Stadtbefestigung
- Landkreis
- Lüneburg
- Gemeinde
- Lüneburg, Stadt
- Gemarkung
- Lüneburg
- Objekttyp
- Stadtbefestigung
- Denkmalstatus
- Einzeldenkmal (gemäß § 3 Abs. 2 NDSchG)
- Im Denkmalverzeichnis
- Ja
- Objekt-ID
- 28931488
- Objekt-Nr.
- 136
- Fachbereich
- Archäologie
- Beschreibung
- Ringförmig um die Lüneburger Altstadt, zwischen dem Kalkberg im Westen und dem Lösegraben im Osten liegt die Lüneburger Stadtbefestigung. Ihre Ausdehnung (ohne außerhalb liegende Bastionen und Schanzen) beträgt etwa 1,4 km in Richtung West-Ost und etwa 850 m in Richtung Nord-Süd. Sie besteht aus Mauerzügen, Wällen und Gräben sowie Türmen, Toren und vorgelagerten Schanzen und einer Bastion. Obertägig sind nur noch wenige, aber dennoch eindrucksvolle Reste erhalten. Mehr Informationen zu den einzelnen Befestigungsabschnitten befinden sich in den entsprechenden Datenblättern. In den letzten Jahren fanden zwei Ausgrabungen im Bereich der Stadtbefestigung statt. Im Vorfeld der Errichtung einer Wohnanlage wurde 2013 im Bereich der ehemaligen Nordlandhalle die Entnahme der nicht tragfähigen Sedimente und Verfüllungen des Stadtgrabens bis auf das anstehende Calciumsulfat begleitet. Die bis zu 1200 m² große Baugrube befand sich innerhalb des ehemals an dieser Stelle von Westsüdwest nach Ostnordost verlaufenden südlichen Stadtgrabens, sodass dessen Außengrenzen in der Untersuchungsfläche nicht erreicht wurden. Die relativ ebene Basis des Grabens bildete der dort anstehende Gips. Die verschiedenen Sedimente und Verfüllschichten des Grabens wurden voneinander getrennt erfasst. Sie setzten sich regelhaft innerhalb der gesamten Fläche fort und wurden in einem Querprofil aufgenommen und nachfolgend nur in Verbindung mit neuzeitlichen Pfahlgründungen erneut dokumentiert. Im Ostbereich der Untersuchungsfläche, in der Nähe der Ilmenau, fanden sich zahlreiche und häufig regelmäßig angeordnete, durch die Grabenverfüllungen und in den anstehenden Gips hinein getriebene Gründungspfähle aus Eichen- und Nadelholz, welche verschiedenen neuzeitlichen und nicht sicher zu rekonstruierenden Aufbauten als Fundament gedient haben dürften. Das Fundmaterial aus den Sedimenten und Verfüllungen ist bis auf wenige Ausnahmen der Neuzeit zuzuordnen. Die wenigen spätmittelalterlichen Funde wurden aus den teilweise sehr schutthaltigen Verfüllungen des Grabens geborgen und sind somit verlagertes Material aus der Stadt. Im Fundaufkommen dominierten Gefäßkeramikfragmente verschiedener Warenarten. Überwiegend handelte es sich dabei um glasierte Irdenware, Steinzeug, etwas harte Grauware, sowie um einen Deckel aus Zieglerware. Weiterhin kamen Baukeramikfragmente von glasierten Ofenkacheln, einer glasierten Boden- und einer bemalten und glasierten Wandfliese vor. Zusammenhanglos wurden drei menschliche Skelettreste aus einer Grabenverfüllschicht geborgen. Besonders in den unteren Grabensedimenten fanden sich zahlreiche verschiedenartige Vorderladergeschosse aus Blei, darunter Schrote, Hackblei, Pistolen- und Musketenkugeln, außerdem Artilleriemunition in Form einer Kartätschkugel aus Blei und einer zwölfpfündigen Kanonenkugel aus Eisen. Vermutlich lassen sich jedoch nicht alle Geschosse auf militärische Handlungen zurückführen. Es kann davon ausgegangen werden, dass an und im Graben lebende Wasservögel bejagt wurden und ein nicht geringer Teil der aufgefundenen Geschosse damit in Zusammenhang steht. Im Vorfeld der geplanten Neubebauung des Grundstückes Wallstr. 2 bot sich 2014 die Gelegenheit, den Korpus der archäologischen Quellen im Bereich des ehemaligen Roten Walles zu erweitern. Die Untersuchung sah die Anlage und Dokumentation von zwei Querschnitten an den Stirnseiten des Neubaus vor. In den bis zu 16,6 m langen, 9 m breiten und 4,2 m tiefen Schnitten konnten drei Ausbauphasen der Stadtbefestigung erkannt werden. Sie sind Teil des vor der Stadtmauer gelegenen, äußeren Verteidigungsrings. Neben einem nur partiell erfassten, vermutlich ins 13. Jh. zu datierenden Graben dominiert der Befestigungsausbau des 14. Jh. sowie des 17./18. Jh. das neu gewonnene Bild. Ein bis zu 11,48 m breiter und 3,08 m tiefer, Ost-West verlaufender und wasserführender Sohlgraben bildet zusammen mit einer auf 4 m Länge und 1,34 m Höhe dokumentierten Wallschüttung die zweite Ausbauphase. Auch wenn aus archäologischer Sicht bezüglich des Anlagezeitraums keine präzise Datierung gegeben werden kann, lassen die Dimension der Anlage und der damit verbundene Arbeitsaufwand eine chronologische Einordnung erst in eine Zeit der wirtschaftlichen Prosperität Lüneburgs zu. Es ist plausibel anzunehmen, dass korrespondierend mit den Schrift- und Bildquellen die Errichtung dieses Wall-Graben-Systems am Ende des 13./Anfang des 14. Jh. anzusetzen ist. In der dritten Ausbauphase verlor der große Graben seine Funktion. Er wurde bis zu seiner Oberkante aufgefüllt. Den schon bestehenden Wall verbreiterte man um 6,7 m zur Stadt hin. Dieser letzte Ausbau des äußeren Walls ist vermutlich erst gegen Ende des 17. Jh./Anfang des 18. Jh. vorgenommen worden. Auf zeitgenössischen Abbildungen des 17. Jh., wie dem Plan von 1654 und der Stadtansicht Wilhelm Schwans des gleichen Jahres sind im Bereich zwischen Rotem und Sulzer Tor im Vergleich zu den Darstellungen des 16. Jh. keine Veränderungen sichtbar. Wahrscheinlich entspricht die massive Verstärkung der Befestigung der schon bei den Altgrabungen 1986 am östlichen Ende des Roten Walls festgestellten, in die Zeit des Siebenjährigen Krieges datierten Ausbauphase Im Befund spiegelt sich der verzögerte Ausbauprozess durch die mehrheitlich späte Datierung des Fundmaterials der letzten Verfüllungen des großen Grabens wider. Dieser war noch bis mindestens 1623 unverändert in Funktion aber größtenteils verlandet, wie der aus diesen Schichten geborgene Albus des Münzvereins „Kurmainz - Hessen-Darmstadt - Nassau-Saarbrücken - Frankfurt” mit Prägezeitraum von 1623 bis 1635 belegt. Am Wallfuß wurde ein neuer, im Querschnitt trapezförmiger Graben von bis zu 3,34 m Breite und einer Tiefe von bis zu 1,12 m angelegt, aus dessen Schwemmschichten Keramik- und Glasfragmente des 18. Jh. geborgen wurden. Die älteste Befestigung soll nach den schriftlichen Überlieferungen nur aus Gräben und Palisaden bestanden haben. Stadtmauern werden 1297 das erste Mal urkundlich erwähnt, Tore bereits 1272. Die erste Erwähnung von Türmen, die die Mauern verstärkten, fällt in das Jahr 1370. Ein größerer Ausbau der Befestigung erfolgte etwa ab 1530. Aufgrund der Fortentwicklung in der Artillerie wurden vor den Außenmauern breite Wälle aufgeschüttet und zum Teil davor wiederum Mauern gesetzt. Ab 1637 erfolgte unter Herzog Georg der Ausbau der Kalkbergfestung, in deren Zuge auch Teile der Stadtbefestigung im Nordwesten der Stadt umgestaltet wurden. Die "Bastion" wurde im Jahre 1644 errichtet. Türme und Zwinger waren im neuen Befestigungssystem nun hinderlich und wurden ab 1645 abgetragen. Kurz darauf büßte die Anlage ihre Funktion bereits weitgehend ein, ab 1671 ließ man die Wälle zuwachsen und verpachtete sie zur Beweidung. 1757, während des Siebenjährigen Krieges, wurde zwar der Karutschenteich (zwischen Kalkberg und Sülzberg) mit Palisaden versehen und das Neue Tor durch Gräben verstärkt, die Stadt den Franzosen aber kampflos überlassen. Nach und nach zerfielen die Anlagen, bis dann ab etwa 1830 mit dem Abbruch der Tore und der Einebnung der Wälle und Gräben die Stadtbefestigung weitgehend beseitigt wurde. Die obertägig erhaltenen Reste der Stadtbefestigung zeigen heute im Wesentlichen den Zustand der letzten Ausbauphase des Befestigungsringes. Trotz der nur noch lückenhaften Erhaltung geben sie ein eindrucksvolles Bild vom mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Befestigungsbau. Darüber hinaus sind sie von besonderem Wert, da sie in sich die Relikte älterer Phasen der Stadtbefestigung und damit auch der Stadtentwicklung bergen, die, da die historischen Quellen hier nur unzureichende Informationen liefern, nur mit Hilfe archäologischer Methoden rekonstruiert werden können.
- Literatur
-
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ADABweb
- ADABweb