Villa Simon

Stolpersteine Schlesinger (2023)

Ansicht von Nordwesten (2023)

Traufe, Südseite (2023)

Westfassade (2023)

Ansicht von Südwesten (2023)

Villa Simon auf dem Messtischblatt der Preußischen Landesaufnahme von 1898 (2023)

Anbau, von Süden (2015)
- Landkreis
- Region Hannover
- Gemeinde
- Hannover, Stadt
- Gemarkung
- Hannover
- Orts-/Stadtteil/Lage
- Calenberger Neustadt
- Adresse
- Brühlstraße 27
- Objekttyp
- Villa
- Baujahr
- 1858
- bis
- 1860
- Personen
- Tramm, Christian Heinrich
- Denkmalstatus
- Einzeldenkmal (gemäß § 3 Abs. 2 NDSchG)
- Bedeutung
- geschichtlich, städtebaulich
- Im Denkmalverzeichnis
- Ja
- Objekt-ID
- 30759997
- Objekt-Nr.
- 205
- Fachbereich
- Bau und Kunst
- Denkmalthema
- Hannover-Unesco-City-of-Music Hannoversche-Schule
- Beschreibung
- Zweigeschossiger Putzbau in romantisch beeinflusstem Rundbogenstil auf hohem Sockelgeschoss unter flachem Walmdach. Das weit überstehende Dach ist durch ein befenstertes Kranzgesims halbgeschossartig erhöht. Rückseitig ist das Sockelgeschoss durch eine quer angebaute Remise erweitert. Auf die Herrenhäuser Allee ausgerichtet schließt sich im Nordwesten ein eingeschossiger Standerker mit Balkon, direkt daneben in der Mittelachse ein turmartig erhöhter zweiachsiger Risalit mit Aussichtsplattform an. Balkone und Aussichtsplattform sind durch Balustraden in Naturstein gesichert. Die Fassaden im Erdgeschoss gliedern rechteckige Fenster, große Rundbogenfenster bestimmen die Beletage und das Obergeschoss des Risalits. Sie sind durch runde konsolengestütze Stuckbedachungen verziert, die aufgrund ihres stilprägenden Einflusses auch "Trammsche Bögen" genannt werden. Die straßenseitige, symmetrisch gegliederte Hauptfassade besitzt an den mittleren drei Achsen einen gering ausladenden Balkon mit Natursteinbalustrade. Das Wandfeld über den mittleren Rundfenstern ist durch Stuck in perpendikular-gotischen Zierformen geschmückt. In dem damals noch überwiegend für Gartenhausbebauung genutzten Vorort Königsworth, der kurze Zeit später eingemeindet wurde, ließ sich der Rechtsanwalt Eduard Simon (1805-1867) ab 1858 vom hannoverschen Architekten Christian Heinrich Tramm (1819-1861) eine auf die Herrenhäuser Gärten ausgerichtete Villa bauen, die er bis zu seinem Tod bewohnte. Tramms für eigene Zwecke 1850/51 am Schiffgraben gebaute Wohnhaus diente als Vorbild, es besaß auch einen sehr ähnlichen Risalit mit erhöhter Aussichtsplattform. Simons Erben verkauften die Königsworther Villa 1895 an den Unternehmer Joseph Berliner (1858-1938). Mit seinem Bruder Emil (1851-1929), der als Erfinder der Schallplatte und des Grammophons gilt, gründete er kurze Zeit später die weltweit erste Fabrik für eine Massenanfertigung von Schallplatten, die Deutsche Grammophon Gesellschaft. Emil Berliner war bereits 1877 in den USA erfolgreich mit der Entwicklung eines Mikrophons für das erste marktreife Telefon. Zahlreiche Patente folgten, u.a. im Bereich der Luftfahrt. Die Villa Simon wurde 1938, nachdem die Eltern verstorben waren, von Josephs Tochter Klara Berliner bewohnt, die dort Familienangehörige und Bekannte aufnahm. Ab 1939 wurden weitere Familien jüdischer Herkunft zwangseingewiesen. Nach dem Verkauf des Hauses an die Stadt 1941 zog Klara Berliner in ein jüdisches Altersheim in Hannover, von dort wurde sie 1943 in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo sie kurze Zeit später starb. Vor der Villa Simon erinnern Stolpersteine an die ehemaligen Bewohner Martin und Betty Schlesinger, die unmittelbar nach dem Verkauf des Hauses deportiert wurden und in Riga starben. Die fragwürdigen Umstände des Verkaufs führten 1952 zu einer Rückgabe des Hauses an Angehörige der Familie Berliner, die es an das Land Niedersachsen verkauften. Seitdem wird es von der Universität Hannover mit wechselnden Einrichtungen als Lehr-, Forschungs- und Verwaltungsgebäude genutzt.
- Denkmalbegründung
- Die Villa Simon gehört zu den am besten erhaltenen und bedeutendsten Beispielen eines Rundbogenstils, der in der Nachfolge des von Georg Ludwig Friedrich Laves (1788-1864) vertretenen Klassizismus als erste Architekturrichtung hannoverscher Prägung, als Hannoversche Architekturschule wahrgenommen wurde. Christian Heinrich Tramm gilt als einer der bedeutendsten Vertreter dieses Stils, der bzw. dessen Elemente gelegentlich sogar nach ihm benannt werden. Einen Teil seiner Ausbildung erlangte Tramm bei Friedrich von Gärtner (1791-1847) in München, wo er vermutlich zur romantischen Prägung seines Rundbogenstils angeregt wurde. Conrad Wilhelm Hase (1818-1902) folgte ihm auf diesem Pfad, propagierte jedoch den unverputzten Backsteinbau und führte die Hannoversche Schule später zu einer dogmatisch neugotischen Richtung mit langanhaltendem und geografisch weitreichendem Einfluss. Neben der bau- und kunstgeschichtlichen Bedeutung ist die Villa Simon durch ihren stadtbaugeschichtlichen und geografischen Bezug zu den Herrenhäuser Gärten und der heutigen städtebaulichen Lage im Umfeld des Königsworther Platzes sowie des Conti-Hochhauses herausragend. Sie ist zudem ein Dokument der Geschichte herausragender Familien jüdischer Herkunft und ihrer Schicksale in der Zeit des Nationalsozialismus. Aufgrund der vielschichtigen Bedeutung besteht an der Erhaltung der Villa Simon ein öffentliches Interesse.
- Literatur
-
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ADABweb
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Stolpersteine Schlesinger (2023)

Ansicht von Nordwesten (2023)

Traufe, Südseite (2023)

Westfassade (2023)

Ansicht von Südwesten (2023)

Villa Simon auf dem Messtischblatt der Preußischen Landesaufnahme von 1898 (2023)

Anbau, von Süden (2015)