkenden Erkern, darüber Zwerchhäuser unter steilen Satteldächern. Fachwerkhölzer mit Renaissancedekor versehen: straßenseitig Traufschwelle mit Schiffskehlenmotiv, profilierte Stockwerkschwelle, Balkenköpfe und Füllhölzer, Auskragungen auf profilierten Konsolknaggen mit Beschlagwerk-Ornamentik und Diamantköpfen. Erstes Obergeschoss und Erker dreifach auskragend über seitlich reich verzierten Volutenkonsolknaggen. Teilunterkellerung mit zweiteiligem Kreuzgratgewölbe. Im Inneren breite Treppenanlage, die zu einem Zwischengeschoss mit Galerie führt und straßenseitig angelegte Enfilade. Von dieser der linke Saal allseitig und raumhoch mit Leinwand bezogen, illustriert mit Malereien des Hofmalers Heinrich Christoph Pickhardt um 1750. Dargestellt sind Szenen des Hofes, eine kostümierte Parkgesellschaft und Personen beim Tanz, welche ehemals in geschnitzten Rahmenleisten eingefasst war. Die qualitätvollen Ausstattungsmerkmale veranschaulichen sämtliche Bauphasen von der Renaissance bis zum Neubarock des 19. Jh. und umfassen Fenster, Innentüren (inklusive Beschläge) sowie Treppenanlagen, Fußböden (Dielen mit Intarsien) und Brüstungsvertäfelungen, Stuckaturen, Ofennischen und Lambris mit Rokokodekor. Innerer Eingangsbereich der Diele mit breiter, zweiläufiger barocker (Erdgeschoss-Zwischengeschoss um 1700) bzw. Rokoko-Treppe (um 1750). Die Treppenanlage wurde bei der letzten umfassenden Neugestaltung der Beletage um 1750 zwischen Zwischen-, Ober-, und Dachgeschoss neu errichtet. Es ergibt sich die Bauchronologie wie folgt: Errichtung um 1590, Rokoko- Umbauphase 2. H. 18. Jh. (v.a. Obergeschoss betreffend), um 1888/1889 Ladeneinbau und Nebengebäude als Lager bzw. zur Wirtschaftsnutzung ersetzt.
- Denkmalbegründung
- Kurz nachdem die planmäßige und streng symmetrische Erweiterung der Residenz Wolfenbüttel, der Ausbau der Heinrichstadt und die militärische Sicherung durch Festungsanlagen ab dem Jahr 1580 durch Herzog Julius (reg.1568-1589) erfolgte, ist das Hofbeamtenhaus Reichsstraße 3 entstanden. Die Vergabe der Grundstücke rund um die prominente Platzanlagen Kornmarkt und Holzmarkt nördlich gegenüber der Hauptpfarrkirche erfolgte an hochrangige Beamte. Somit ist es eines einer ehemals in einer Vielzahl vorhandenen Häuser dieses Bautyps, die als weitgehend einheitlich Bebauung der nördlichen Straßenfluchten von Reichsstraße und Kornmarkt als stattliche Fachwerkbauten auftraten und das Erscheinungsbild Wolfenbüttel bis heute prägen. Das repräsentative Wohnhaus ist ein baugeschichtlich wie auch gebäudetyplogisch bedeutsamer Bau eines Hofbeamtenhauses des ausgehenden 16. Jh.: die auf breiten Parzellen traufständig ausgerichtete Bauten sind gekennzeichnet durch scheinbar symmetrische Fassaden mit Erkern, Zwerchhäusern unter steilen Satteldächern und aufwändigem Schnitzwerk an Knaggen, Füllhölzern und weiteren konstruktiven Hölzern. Im Inneren der Häuser waren hohe Dielen, davon seitlich abgehend zumeist unterkellerte Wohnräume und rückwärtig Küchentrakt anzufinden; in den Obergeschossen dann repräsentative Räume, meist in Anordnung einer Enfilade. In der Fülle seiner historischen Ausstattungen von teilweise herausragender Qualität und überregionaler Bedeutung liegen baukünstlerische, kunsthistorische und wissenschaftliche Zeugniswerte des Anwesens Reichsstraße 3 begründet. Es hat sich ein authentischer Erhaltungszustand mit einem hohen historischen Aussagewert eines für das bis in das späte 18. Jahrhundert als Hofbeamtenhaus genutzte Bauwerk erhalten, da bis auf die Umbauten des späten 19. Jahrhunderts keine wesentlichen, substanziellen Veränderungen vorgenommen worden sind. Es liegen mit einer überwiegend noch aus der Barockzeit überlieferten Raumstruktur und einer ungewöhnlichen Fülle historischer Ausstattungen somit authentische Schauwerte mit Bedeutung für die Orts-, Sozial-, Kultur- und Baugeschichte vor. Die Innenraumdekorationen des Wohnraumes der Beletage, die dem Hofmaler Heinrich Christoph Pickhardt zugeschrieben wird aufgrund der Inschrift "Piccard fecit" am Bildrand, ist ein kunsthistorisch bedeutsames Zeugnis qualitätvoller Malerei um 1750. Solche mit Malereien versehenen textilen Wandbespannungen unterschiedlicher Materialität waren seit um 1700 verbreitet, sie stellen Vorstufen der Papiertapeten dar und beinhalten wiederum Schauwerte für die Entwicklung der Wohnraumkultur im Umfeld eines Hofes seit der Renaissance. Dieses besondere Merkmal ist eines von weiteren Ausstattungsdetails des Rokoko in Form von Schnitzereien, Intarsien und Bauformen, die sich erhalten haben und den besonderen künstlerischen sowie wegen der authentischen und ungestörten Überlieferung auch einen wissenschaftlichen Wert von überregionaler Bedeutung des Gebäudes mit hoher Aussagekraft für die Zeit des Rokoko ausmachen. Aufgrund der geschichtlichen, künstlerischen, wissenschaftlichen und auch städtebaulichen Bedeutung liegt die Erhaltung des Hofbeamtenhauses Reichsstr. 3 im öffentlichen Interesse.
- Literatur
- Weiterführende Links
- Denkmaltopographie Stadt Wolfenbüttel, Teil 1: Objekterwähnung.
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ADABweb
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