Ehem. Synagoge Burgdorf
- Landkreis
- Region Hannover
- Gemeinde
- Burgdorf, Stadt
- Gemarkung
- Burgdorf
- Orts-/Stadtteil/Lage
- Burgdorf
- Adresse
- Poststraße 2
- Objekttyp
- Synagoge
- Baujahr
- 1811
- Denkmalstatus
- Einzeldenkmal (gemäß § 3 Abs. 2 NDSchG)
- Bedeutung
- geschichtlich, städtebaulich
- Im Denkmalverzeichnis
- Ja
- Objekt-ID
- 30963736
- Objekt-Nr.
- 99
- Fachbereich
- Bau und Kunst
- Denkmalthema
- Synagogen
- Jüdische Topographie Beschreibung Die Synagoge in Burgdorf wurde auf dem Eckgrundstück Poststraße 2/Louisenstraße errichtet. Das erhaltene Fachwerkgebäude auf Werksteinsockel mit Walmdach war 1811 als Gebäude für die jüdische Gemeinde errichtet worden und verfügte über zwei Nutzungen: einen zweigeschossigen, zur Poststraße gelegenen Wohn- und Eingangsteil, in dem ein Lehrer der jüdischen Schule wohnte, sowie einen im westlichen Grundstücksteil befindlichen, über beide Geschosse reichenden Synagogenraum. Entlang der Südwand spannte die ehemalige Frauenempore über die gesamte Synagogenraumbreite. Unter der Empore befand sich in der Westwand ein Nebeneingang zum Männerraum. Der Umstand, dass der Hauptzugang zum Gebäude von Osten erfolgte, bedingt einige bauliche Besonderheiten: So tritt der Toraschrein nicht nach außen in Erscheinung, sondern lag an einer Innenwand zum Flur. Der Zugang zum Männerraum erfolgte daher an derselben Wand unterhalb der Frauenempore. Aufgrund der Erwähung des „alten Ritus“ ist anzunehmen, dass die Inneneinrichtung der Synagoge der klassischen Anordnung mit einer Bima im Zentrum folgte und dass die Frauenempore vergittert war. Die ehemalige Gebäudestruktur lässt sich an der Nordfassade an der Louisenstraße noch ablesen: Während der östliche Eingangsteil eine bündig abgezimmerte Geschossdecke zeigt, weist der westliche Synagogenbereich durchgehende Fachwerkständer auf. Auf die einstige sakrale Nutzung wiesen zwei schlanke, ca. 4 m hohe Rundbogenfenster hin. Die Fass Die Dachkonstruktion ist als einsäuliger Kehlbalkendachstuhl ausgebildet; die große stützenfreie Überspannung des ehemaligen Synagogenraums wurde durch ein doppeltes Hängewerk erreicht, das in Ost-West-Richtung über dem Saal spannte. Quer dazu verläuft ein einfaches Hängewerk mit Zugeisen. An der Ostfassade zur Poststraße ist über die gesamte Gebäudebreite ein Giebel aufgebaut. Während die Fassaden, insbesondere das Fachwerk, noch weitestgehend im Orginalzustand bzw. -struktur befindet, wurde das Gebäude im Inneren wurde mehrfach überformt. So wurde bereits im Jahr 1939 eine Zwischendecke mit einer Stütze im ehemaligen Synagogensaal eingezogen und im Obergeschoss Wände für die Büronutzung integriert. Im Zuge des Umbaus zu einem Geschäftshaus im Jahr 1977 wurden die Wände des Wohn- und Eingangsteils entfernt und eine neue Decke eingezogen. Hinzu kamen weitere Innenwände, ein zusätzlicher Eingang in der Westfassade und eine neue Treppe in das Obergeschoss; im Obergeschoss wurden hierbei Wände erneuert. Die Fassaden wurden im Zuge der Umbauten mehrfach verändert, so wurden 1943/44 ein Zugang von der Louisenstraße geschaffen und 1977 die Brüstungen der straßenseitigen Erdgeschossfassaden zugunsten von geschosshohen Schaufenstern entfernt. Im Zuge der Umnutzung zum Kulturzentrum fanden 2008 erneut Baumaßnahmen am Gebäude statt, u. a. wurden die Fensterbrüstungen im Erdgeschoss wiederhergestellt. In der Synagoge in Celle ist ein versilberter Messing-Kidduschbecher mit Gravuren für den Sabbat erhalten und ausgestellt, der auf einem Flohmarkt in Burgdorf gekauft wurde und vermutlich aus einer Burgdorfer Familie stammt. [arcinsys] Geschichte Die Synagoge in der Poststraße wurde 1811 errichtet, nachdem der Vorgängerbau, vermutlich an der Ecke Braunschweiger Straße/Knickstraße, beim Stadtbrand vom 25.06.1809 zerstört wurde. [Naujoks/Obenaus 2005, S. 386] Mit Erlass der Landdrostei Lünebug vom 12.01.1844 wurden die Ortschaften Burgwedel und Isernhagen der Synagogengemeinde Burgdorf zugeordnet. [Naujoks/Obenaus 2005, S. 387] Der Lehrer H. D. Roßbach hatte 1831 seine Wohnung in der Synagoge. [Naujoks/Obenaus 2005, S. 387] Zum 24.12.1877 wurden die Jüdinnen und Juden aus Lehrte dem Synagogenbezirk Burgdorf angeschlossen. [Naujoks/Obenaus 2005, S. 389] Die Burgdorfer jüdische Gemeinde blieb im Verlauf des 19. Jh. orthodox, ihre Liturgie richtete sich nach „altem Ritus“. [Naujoks/Obenaus 2005, S. 387] Im Museum Burgdorf befindet sich eine Gedenktafel aus dem Jahr 1921 für die jüdischen Gefallenen des Ersten aus der Synagogengemeinde in Burgdorf. Die Inschrift lautet: „Die Synagogengemeinde in Burgdorf in treuem Gedenken an ihre im Weltkriege 194–1918 fuer das Vaterland gefallenen Soehne. Samuelson Artur, gef. 8. IX.1914; Samuelson Martin, gef. 19.X.1914; Meyer Fritz, gef. 25.IX.1915; Cohn Carl, gef. 23.IX.1916; Hermann Leopold, gef. 1.X:1916; Moosberg, Fritz, gef. 7.XII.1916. Wie sind die Helden gefallen mitten in dem Streit!“ [i. O. in Versalien] Der letzte Satz wird auf Hebräisch wiederholt. Die Tafel zeigt zwei Davidsterne und eine brennende Menora mit zwei Standfüßen. Seit 1935 brachte die jüdische Gemeinde in Burgdorf keinen Minjan mehr zusammen und es wurden vermutlich keine Gottesdienste mehr gefeiert. [Naujoks/Obenaus 2005, S. 390] Durch Intervention des Stadtbrandmeisters Adolf Michelssen wurde die Synagoge in Burgdorf in der Pogromnacht 1938 nicht in Brand gesteckt; Michelssen befürchtete ein Übergreifen auf die benachbarten Gebäude. [Naujoks/Obenaus 2005, S. 390] Die Stadt Burgdorf kaufte das Synagogengebäude am 17.02.1939 für 2.500 RM; die Bannführung der Hitlerjugend richtete nach einem Umbau hier ihre Geschäftsstelle ein, während die verbleibenden Räume als Wohnungen genutzt wurden. [Manuskript; Naujoks/Obenaus 2005, S. 390] Zwischen 1944 und 1959 wurde das ehemalige Synagogengebäude als Stadtbücherei genutzt, im Zuge der Umnutzung wurde 1943/44 in die Nordfassade eine Tür eingebaut. Im Jahr 1945 werden fünf aus den ehemaligen Ostgebieten vertriebene Familien im Gebäude einquartiert. [Manuskript] Die Stadt Burgdorf leistete 1959 nach einem Vergleich eine Nachzahlung von 6.100 DM an die JTC, weil sie das Synagogengebäude 1939 unter Wert erworben hatte. [Naujoks/Obenaus 2005, S. 390] Durch Tausch überließ die Stadt Burgdorf dem Brennereibesitzer und Gastwirt Hermann Wietfeldt das ehemalige Synagogengebäude. Im Jahr 1977 erfolgte der Umbau zu einem Geschäftshaus. [Manuskript] Im Jahr 1978 wurde eine Gedenktafel am Gebäude angebracht, deren Inschrift lautet: „Dieses 1811 gebaute Haus diente der jüdischen Gemeinde als Synagoge. 1939 erwarb die Stadt Burgdorf das Gebäude und nutzte es bis 1959 als Bücherei, bevor es 1961 weiterverkauft wurde.“ [i. O. in Versalien] Die Gedenktafel zeigt das Stadtwappen. Seit 2008 wurde im ehemaligen Synagogengebäude die Kultur-Werk-Stadt eingerichtet und neben dem Hauptzugang eine neue Gedenktafel angebracht: „Synagoge (1811–1939) Die jüdische Gemeinde Burgdorfs erbaute dieses Haus 1811 als Synagoge. 1939 wurde sie gezwungen, das Gebäude an die Stadt Burgdorf zu verkaufen. Es wurde ab 1941 als Geschäftsstelle der Hitler-Jugend genutzt und von 1944 bis 1959 als Volksbücherei. 1961 ging es in Privatbesitz über. Im Jahr 2008 wurde es zu einer Stätte der Begegnung und der Kultur. Die Stadt Burgdorf gedenkt ihrer jüdischen Bürgerinnen und Bürger, die Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung geworden sind.“ [zit. n. Wikipedia] Literatur Manuskript Handbuch jüdischer Ritualbauten Niedersachsen | Bet Tfila – Forschungsstelle für jüdische Architektur in Europa, TU Braunschweig Naujoks/Obenaus 2005 Naujoks, Antje/Obenaus Herbert: Burgdorf. In: Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen, Bd. 1, hg. von Herbert Obenaus in Zusammenarbeit mit David Bankier und Daniel Fraenkel. Göttingen 2005, S. 384–394.
- Beschreibung
- Zweigeschossiger Fachwerkbau unter Walmdach in Ecklage mit bündig abgezimmerten Geschossen und geschosshohen Schrägstreben, zur Poststraße hin symmetrische Fassade mit dem Walmdach vorgestelltem Dreiecksgiebel.
- Denkmalbegründung
- Die ehemalige Synagoge wurde 1811 von der Jüdischen Gemeinde Burgdorfs am südlichen Rand des historischen Ortskerns erbaut. Der in Burgdorfer Tradition errichtete Fachwerkbau beherbergte an der Straße die Schulräume und dahinter anschließend den Saalbau der Synagoge, der ursprünglich durch große Rundbogenfenster belichtet wurde. 1938 wurde das Gebäude verwüstet, 1939 musste die Gemeinde ihre Synagoge an die Stadt Burgdorf verkaufen. Ab 1941 war hier die Geschäftsstelle der Hitler-Jugend untergebracht, von 1944 bis 1959 diente der Bau als Bücherei. Seit 2008 beherbergt er ein Kulturzentrum. An der Erhaltung der ehemaligen Synagoge von Burgdorf besteht aufgrund ihrer geschichtlichen Bedeutung sowohl für die religiöse und politische Geschichte als auch für die Orts-, Siedlungs- und Sozialgeschichte sowie aufgrund ihrer städtebaulichen Bedeutung als Gebäude mit prägendem Einfluss auf das Straßenbild ein öffentliches Interesse.
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ADABweb
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