Friedhofsbauten jüdischer Friedhof Hannover-Bothfeld
- Landkreis
- Region Hannover
- Gemeinde
- Hannover, Stadt
- Gemarkung
- Bothfeld
- Orts-/Stadtteil/Lage
- Bothfeld
- Adresse
- Burgwedeler Straße 90
- Objekttyp
- Friedhofsgebäude
- Baujahr
- 1958
- bis
- 1960
- Personen
- Guttmann, Hermann Zvi
- Denkmalstatus
- Einzeldenkmal (gemäß § 3 Abs. 2 NDSchG)
- Bedeutung
- geschichtlich, künstlerisch, städtebaulich
- Im Denkmalverzeichnis
- Ja
- Objekt-ID
- 30596696
- Objekt-Nr.
- 676
- Fachbereich
- Bau und Kunst
- Denkmalthema
- Juedische-Friedhoefe
- Jüdische Topographie Ursprünglich sollte der 1924 eingeweihte jüdische Friedhof in Bothfeld als Parkfriedhof mit zentraler Trauerhalle angelegt werden. (Fahl 2010, S. 61) Wegen der schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse Anfang der 1920er Jahre hatte die Gemeinde allerdings zunächst nur eine kleine Teilfläche der weitläufig geplanten Friedhofsanlage erwerben und provisorische Holzbaracken aufstellen können. (Schulze 2005, S. 762) Erst 1929 konnte auf Initiative des Kommerzienrates Joseph Berliner in der Mittelachse des Friedhofs, weit zurückgesetzt von der westlich vorbeiführenden Straße, die Trauerhalle mit Nebenräumen für Totenwache und Verwaltung errichtet werden. Die Pläne stammten von dem Architekten Werner Koech, der den prachtvollen Zentralbau mit Kuppel im Stil des sog. „Backsteinexpressionismus“ entwarf. (Knufinke 2007, S. 270) Am 10. November 1938 wurde dieser im Zuge der reichsweiten Pogrome in Brand gesetzt. Die Ruine musste später abgerissen werden. (Fahl 2010, S. 61) 1958-60 wurde eine neue Trauerhalle nach Entwürfen von Hermann Zvi Guttmann (1917-1977) erbaut, der zu den renommiertesten Architekten jüdischer Gemeindebauten der Zeit gehörte. Für die Planung orientierte sich Guttmann an einem früheren Entwurf von 1954/55 für den Friedhof an der Heerstraße in Berlin. (Knufinke 2007, S. 327) Die Trauerhalle ist Teil eines Bauensembles, das wie ein Riegel den Friedhofsbereich vom Straßenraum abgrenzt. An zentraler Stelle befindet sich ein Hof mit Brunnen, der an vier Seiten durch parabelförmige Arkaden geöffnet ist. Von Westen kommend gelangt man von dort auf das Friedhofsgelände im Osten, im Süden schließt sich das Verwaltungs- und Wächterhaus, im Norden die Trauerhalle an. Die Trauerhalle ist in West-Ost-Richtung orientiert und wird von einem Gewölbe in Parabelform überspannt. Die Belichtung erfolgt über bunt verglaste Fenster an den Langseiten und über Rundfenster mit Einteilungen in Form eines Davidsterns an den Schmalseiten. Der Trauerhalle ist im Süden mit geringem Abstand ein Raum vorgelagert. Von hier aus können die Kohanim über eine Klappe, die sich bei Bedarf öffnen lässt, den Trauerfeierlichkeiten folgen. Die Parabel wählte Guttmann als Symbol für das Vorwärts- und Hochstreben, „welches in seiner Spitze den Widerstand menschlich begrenzten Strebens gegen göttliche Unendlichkeit zeigt“. (Knufinke 2007, S. 328) Die Friedhofshalle verstand Guttmann als „Sinnbild der Hoffnung auf das Jenseits“ – und „bezeichnenderweise kehrt die Parabelform auch bei seinem Gedenkstein für die Opfer der jüdischen Gemeinde im Nationalsozialismus wieder“, der auf dem Friedhof aufgestellt und gleichzeitig mit der Trauerhalle eingeweiht wurde. (Knufinke 2007, S. 328) Literatur Fahl 2010 Fahl, Andreas: Der jüdische Friedhof Bothfeld. In: Über das Leben hinaus. Ein Spaziergang über Hannovers Friedhöfe. Begleitbuch zur Ausstellung im Historischen Museum Hannover (Schriften des Historischen Museums Hannover; Bd. 39). Hannover 2010, S. 61. Festschrift 1960 Festschrift zur Enthüllung des Ehrenmals und zur Einweihung der Friedhofshalle auf dem jüdischen Friedhof in Hannover-Bothfeld. Düsseldorf 1960. Klei 2017 Klei, Alexandra: Jüdisches Bauen in Nachkriegsdeutschland. Der Architekt Hermann Zvi Guttmann (Jüdische Kulturgeschichte in der Moderne; Bd. 12). Berlin 2017; zur Trauerhalle: S. 182-186. Knufinke 2007 Knufinke, Ulrich: Bauwerke jüdischer Friedhöfe in Deutschland (Schriften der Bet Tfila- Forschungsstelle für jüdische Architektur in Europa; Bd. 3). Petersberg 2007; zur Trauerhalle von 1929: S. 270, 432, zur Trauerhalle von 1959/60: S. 327/328, 432.
- Beschreibung
- Komplex aus offenem Vorhof, Wohn- und Verwaltungsgebäude und Trauerhalle mit Räumen für die rituelle Leichenwaschung, 1958-60 nach Entwürfen von Hermann Zvi Guttmann errichtet. Trauerhalle mit Gewölbe in Parabelform, Belichtung über bunt verglaste Fensterbänder an den Langseiten und Rundfenster mit Einteilungen in Form eines Davidsterns an den Schmalseiten. Im Süden vorgelagerter Bau, von wo aus die Kohanim über eine Klappe den Trauerfeierlichkeiten folgen konnten.
- Denkmalbegründung
- Am 1960 eingeweihten Gebäudekomplex auf dem jüdischen Friedhof in Hannover-Bothfeld besteht aus geschichtlichen, städtebaulichen und künstlerischen Gründen ein öffentliches Erhaltungsinteresse. Zwischen 1958 und 60 nach Entwürfen des Frankfurter Architekten Hermann Zvi Guttmann als Ersatz für eine in der Zeit des Nationalsozialismus zerstörte, weiter östlich auf dem Friedhofsareal gelegene Trauerhalle erbaut, ist die Anlage ein frühes Zeugnis der Bautätigkeit jüdischer Gemeinschaften im Nachkriegsdeutschland und damit der deutsch-jüdischen Geschichte seit 1945. In Niedersachsen ist sie das erste repräsentative Bauwerk, das eine jüdische Gemeinde nach dem Holocaust errichten lassen konnte. In der Geschichte der Baugattung „jüdisches Friedhofsgebäude“ ist die Anlage von besonderer Bedeutung. Sie greift funktional-räumliche und gestalterische Konzepte aus der Zeit vor 1933 auf und führt sie zeitgemäß weiter. Der weitgehend unverändert erhaltene Komplex aus offenem Vorhof, Wohn- und Verwaltungsgebäude und Trauerhalle mit Räumen für die rituelle Leichenwaschung prägt durch seine zeittypisch modernen, aber individuell ausgearbeiteten Formen, insbesondere durch den wiederkehrenden Parabelbogen, die Umgebung. Als Bau Hermann Zvi Guttmanns (1917–1977), der mit zahlreichen Synagogenentwürfen erfolgreich war, ist die Anlage ein Werk eines überregional bedeutenden Architekten. In Niedersachsen schuf Guttmann nach dem Friedhofsgebäude noch Synagogen und Gemeindezentren in Hannover (1963) und Osnabrück (1968).
- Gruppen (ID | Typ | Beschreibung)
- 30592276 | | Jüdischer Friedhof Bothfeld
- Literatur
- Weiterführende Links
- Denkmaltopographie Stadt Hannover, Teil 2: Objekterwähnung
Jüdisches Museum Berlin - Sammlungen Online: Plan Friedhofsbauten, Ansicht von Osten, Arch.: H. Z. Guttmann, um 1958
Jüdisches Museum Berlin - Sammlungen Online: Plan Friedhofsbauten, Ansicht von Westen, Arch.: H. Z. Guttmann, um 1958
Jüdisches Museum Berlin - Sammlungen Online: Fotografie Alte Trauerhalle, Arch.: Werner Koech, ca. 1929
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ADABweb
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