Vierständer-Längsdielenhaus
- Landkreis
- Lüchow-Dannenberg
- Samtgemeinde
- Lüchow (Wendland) [Sg]
- Gemeinde
- Wustrow, Stadt
- Gemarkung
- Güstritz
- Orts-/Stadtteil/Lage
- Güstritz
- Adresse
- Im Rundling 13
- Objekttyp
- Wohn-/Wirtschaftsgebäude
- Baujahr
- 1852
- Denkmalstatus
- Teil einer Gruppe baulicher Anlagen (gemäß § 3 Abs. 3 S. 1 NDSchG)
- Bedeutung
- geschichtlich, städtebaulich
- Im Denkmalverzeichnis
- Ja
- Objekt-ID
- 30886500
- Objekt-Nr.
- 89
- Fachbereich
- Bau und Kunst
- Beschreibung
- Von dem großen Gebäudebestand der Hofstelle sind heute noch ein mehrfach umgenutztes Nebengebäude von inschriftlich „1834“, die ebenfalls umgenutzte Scheune verm. von 1852 und das Haupthaus von 1852 erhalten. Diverse jüngere Schauern auf dem rückwärtigen Hofplatz sind ohne Relevanz. Auffallend ist das frühzeitige Erscheinen eines „Nebenwohnhauses“ bzw. „Häuslingshauses“, wie sie für Güstritz in auffallend hoher Zahl überliefert sind. Diese Nebenwohnhäuser für eine große bäuerliche Unterschicht ist nur mit dem hohen Arbeitskräfteeinsatz im lukrativen Leinengewerbe vorstellbar. Entgegen der meisten anderen Hofstellen im Dorf änderte sich nach dem Dorfbrand von 1851 der Standort des Haupthauses. Im Zuge des Wiederaufbaus im Frühjahr 1852 wurde das Haus nach Norden verschoben, sodass die neue Hofzufahrt nunmehr auf der Südseite lag. Allein die Scheune hat ihren Standort gegenüber 1832 nicht verändert. Zwischen 1880 und 1909 haben viele Wirtschaftsgebäude ihre Funktion untereinander gewechselt, aus einem „Backhaus“ wurde ein „Stall“, aus einem „Stall“ ein „Häuslingshaus“, aus einem „Stall mit Backhaus“ ein „Schweinestall“ und aus einem Nebenwohnhaus ein Backhaus“. Da sich dieser Nutzungswandel im 20. Jh. fortgesetzt hat und charakteristisch für die Hofstellen im Wendland ist, lässt sich die ursprünglich Bedeutung von Nebengebäuden wie der Remise westlich vom Haupthaus auf der Grundstücksgrenze zu Hof Nr. 12 nur schwer deuten. Haupthaus: Hilfreich bei der Bewertung des Haupthauses sind neben der Begehung 2022 die historische Ansicht von Südwesten aus der Zeit um 1910 (siehe Ansichtskarte, Wendland-Archiv, Nr. 42654) sowie die Fotografien der Begehung von 1978. Auffallend sind auf der historischen Abbildung die Beschattungsvarianten. Die drei nach Süden ausgerichteten Fenster der Stube im Erdgeschoss werden durch Klappläden gegen Sonne geschützt, im Obergeschoss erfolgte eine vollflächige Berankung mittels eines Spaliergitters. Der besonders exponierte Westgiebel, der ab dem frühen Mittag bis zum Sonnenuntergang in der Sonne liegt, hatte eine Beschattung durch insgesamt 5 hochstämmige Spalierbäume, vermutlich Linden, die in einem Abstand von rund 1,5 m vor den Westgiebel gesetzt wurden. Der umfangreiche Wohnteil des ansonsten klassischen Vierständer-Hallenhauses wurde innerhalb des Haupthauses mehrfach erweitert, indem das Zwischengeschoss nach Süden zum Vollgeschoss unter Anhebung der Dachflächen zwischen 1852 und 1909 ausgebaut wurde. Zwischen 1864 und 1909 wurde die Versicherungssumme vier Mal erhöht (1865, 1880, 1890 und 1909), was nicht zwingend auch eine bauliche Maßnahme bedeutet. Zwei unmittelbar nebeneinander liegende Hauptzugänge von Süden aus der Hofzufahrt führten demnach über einen Stichflur bis in die Längsdiele im Wirtschaftsteil und über eine Querdiele mit Zwerchhaus im Obergeschoss in den Wohnteil. Möglicherweise wurde Letztere als Neuerung erst im späten 19. Jh. in Verbindung mit einer Scherwand in der Längsdiele eingefügt. Das Einkürzen der Wirtschaftsdielen und Stallbereiche im Haupthaus hat bereits frühzeitig ab der Mitte des 19. Jhs. im Wendland begonnen und wird bis heute noch vielerorts fortgesetzt, um die untergenutzten Wirtschaftsbereiche zum Wohnen nutzen zu können. Die ältere Form ist der Zugang über die Längsdiele in den Wohnteil. Ein Keller mit Kellerboden unmittelbar östlich des Zugangs in die Längsdiele ist nicht mehr erhalten. Bei einem Umbau wurde in zwei Phasen zwischen 1950 und 1978 die komplette südliche Traufseite entweder massiv erneuert (Wirtschaftsteil) oder lediglich mit Vormauersteinen verblendet (Wohnteil). Dieser Eingriff wurde ab 2020 zurückgebaut und dabei das komplette Gebäude bis auf Dachbereiche über der Längsdiele zu Wohnzwecken ausgebaut. Die Rekonstruktion in Fachwerk erfolgte frei. Dabei wurden auch Teile der inneren Ständerreihen nicht in Eiche sondern in Nadelholz mit geringeren Querschnitten und abweichend im nicht gebundenen System erneuert. Die Längsdiele wurde auf einen Bereich zwischen dem 1. und 8. Gebinde von Osten reduziert, sodass die Torsituation und die Dreischiffigkeit nachvollziehbar blieben. Das nördliche Seitenschiff diente bis weit in das 20. Jh. der Aufstallung von Großvieh, wie an den erhaltenen Kuhnackenriegeln zu erkennen ist. Das Gebäude wurde zu einer Hausgemeinschaft mit drei separaten Wohneinheiten und Gemeinschaftsräumen tiefgreifend umgebaut. Dabei wurden das ehemalige Zwischengeschoss und der Dachraum über dem Wohnteil ausgebaut, die Dachanhebung im Wohnteil auf der Südseite beibehalten. Die Ansicht zum Dorfplatz mit dem Dielentor, das sich zu einer Loggia nach Innen öffnen lässt, blieb auch mit den beiden charakteristischen Stalltüren, dem engen Gitterfachwerk und den Lüftungsöffnungen im Giebeldreieck erhalten. Die das Dorfbild prägende Fassade, Kubatur und der Charakter des Haupthauses als Vierständer-Hallenhaus sind damit vollständig gewahrt. Die große, reich befensterte Eckstube an der Südwestecke blieb erhalten. Anstelle der großformatigen Zementfaser-Wellplatten erhielt der Bau eine Eindeckung mit naturroten Hohlfalzziegeln. Die wesentlichen Inschriften konzentrieren sich am Ostgiebel zum Dorfplatz (siehe Wendland-Archiv, Archiv-ID: 580437). Im Torsturz werden die Bauherren, „Joachim Heinrich Grambeck“ und „Anne Elisabeth Grambeck, geb. Schulz“, sowie das Richtdatum „Den 3. April 1852“ genannt. Die Hauptinschrift auf der Dachbalkenebene nimmt Bezug auf das Brandereignis. Entnommen aus Vers 2 von Lied 768 aus dem Evangelisch-Lutherischen Gesangbuch steht dort zu lesen: „O Gott, was für ein Jammer traf uns doch diese Nacht ! daß wir wurden durch Feuers flammen um unser liebes Haus gebracht. Von dir kommt aller Segen aus deiner treuen starken Hand gehen wir auf unsern Wegen nach Pflicht Beruf und Stand. Amen in Gottes Namen“. Die darüber liegende Inschrift auf der Kehlbalkenebene ist Vers 2 Lied 1405 aus dem Geistlichen Liederschatz entnommen: „Dann fällt Dein Gnadenthau auf unser Thun und Werk und giebt uns Kraft und Stärke zu unserm Kummerbau u.s.w.“. Denkmalbegründung: Das Vierständer-Hallenhaus ist aufgrund seiner das Dorfbild und die Rundlingsstruktur prägenden Bedeutung zusammen mit den Freiflächen der Hofstelle nach § 3(3) NDSchG ausgewiesen. Aufgrund der starken äußerlichen Eingriffe bis 1978 wurde auf eine Ausweisung als Einzelbaudenkmal nach § 3(2) NDSchG verzichtet. Nach der erfolgten Sanierung in den Jahren 2020-22 ist dies aufgrund der inneren Eingriffe auch nicht mehr möglich. Scheune: Die um 1970 zum Viehstall mit massiven Außenwänden umgebaute ehemalige Fachwerk-Scheune ist als einziges Gebäude der Hofstelle am alten Standort von 1832 erhalten geblieben. Nach 1852 stand sie mit leicht abgewinkelter Firstlinie gegenüber dem Haupthaus in der direkten Verlängerung der neuen Hofzufahrt. Die Giebeldreiecke in einem Gitterfachwerk und das Dachwerk mit neun Gebinden sind von der historischen Scheune erhalten geblieben. Die Ostseite zu Hofplatz ist als Schauseite auch mit einer Inschrift versehen. Es handelt sich um den ersten Vers aus dem bekannten evangelisch-lutherischen Kirchenlied: „In Gottes Namen fang ich an“. Die Inschrift ist stark verwittert und im Abschluss schwer zu lesen: „In Gottes Namen fang ich an Was nur zu thun gebühret. Mit Gott wird alles wolgethan Und glücklich ausgeführet. Was man in Gottes Namen (thut, ist allenthalben recht und gut und kann uns auch gedeihen)“. Die Vollständigkeit eines Verses war nicht zwingend, da alle diese bekannten Kirchenlieder ohnehin kannten und vervollständigen konnten. Eine weitere Inschrift befindet sich auf Höhe der Kehlbalkenlage. Die Gefache sind bauzeitlich mit roten Ziegeln in Lehmmörtel ausgefacht und mit einer Kalkfuge versehen. Das westliche Giebeldreieck, ursprünglich vermutlich wie das Haupthaus verbrettert, wurde um 1970 mit Zementfaserplatten behängt. Die Dachflächen sind mit großformatigen Zementfaser-Wellplatten eingedeckt. Noch heute nimmt eine leicht aus der Mitte verschobene Längsdurchfahrt Bezug auf die einstige Dreischiffigkeit. Die Scheune wurde vermutlich 1852 am Standort der Vorgängerscheune als Vierständer-Längsdurchfahrtsscheune errichtet. Die Scheune in typischer Lage und Ausrichtung zum Haupthaus und zum Dorfplatz ist wesentliches Element der Rundlingsform des Dorfes. Sie gehört zu sonstigen, besonders erhaltenswerten Bausubstanz im Dorf. Nebengebäude: Das sieben Gebinde lange Nebengebäude in Fachwerk auf der nördlichen Grundstücksgrenze zu Nr. 12 dient heute als Carport. Es wird mit zwei Stellplätzen von Süden an der Traufseite quer erschlossen. Das Dach ist mit diagonal verlegten Zementfaserplatten eingedeckt. Der Drempel und der Ladeerker nach Süden zeugen von einer Zwischennutzung. Möglicherweise handelt es sich um eines der wenigen Wirtschaftsgebäude, das den Brand von 1851 überstanden hat. Im Ostgiebel ist eine Inschrift mit der Datierung erhalten geblieben: „Laß mich allein auf Jesum bauen, laß mich in allem meinem Thun voll Hoffnung dir mein Gott vertraun und in der Zuversicht beruhn du werdest auf mein Bestes sehn. Den 10.(?) März 1834“. Eine Einfahrt im Ostgiebel ist in Fachwerk zugesetzt. Demnach handelte es sich ursprünglich um ein zweischiffiges Gebäude. Vor dem Brand von 1851 ist im Brandkassenbuch ein Backhaus mit Wagenremise verzeichnet. Vermutlich handelt es sich dabei um dieses später mehrfach umgenutzte Gebäude. Auf dem Bestandsplan von 1832 ist an gleicher Stell ein kleineres Gebäude verzeichnet. Das Wirtschaftsgebäude gehört zu sonstigen, besonders erhaltenswerten Bausubstanz im Dorf. Kellmann, 17.01.2023
- Denkmalbegründung
- An der Erhaltung des Wohn-/Wirtschaftsgebäudes Im Rundling 13 in Güstritz (Wustrow) besteht aufgrund seiner geschichtlichen und städtebaulichen Bedeutung ein öffentliches Interesse.
- Gruppen (ID | Typ | Beschreibung)
- 30829177 | Rundlingsdorf | Rundling Güstritz (Siedlungslandschaft Rundlinge im Wendland)
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ADABweb
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