Synagoge
- Landkreis
- Region Hannover
- Gemeinde
- Hannover, Stadt
- Gemarkung
- Hannover
- Orts-/Stadtteil/Lage
- Bult
- Adresse
- Haeckelstraße 8
- Objekttyp
- Synagoge
- Baujahr
- 1961
- bis
- 1963
- Personen
- Falke, Adolf
Guttmann, Hermann Zvi
- Denkmalstatus
- Einzeldenkmal (gemäß § 3 Abs. 2 NDSchG)
- Bedeutung
- geschichtlich, künstlerisch, wissenschaftlich
- Im Denkmalverzeichnis
- Ja
- Objekt-ID
- 30713200
- Objekt-Nr.
- 368
- Fachbereich
- Bau und Kunst
- Denkmalthema
- 1960+-in-Hannover Synagogen
- Beschreibung
- Eingeschossige, in Höhe gestaffelte Synagoge, zwischen zugehörigem Wohnhochhaus und jüdischem Seniorenwohnheim gelegener, travertinverkleiderter Massivbau auf paraboloidem Grundriss, Nord- und Südseiten mit raumhoher Verglasung zwischen schlanken Stützen, geschlossene Ostseite zur Freundallee mit großem Reliefbild einer Menora. Nach Osten, der Form des Innenraums folgend, ansteigendes, allseitig leicht auskragendes Pultdach. Dem Eingangsbereich an der Westseite vorgelagerter, eingeschossig umbauter, ovaler Eingangshof, mit angrenzenden teilweise geschlossenen, teilweilweise durchlässigen Fassadenbereichen, Kupferflachdach, an Zu- und Durchgängen auf schlanken Betonstützen ruhend. Erbaut 1963 vom Architekten Hermann Zvi Guttmann.
- Denkmalbegründung
- Nachdem unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft das jüdische Leben im Deutschen Reich ab 1933 stark eingeschränkt wurde, die jüdischen Bürger zunehmend entrechtet und verfolgt wurden und im November 1938 Synagogen und Beträume geplündert, beschädigt oder zerstört und abgetragen wurden, gab es nach den folgenden massenhaften Deportationen und Ermordungen zum Zeitpunkt des Kriegsendes nur noch wenige überlebende Mitglieder der jüdischen Gemeinde Hannovers. Einige von ihnen kehrten zwischenzeitlich aus den Konzentrationslagern an ihren ehemaligen Wohnort zurück, andere hielten sich als sogenannte Displaced Persons (DPs) kurzzeitig in Hannover und einigen weiteren Orten Niedersachsens auf. Im Dezember 1945 wurde die Jüdische Gemeinde Hannovers neu gegründet. Bis 1949 hatten die meisten in der unmittelbaren Nachkriegszeit in Hannover lebenden Juden, auch vor dem Hintergrund der 1948 erfolgten Gründung des Staates Israel, die Stadt wieder verlassen. Ältere oder stark traumatisierte Gemeindemitglieder verblieben jedoch in Hannover, da sie sich den starken Belastungen eines Neuanfangs an einem anderen Ort nicht aussetzten wollten oder konnten, weitere jüdische Bürger hatten begonnen sich in das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben in Hannover zu integrieren, einige wollten trotz der schwierigen Bedingungen und der schrecklichen Erlebnisse ihre kriegszerstörte Heimatstadt nicht verlassen. Ein jüdisches Gebetshaus stand jedoch noch nicht zur Verfügung, denn die Neue Synagoge in der Bergstraße der Calenberger Neustadt, in den Jahren 1864-70 erbaut vom Architekten Edwin Oppler (1831-1880), wurde in der Novemberpogromnacht 1938 angezündet, später gesprengt und abgetragen. Die Gottesdienste wurden zunächst an wechselnden Stätten in der Spinozastraße, Rumannstraße und später Ellernstraße gefeiert. In der Zeit der 1950er und 1960er Jahre stabilisierte sich die wirtschaftliche Lage der Jüdischen Gemeinden in Deutschland durch Restitutionen und Wiedergutmachungsleistungen nur langsam, von einer Aufarbeitung der Verbrechen der Nazizeit war man dennoch weit entfernt. Vielmehr verdrängte die deutsche "Wirtschaftswundergesellschaft" negative Aspekte aus der Zeit des Krieges und der Gewaltherrschaft. Die gemeindliche Arbeit konzentrierte sich sehr früh auf die Betreuung der älteren Mitglieder und auf das Projekt der Errichtung eines jüdischen Altersheims. Vordringlich wichtig für die Jüdische Gemeinde blieben weiterhin Aufgabenbereiche wie die Beratung und Unterstützung der weit verstreut lebenden Mitglieder der früheren Synagogengemeinde bei ihren Ansprüchen nach den Wiedergutmachungsgesetzen, weiterhin auch der Besucher, die als Zeugen der NS-Prozesse nach Hannover reisen mussten. Durch den Verkauf einiger Grundstücke gelang es dennoch - nach Maßgabe des 1950 gegründeten Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen - Kapital für den Ankauf eines Grundstückes zu erlösen. Weiterhin wurde durch einen erzielten Vergleich des Landesverbandes mit der Stadt Hannover - im Tausch gegen das vormalige Synagogengrundstück in der Bergstraße - das Grundstück in der Haeckelstraße 6 im Stadtteil Bult für den Neubau eines Altersheims erworben. Der erste Bauabschnitt wurde ab 1952 ausgeführt. Erste Entwürfe für den Neubau der Synagoge lieferte dann ab 1957 der Architekt Adolf Falke (1888-1958) für das benachbarte Grundstück Haeckelstraße 8. Hermann Zvi Guttmann (1917-1977) war bereits früh an den Planungen beteiligt und übernahm die Aufgaben nach dem Tod Falkes ab 1958. Der Grundstein für den Neubau des Gebetshauses wurde am 9. November 1960 gelegt, das dazugehörige Gebäude mit 24 Wohnungen sowie das Kultur- und Jugendzentrum wurden 1962 eröffnet, die Synagoge wurde 1963 eingeweiht. Verweise auf die Geschichte der Jüdischen Gemeinde Hannovers sind zentraler Bestandteil des Bauprogramms der Synagoge. Neben dem hofseitigen Eingang finden sich im Foyer neben zwei Waschbecken und den Nischen für die Kerzen der Toten zwei Marmortafeln mit der Inschrift "Den Mitgliedern unserer Gemeinde, die in den Jahren der grausamen Verfolgung von 1933-1945 ihr Leben verloren zum ewigen Andenken" und "Dieses Gotteshaus wurde erbaut in den Jahren 1961-1963 und eingeweiht am 10. Nov. 1963 zum 25. Jahrestag der Zerstörung der alten Synagoge". Über dem Haupteingang an der Westwand befindet sich die hebräische Inschrift (Psalm 118,20), die bereits in der 1938 zerstörten Synagoge Opplers zu lesen war, in die deutsche Sprache übersetzt: "Dies ist das Tor für den Ewigen, Gerechte werden hindurchschreiten". Der Architekt Guttmann wurde bundesweit bekannt durch seine Bauten der Synagogen und des Gemeindezentren in Offenbach (1953-1956) und Düsseldorf (1953-1962), der Trauerhalle auf dem jüdischen Friedhof in Hannover- Bothfeld (1958-1960), der Synagoge und des Gemeindezentrums in Osnabrück (1962-1969) und des Jüdischen Mahnmals auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte Dachau (1959-1967). Durch die Vielzahl der ausgeführten Bauten ist Guttmann somit einer der Architekten, die das jüdische Bauen der Nachkriegszeit in der Bundesrepublik Deutschland entscheidend geprägt haben. An den Bänken im Innenraum der Synagoge in Hannover kam eine auch in anderen Synagogen verwendete, von ihm entwickelte, patentierte Vorrichtung zum Einsatz, die das Lesen der Gebetsbücher sitzend und stehend ermöglicht. In der Ausprägung der Bauaufgabe und -form bespielhaft und mit einem hohen Aussage- und Zeugniswert, besteht an der Erhaltung der Synagoge aufgrund ihrer geschichtlichen Bedeutung für die Landesgeschichte, die Sozialgeschichte sowie für die Kultur- und Geistesgeschichte als wichtiger Ankerpunkt für den gemeindlichen Neuanfang der Jüdischen Gemeinde Hannovers nach dem Zweiten Weltkrieg, für die Bau- und Kunstgeschichte, als Werk eines überregional bekannten Architekten, aufgrund ihrer künstlerischen Bedeutung wegen der nicht alltäglichen Gestaltwerte und wegen der bedeutenden Innenraumgestaltung, aufgrund ihrer wissenschaftlichen Bedeutung wegen ihres Seltenheitswertes und ihres nahezu ungestörten Überlieferungswertes, ein öffentliches Interesse.
- Literatur
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- Weiterführende Links
- Denkmaltopographie Stadt Hannover, Teil1 10.1: Objektbeschreibung
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ADABweb
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