Historisches Museum
- Landkreis
- Region Hannover
- Gemeinde
- Hannover, Stadt
- Gemarkung
- Hannover
- Orts-/Stadtteil/Lage
- Mitte
- Adresse
- Pferdestraße 6
- Objekttyp
- Museum
- Baujahr
- 1964
- bis
- 1967
- Personen
- Hillebrecht, Rudolf
Bonatz, Paul
Oesterlen, Dieter
Plath, Helmut
- Denkmalstatus
- Einzeldenkmal (gemäß § 3 Abs. 2 NDSchG)
- Bedeutung
- geschichtlich, künstlerisch, wissenschaftlich, städtebaulich
- Im Denkmalverzeichnis
- Ja
- Objekt-ID
- 30740391
- Objekt-Nr.
- 5231
- Fachbereich
- Bau und Kunst
- Denkmalthema
- 1960+-in-Hannover Braunschweiger-Schule
- Beschreibung
- In der Nähe der Leine gelegener, in der Altstadt auf kriegszerstörtem Baublock errichteter, freistehender blockartiger dreigeschossiger Museumsbau in Stahlbetonkonstruktion auf unregelmäßigem Grundriss, mit Flachdach, erbaut 1964-67 nach Entwurf des Architekten Dieter Oesterlen auf Grundlage eines Konzepts des Museumsdirektors Helmut Plath. Zusammenfassung von Ausstellung, Verwaltung, Depots und Werkstätten in einem Bau. Fassaden geprägt durch Betonkonstruktion und Bruchsteinmauerwerk (Ruhrsandstein), im Osten markant gestaffelt ausgebildet. Blickbeziehungen über große, geschosshohe Verglasungen zu umliegenden Bauten, zudem zur Calenberger Neustadt von der Dachterrasse aus. Der Baukörper umgibt einen begrünten Innenhof mit Wasserbecken und bezieht Beginenturm, Stadtmauer- und Zeughausfragmente mit ein.
- Denkmalbegründung
- Das Historische Museum Hannover wurde 1903 als "Vaterländisches Museum der Hauptstadt Hannover“ mit ursprünglichem Sitz in der Sophien- und Prinzenstraße gegründet. Bereits 1935 existierten drei dezentral untergebrachte Abteilungen für Stadtgeschichtliche, Landesgeschichte und Volkskunde. Im Zweiten Weltkrieg und durch die damit einhergehenden Bombenangriffe wurden 1943 mehrere Standorte und Teile der Sammlungen geschädigt. Das Museumsgut wurde ausgelagert. Obwohl auch das Stammhaus an der Prinzenstraße größtenteils zerstört worden war, begann der kommissarische Leiter des Museums Helmut Plath (1911-1990) mit der provisorischen Rückführung der Bestände dorthin. Die beengten Umstände und das Anwachsen des Sammlungsbestandes machte die Suche nach einer dauerhaften Unterbringung erforderlich. Unter Stadtbaurat Rudolf Hillebrecht (1910-1999) wurde 1949 mit der Erarbeitung des Aufbauplans für die Innenstadt begonnen. In diesem Zusammenhang wurden auch Vorschläge zur Standortfindung für einen Museumsneubau zwischen Plath und Hillebrecht diskutiert. Zudem hatte Plath genauere Vorstellungen zum Raumprogramm des Neubaus entwickelt: drei Sammlungsbereiche, Räume für Studiensammlung/Magazin, Verwaltung, wissenschaftliche Hilfsmittel und Werkstätten sollten hergestellt werden. Hillebrecht versuchte den Architekten Paul Bonatz (1888-1958) für den Entwurf zu gewinnen. Erste Entwurfsüberlegungen von Bonatz zeigten damals bereits die vom heutigen Bau bekannte Gruppierung der Baumassen um einen unregelmäßigen Innenhof. Die Planungen wurden jedoch aufgrund dringender Bauaufgaben, wie der vordringlichen Beseitigung der Wohnungsnot, zurückgestellt. Erst 1960 wurde seitens der Stadt ein Wettbewerb zum Neubau des Heimatmuseums am Hohen Ufer ausgeschrieben, die Erhaltung der baulichen Reste wurde ebenso wie die Vermeidung einer "heimattümelnden" gestalterischen Anpassung gefordert. Aus dem Wettbewerb gingen Dieter Oesterlen (1911-1994) und Gerhard Graubner (1899-1970) als gleichberechtigte Erstplatzierte hervor. Beauftragt wurde schließlich Oesterlen, der heute bundesweit als einer der führenden und prägenden Architektenpersönlichkeiten der Nachkriegszeit sowie als Mitbegründer der Braunschweiger Schule bekannt ist. Als seine Hauptwerke gelten heute beispielsweise der Wiederaufbau der Marktkirche Hannover (1946-52) sowie der Wiederaufbau und die Neugestaltung des Leineschlosses für den Niedersächsischen Landtag (1957-62), der Bau der Zwölf-Apostel-Kirche in Hildesheim (1964-67), das Chemie-Hörsaalgebäude an der TU in Braunschweig (1957-59) und das Gebäude der Deutschen Botschaft in Buenos Aires (1980-83). Das Museumsgebäude in Hannover führte er 1964-67 aus. Es besetzt bis heute die städtebaulich sehr prominente Lage Am Hohen Ufer. Legendär geworden ist die während der Werkplanung geführte Diskussion zur Fassadenmaterialität, in der sich letztendlich Hillebrecht mit der Wahl des helleren Ruhrsandsteins - auch in Anpassung an die Materialitäten der vorhandenen Baureste - gegen die Vorstellungen Oesterlens (Backstein) durchsetzen konnte. Dem gesamten Objekt wohnt jedoch die ausgeklügelte Farb- und Materialkonzeption Oesterlens inne. So belegt beispielsweise ein dunkles Natursteinmaterial (norwegischer Solveig-Quarzit) den Fußboden des offenen Foyers, den Übergang zum Innenhof sowie angrenzende innere und äußere Bereiche. Durch die gestalterische Einbeziehung der mittelalterlichen und neuzeitlichen Architekturelemente liegt hier ein frühes Beispiel für eine kontextangepasste Architektur vor. Die Verbindung von Alt und Neu und die Reaktion auf umgebende Bauten in der Altstadt wurde in Fachkreisen - über das Europäische Denkmalschutzjahr 1975 hinweg - hoch gelobt und gilt heute als wegweisender historischer Beitrag für das Bauen im Bestand. So nimmt das Bauwerk gestalterisch-konzeptionell einen wichtigen Platz in der Entwicklungsgeschichte der niedersächsischen Architektur ein. Auch die anerkannte Bedeutung des Bauwerks für die Geschichte der Museumsarchitektur in Deutschland darf betont werden. An der Erhaltung des Museums besteht daher, trotz jüngster Umbaumaßnahmen im Inneren, aufgrund seiner geschichtlichen Bedeutung für die Landesgeschichte und die Kulturgeschichte aufgrund der Beispielhaftigkeit des gebauten Konzeptes, für die Stadtbaugeschichte aufgrund der Erhaltung und baulichen Integration historischer Elemente, für die Bau- und Kunstgeschichte, als Werk eines überregional bekannten Architekten sowie als Werk der überregionalen Braunschweiger Schule, als beispielhafte Ausprägung eines Baustils und eines Gebäudetypus, aufgrund seiner künstlerischen Bedeutung wegen der nicht alltäglichen Gestaltwerte und wegen der bedeutenden Innenraumgestaltung, aufgrund seiner wissenschaftlichen Bedeutung wegen seines Seltenheitswertes und des Überlieferungswertes und aufgrund seiner städtebaulichen Bedeutung mit prägendem Einfluss auf das räumliche Gefüge mehrerer Straßen sowie auf das Ortsbild, ein öffentliches Interesse. Dieses gründet unter anderem auf dem erheblichen Symbol- und Identifikationswert des Bauwerks.
- Literatur
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- Weiterführende Links
- Denkmaltopographie Stadt Hannover, Teil 1 10.1: Objekterwähnung
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ADABweb
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