Sibetsburg
- Landkreis
- Wilhelmshaven, Stadt
- Gemeinde
- Wilhelmshaven, Stadt
- Gemarkung
- Rüstringen
- Orts-/Stadtteil/Lage
- Siebethsburg
- Objekttyp
- Burg
- Denkmalstatus
- Teil einer Gruppe baulicher Anlagen (gemäß § 3 Abs. 3 S. 1 NDSchG)
- Im Denkmalverzeichnis
- Ja
- Objekt-ID
- 28971983
- Objekt-Nr.
- 57
- Fachbereich
- Archäologie
- Beschreibung
- Name: Sibetsburg. Burg mit Haupt- und westl. vorgelagerter Vorburg. Umschlossen von einem doppelten Wall- und dreifachen Graftsystem. Gesamtfläche ca. 210 (O-W) x 175 m. Hauptburghügel künstlich mottenartig erhöht; H. ca. 6 m; Wall-H. ca. 1,5 m. Gräfte wasserführend. Die bei den Ausgrabungen auf dem Hauptburghügel freigelegten Baubefunde sind restauriert. Auf dem Gelände der Vorburg lag ehemals eine Gehöftwurt (vgl. FStNr. 58). Die Burgstelle ist mit ihrer Umgebung zu einer Parkanlage gestaltet worden. Außer zwei Wohnhäusern im Südwestbereich ist das Vorburggelände unbebaut. Im Vorfeld der geplanten gärtnerischen Ausgestaltung zu einer Parkanlage wurde das Gelände der Sibetsburg von 1962-64 durch das NLMW, Wilhelmshaven, unter Leitung von W. Reinhardt archäologisch untersucht. Im Zuge der mehrjährigen Ausgrabungen wurde festgestellt, dass es sich bei der Sibetsburg um eine Spätform eines als "Motte" bezeichneten Burgentyps handelt, die über einen künstlich - über einer älteren Gehöftwurt - aufgeschütteten Hauptburghügel von 6 m Höhe verfügt, auf dessen Plateau sich ein mächtiger Wohn- und Wehrturm mit allseitig umgebenden Nebengebäuden sowie ein Brunnen befanden. Der gesamte Innenhof war mit Ziegelsteinen gepflastert. Der Turm hatte eine annähernd rechteckige Grundfläche von ca. 17 x 12 m und besaß im Fundamentbereich 3 m dicke Mauern, die auf starke Pfahlroste gegründet waren. Die ehemalige Höhe des Turmes wird auf mindestens 20 bis 22 m geschätzt. Der Fuß des Burghügels war von einer 2 bis 3 m starken, ebenfalls auf Holzpfählen gegründeten Wehrmauer umgeben. Reste der ehemaligen Toranlage konnten im westl. Bereich dieser Mauer nachgewiesen werden. Die Hauptburg war zusätzlich durch ein breit gestaffeltes System mit zwei Wällen und drei Gräften umwehrt. Die Vorburg mit ihren Wirtschaftsgebäuden schloss sich westl. an und war in das äußere Graftsystem der Hauptburg mit einbezogen. Während der Ausgrabungen wurden als Zeugen der Burgbelagerung zahlreiche große Schleudersteine, kleine, sorgfältig bearbeitete Büchsenkugeln sowie mehrere eiserne Pfeil- und Lanzenspitzen gefunden. Darüber hinaus kamen zwei Schlüssel, ein bronzener Zapfhahn, verzierte Bronzebeschläge, eine französische Goldmünze Philipps VI. aus der Zeit um 1350 sowie weitere Metallfunde zutage. Ein reich verziertes silberbelegtes Schloß stammt aus einer Siedlungsschicht der unter dem Burghügel gelegenen bäuerlichen Wurt. Diese Wurt ist nach Aussage der Keramikfunde im 13. Jh. aufgeschüttet worden. Nach dem Ende der Ausgrabungen wurden die Gräben und Wälle gesäubert und rekonstruiert und in einen gepflegten Park einbezogen. 1967 wurde zusätzlich das am besten erhaltene Teilstück der Wehrmauer am östl. Burghügelfuß wieder aufgemauert. 1983 wurden schließlich die während der Grabung freigelegten Fundamentreste instand gesetzt. Die Sibetsburg wurde 1383 unter Häuptling Edo Wiemken d.Ä. erbaut und 1435 durch die Bremer geschleift. Danach wurde sie nicht wieder aufgebaut. Auf der Urkatasterkarte 1841 (Kps. Neuende, Flur 5) ist der unbebaute Burghügel inmitten der durch Graftenanlage gekennzeichneten Gesamtanlage nicht besonders eingetragen. Von der Kirchreihe aus führt über die Sibetsburg ein Weg auf die Wurt 'Robodeswarf' zu, der sog. Robodesweg. Die Sibetsburg wurde lt. historischer Überlieferung ("Banter Missale", vgl. Gmkg. Wilhelmshaven FStNr. 20) im Jahre 1383 unter Häuptling Edo Wiemken d. Ä. erbaut (Sello 1928, 164). Die ältesten schriftlichen Nennungen der nach ihrem Erbauer ursprünglich "Edenburg" genannten Anlage stammen aus den Jahren 1421 "Eyde Wemkensburg", 1426 "Edemburg" und 1435 "Edemborch" (Sello 1928, 166). Ab 1432 wird sie nach dem Enkel Edo Wiemkens als "Sybedesborch" (1432), "Sibetesborgh" (1433 und 1442), "Sybetesborch" (1435, 1476 und 1481) und mit weiteren Namensvarianten bezeichnet (nach Reinhardt 1970, 31 Anm. 5 und 6). Die Sibetsburg war mit ihren mächtigen Befestigungsanlagen der deutlich sichtbare Ausdruck der sich in Ostfriesland in der zweiten Hälfte des 14. Jhs. etablierenden Häuptlingsherrschaft, die die bis dahin geltende Konsulatsverfassung mit gewählten Richtern ablöste. Da in der Zeit der "Friesischen Freiheit" der Bau von Burgen und höheren Steinhäusern verboten war, bestanden im friesischen Nordseeküstengebiet bis in das 14. Jh. hinein praktisch keine reinen Burganlagen, es gab im Wesentlichen nur befestigte Kirchen (Wehrkirchen) bzw. regelrechte Kirchenburgen (z. B. Wittmund und Jever) sowie kleinere Steinhäuser. Vor dem Bau der Sibetsburg diente die befestigte Banter Kirche (vgl. Gmkg. Wilhelmshaven FStNr. 20) als Stützpunkt. Das ausgehende 14. und das beginnende 15. Jh. waren gekennzeichnet durch Fehden mit den benachbarten friesischen Häuptlingen sowie durch Auseinandersetzungen mit den Grafen von Oldenburg und den Hansestädten Bremen und Hamburg. Die zum Hansebund gehörenden Städte zogen im hohen und späten Mittelalter nicht nur zunehmend den gewinnbringenden Fernhandel an sich, der im frühen Mittelalter hauptsächlich von friesischen Kaufleuten betrieben wurde, sondern verfolgten darüber hinaus im friesischen Küstengebiet auch ein machtpolitisches Interesse. Im Kampf um die Landesherrschaft bedienten sich sowohl Edo Wiemken d. Ä. als auch sein Enkel Sibet von Rüstringen wiederholt der Hilfe der Vitalienbrüder, unter ihnen der bekannte Gödeke Michel. Diese nahezu genossenschaftlich organisierten Seeräuber kämpften und raubten praktisch als Söldner mit Beutegewinn im Auftrag der Häuptlinge. Die erbeuteten Waren wurden in den Häfen von Schaar und Loppelt an der Maade oder in Marktorten wie z.B. Langwarden umgeschlagen und verkauft. Ihr Erlös diente auch zur Finanzierung von weiteren Fehden. Nach mehrfachen kleineren Auseinandersetzungen unternahm die Stadt Hamburg mit Unterstützung Lübecks und der Landesgemeinden Ostfrieslands und den ihnen verbundenen Häuptlingen Edzard und Ulrich Cirksena im Frühjahr 1433 den entscheidenden "Hamburger Feldzug" gegen Häuptling Sibet und die mit ihm verbündeten Häuptlinge von Emden und Norden. Nach der Einnahme der Burg Emden wurde das Truppenaufgebot Sibets in der Schlacht bei Bargerbur östl. der Stadt Norden Ende Juli 1433 vernichtend geschlagen. Häuptling Udo Focken, der Sohn Focko Ukenas wurde im Kampf getötet, Sibet wurde gefangengenommen und erlag wenige Tage nach der Schlacht seinen schweren Verletzungen auf Schloss Lütetsburg. Daraufhin wurde die Sibetsburg angegriffen, deren Besatzung nach einer mehrwöchigen Belagerung kapitulierte (Sello 1928, 169). Zwei Jahre später wurde die Burg durch die Hansestadt Bremen geschleift und danach nicht wieder aufgebaut. Als Sieger aus diesen Kämpfen ging die Häuptlingsfamilie der Cirksena hervor, die 1464 von Kaiser Friedrich III. als Grafen von Ostfriesland bestätigt wurden. 1654 wurden sie von Kaiser Leopold I. in den Fürstenstand erhoben.
- Literatur
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