Wurt
- Landkreis
- Wilhelmshaven, Stadt
- Gemeinde
- Wilhelmshaven, Stadt
- Gemarkung
- Wilhelmshaven
- Orts-/Stadtteil/Lage
- Banter Kirchwurt; Banter Ruine
- Objekttyp
- Wurt
- Denkmalstatus
- Einzeldenkmal (gemäß § 3 Abs. 2 NDSchG)
- Im Denkmalverzeichnis
- Ja
- Objekt-ID
- 28913932
- Objekt-Nr.
- 20
- Fachbereich
- Archäologie
- Beschreibung
- Ovale Kirchwurt. Gr. L. ca. 70 m (N–S); Br. ca. 50 m; H. + 5,2 m NN; H. über umgebendem Gelände ca. 3,5 m. Der Wurtfuß ist im N und O durch Straßenführungen gestört. Auf der Wurt steht eine im Jahre 1889 wieder aufgemauerte Kirchenruine auf den bei Ausgrabungen freigelegten Fundamenten einer einschiffigen gotischen Ziegelsteinkirche. Bei Bodenentnahmen zum Deichbau wurde im Jahre 1863 im Wurtbereich ein zerbrochener Steinsarg entdeckt und geborgen. Nachdem im Frühjahr 1864 bei weiteren Erdarbeiten der zugehörige Sargdeckel und im Sommer des darauffolgenden Jahres ein weiterer Steinsarg von dem im preußischen Jade-Gebiet tätigen Baumeister P. Kunisch entdeckt worden waren, erfolgte auf Veranlassung des Generalkonservators der preußischen Kunstdenkmäler F. von Quast im Jahre 1867 die erste wissenschaftliche Ausgrabung einer Wurt in Deutschland. Ziel war die Freilegung der Kirchenfundamente und die Bergung "vergrabener Altertümer" (Reinhardt 1972, 157ff.). Zutage kam der Grundriss einer einschiffigen gotischen Saalkirche mit halbrunder Apsis von 30 x 9 m L. Ein an der SW-Ecke des Chorbodens gefundenes kleines Ziegelsteinfundament deutet auf den Standplatz eines Taufsteins oder einer Kanzel hin. "Das hinter dem Chorboden anschließende Fundament des Altars fand sich gut erhalten vor, es war aus einer Einfassung kleiner Granitfindlinge hergestellt, zwischen welchen reiner, ganz gleichkörniger Kies eingestampft war und zeigte an der Ostseite regelmäßiges Ziegelmauerwerk in drei gut erhaltenen Schichten" (Bericht H. Schacko Marine-Werkmeister 06.09.1885). Die Fundkonzentrationen von bemalten Fensterglasscherben mit Bleifassungen lassen auf jeweils drei Fenster in den Kirchenschiffsseitenwänden und zwei Fenster in der Apsis schließen. An der N-, O- und S-Seite der Kirche wurden in geringer Tiefe unter der Rasenoberfläche vier weitere, meist beschädigte Steinsärge mit reliefverzierten Deckeln freigelegt. Auf Initiative des Wilhelmshavener Verschönerungsvereins erfolgte im Mai 1888 unter Leitung von H. Schacko eine erneute Freilegung der Kirchenfundamente und 1889 der Aufbau der heute hier noch vorhandenen Kirchenruine zur Erinnerung an das mittelalterliche Dorf Bant. Durch großflächige Hafenerweiterungsmaßnahmen im Jahre 1909, bei denen auch der ca. 200 m nördl. der Banter Kirchwurt verlaufende Banter Deich (vgl. FStNr. 30) aus dem Jahre 1529 vollständig abgetragen wurde, drohte auch die Kirchwurt zerstört zu werden. Im gleichen Jahre führte daher auf Veranlassung des Marine-Hafenbaudirektors W. Krüger der Marschengeologe und Heimatforscher H. Schütte weitere Ausgrabungen und Bohruntersuchungen bis auf die Basis der Wurt durch. Er stellte fest, dass der Kirchhügel in mehreren Baustadien aufgeschüttet worden war und fand bis in 3,5 m T. unter der Wurtoberfläche W–O ausgerichtete christliche Körpergräber in meist gut erhaltenen Eichensärgen. In den ergänzenden Bohrungen dokumentierte er bis in 4,5 m T. unter der Wurtoberfläche weitere Gräber mit Eichenhölzern. Lt. handschriftlichem Bohrprotokoll (nach Reinhardt 1972, 165 Anm. 44): "Bei 4,50 m traf ich auf Mist, dann Klei und Moor durchmischt. Bei 5,50 m Moor, dann wieder blauen Klei, anscheinend alles noch durchmischt. Bei 6,00 m Klei mit Pflanzenwuchs und bei 7,00 m etwa Moor mit Reit". Als archäologische Funde wurden vorwiegend Keramikscherben geborgen, darunter mehrere größere Fragmente von Siedlungskeramik der älteren römischen Kaiserzeit (Reinhardt 1972, Taf. 1 und 2) sowie "hart gebrannte" mittelalterliche Ware, darüber hinaus wenige Eisen- und Bronzegegenstände, zwei Münzen, davon eine Silbermünze aus der Zeit Edo Wiemkens (1468-1511) und ein bronzenes Oertjen von 1498, bemalte Fensterglasscherben und Dachziegel vom Typ Mönch und Nonne. Südwestl. des Wurthügels wurden 1922 menschliche Skelettreste entdeckt. Beim Ausbau des U-Boothafens im Jahre 1935 wurden Siedlungshorizonte angeschnitten und weitere Skeletteile gefunden, ebenfalls bei der Schüttung des Grodendammes 1947. 1962 fand sich bei einer Schürfung des Heimatvereins "Die Boje" ein Steinsarg, dessen Deckel bereits im Schloß- und Heimatmuseum Jever aufbewahrt wurde. Bei der bisher letzten Untersuchung an der Wurt im Oktober 1966 konnte wiederum durch Mitglieder des Heimatvereins "Die Boje" ein weiterer Steinsarg ohne Deckel mit Knochenresten geborgen werden. Damit wurden insgesamt acht Steinsärge entdeckt, die allesamt aus rötlichem Sandstein gefertigt sind, wie er im Rhein-Main-Gebiet ansteht. Die Sarkophage sind alle trapezförmig. In die Deckel und z.T. auch in die Innenwandung der Särge sind Reliefverzierungen in christlicher Ornamentik eingemeißelt. Aufgrund von Vergleichsfunden werden die Sandsteinsarkophage in den Zeitraum von der Mitte des 11. bis in die zweite Hälfte des 12. Jhs. datiert (Haiduck 1985, 39). Auf Grundlage der bisherigen Untersuchungsergebnisse ist die Banter Kirchwurt in mehreren Stadien seit der älteren römischen Kaiserzeit aufgeschüttet worden. Die Wurt bildete im Mittelalter das Zentrum des Kirchspiels Bant und war der bedeutendste Ort im Rüstringer "Viertel Bant". Neben den reichen Sandsteinsarkophagen weisen auch die urkundlichen Überlieferungen auf einen florierenden Marktort in verkehrsgünstiger Lage hin. Die älteste historische Namensnennung ist bekannt aus einem im Jahre 1304 an den Rat der Stadt Osnabrück gerichteten Schreiben, das den Wunsch nach friedlichen Handelsbeziehungen mit den dortigen Kaufleuten ausdrückt. In Bant existierte offensichtlich auch ein Richterkollegium, das ein Siegel mit der Umschrift † SIGILLUM. QUADRANTIS. RUSTRINGIE. DE BANT führte (Reinhardt 1972, 158). Nach den verheerenden Einbrüchen der Marcellusflut des Jahres 1362 umfasste das Landesviertel Bant die Kirchspiele Ahm, Bant, Bordum, Dauens, Humens, Innede, Sande, Seediek, Oldebrügge und die Johanniterkomturei Hoven. Die Cosmas- und Damianflut von 1509 und die Antoniflut des Jahres 1511 führten nach dem Brechen der Deiche zum Untergang des größten Teils des Viertels Bant, da infolge großer wirtschaftlicher Schwierigkeiten erst im Jahre 1529 eine Wiederbedeichung durchgeführt wurde. Mit der weit zurückgenommenen Deichlinie wurden die Dörfer Ahm, Bordum, Oldebrügge, Seediek und die Johanniterkomturei Hoven aufgegeben. Auch die Banter Kirchwurt lag fast 400 Jahre im Außendeichsgebiet der Jade im Banter Groden und stellt somit die "denkwürdigste Stätte" (Oldewage 1969, 186) im Wilhelmshavener Stadtgebiet dar. Die Banter Kirche verlor 1518 ihre Funktion als Pfarrkirche an die Kirche in Neuende. Das Banter Kirchbuch ("Banter Missale") wurde nach Jever gebracht und ist seit der zweiten Hälfte des 16. Jhs. verschollen. Die Deichlinie des Banter Deiches von 1529 (vgl. FStNr. 30) hatte bis zu den Hafenerweiterungsarbeiten im ersten Jahrzehnt des 20. Jhs. Bestand.
- Literatur
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