Ein verschollen geglaubter römischer Lituus aus der Region Hannover
Um 1857 wurde beim Bau der Bahnstrecke Hannover-Lüneburg nahe bei Hannover ein römisches Musikinstrument entdeckt, das als Lituus bezeichnet wird (Abb. 1a, 1b und 2). Bei diesem Instrument handelt es sich um eine Art Trompete länglicher Form von rund einem Meter Länge, dessen Schalltrichter zum Musiker hin umgebogen ist (Abb. 4).
Der Hannoveraner Lituus war bei seiner Bergung in mehrere Teile zerbrochen. Die Abbildung in der Erstpublikation zeigt jedoch ein vollständiges und daher wohl teilweise ergänztes Stück (Abb. 1a und 1b). Von dem Original ist heute lediglich ein Foto (Glasplatte) des Schalltrichters erhalten (Abb. 2). Er weist eine auffällige, durch Beschädigung entstandene Eindellung auf.
Zunächst wurde das Instrument von dem Hannoveraner Buchhändler Heinrich Wilhelm Hahn erworben. Er verkaufte es später an den Händler Meyer am Zeughause in Berlin von dem er zu dem Waffensammler Theodor Josef Bell gelangte. Bell inventarisierte das Instrument unter Nummer 115 in seiner Sammlung. Im Jahr 2000 wurde im Landesmuseum für Natur und Mensch in Oldenburg ein Lituus aus dem Musikinstrumentenmuseum in Pozan in der Ausstellung „Ausgegrabene Klänge“ gezeigt, dessen Fundort mit "Malbork" (Polen) angegeben wurde. 2006 fiel Annemies Tamboer und Vincent van Vilsteren die Ähnlichkeit der beiden Litui aus Malbork und Hannover auf. Ausschlaggebend ist die Beschädigung am Schalltrichter (Abb. 3). Sie stellen sich daher die Frage, ob es sich nicht, trotz der widersprüchlichen Fundangaben, um ein und dasselbe Stück handeln könnte. Tomasz Bochnak und Patryk Frankowski untersuchten daraufhin 2010 den Lituus aus dem Musikinstrumentenmuseum in Poznan genauer, den das Museum 1979 von einer Privatperson erworben hatte. Ihre Untersuchungen bestätigten, dass es sich bei dem Lituus aus dem Musikinstrumentenmuseum in Poznan um den Lituus, der 1857 bei Hannover gefunden wurde, handelt.
Der Lituus gehört aber nicht zu den Instrumenten, welche für die Signalgebung im militärischen Bereich verwendet werden. Hier nennt etwa der römische Militärschriftsteller Vegetius (Veg. mil. 3.5) nur Tuba, Cornu und Bucina. Der Lituus wird von ihm nicht erwähnt. Auf den wenigen bislang bekannten Denkmälern, auf denen der Lituus erscheint, sind die Spieler nicht in militärischer Tracht dargestellt. So stellt sich die Frage, nach dem Zusammenhang zwischen Lituus und Krieg. Für die Römer musste ein Krieg gerecht sein. Gründe für einen bellum iustum waren etwa Rache oder Strafe für erlittenes Unrecht oder Selbstverteidigung. Bevor ein solcher Krieg geführt werden konnte, musste er nach dem Priesterrecht angekündigt und dem Feind erklärt werden. Der Lituus kam daher wohl bei der Ankündigung des Krieges zum Einsatz, sein Klang war somit gleichbedeutend mit dem Beginn von Kämpfen und deren poetischer Umschreibung. Diese im kultischen verankerte Funktion des Lituus erklärt auch die Synonymität und Formähnlichkeit zwischen priesterlichem Gerät und Musikinstrument. Neben dem Stück aus Hannover sind bislang noch acht weitere Lituui u.a. bei Rüsselsheim, Düsseldorf und Wiesbaden gefunden wurden.
Roman army sound signals and musical instruments: tuba, cornu, bucina, lituus (Early Empire)
https://www.youtube.com/watch?v=ZEflkzLP8V0
Instrumentos de uso militar en Roma
https://www.youtube.com/watch?v=n7-A623uEMM
Reproduction of an Ancient Roman Tuba or Lituus used between 500 BC and AD 100
https://www.youtube.com/watch?v=X7GmJFK-07s
Lituus Roman Tuba
https://www.youtube.com/watch?v=7UU_2BOhQ4w&list=PLe9N3_yerCOQ6liUfW7hWy0ofBzd7UqDP&index=5
Lituus
https://www.youtube.com/watch?v=MK3N7PlhABM