Gebietsfreischaltung in der Bau- und Kunstdenkmalpflege: Die Stadt Nienburg
Von Clara Wilding
Zentral zwischen Bremen und Hannover gelegen, im Norden an die Region Hannover angrenzend, liegt der Landkreis Nienburg mit seiner Kreisstadt Nienburg/Weser, die heute etwa 32.000 Einwohner beheimatet. Etwa 250 Einträge zählt das Denkmalverzeichnis der Stadt Nienburg. Der hauptsächliche Anteil davon befindet sich in der Altstadt, also innerhalb der ehemaligen Stadtmauern, deren Verlauf bis heute durch städtebauliche Strukturen ablesbar bleibt.
Der Name „Nienburg“ bedeutet „Neue Burg“ und verweist auf die Stadtgeschichte Nienburgs, die etwa 1000 Jahre nachweislich belegt ist. Die Grafen von Hoya gründeten in Nienburg um 1215 die neue Residenz ihrer Grafschaft und bauten den Ort zu einer blühenden Stadt aus, die Bürgern bis zum Aussterben der Grafenfamilie im 16. Jahrhundert Schutz bot. Mit dem Neubau der Nienburger Burg mit späterem Ausbau zum Wasserschloss, von der heute an baulichen Überresten lediglich noch ein Schlossturm übrig ist, wurde auch eine Stadtbefestigung errichtet. Im Westen ist die Altstadt bis heute durch die Wallanlagen als Uferzone der Weser begrenzt, im Nordosten durch den Bürgermeister-Stahn-Wall mit Überresten des Stadtgrabens und im Süden durch den Steinhuder Meerbach.
Innerhalb der Altstadt bildet die Lange Straße in Nord-Süd-Richtung die Hauptfußgängerzone, die von zahlreichen Klein- und Großbürgerhäusern des 16. und 17. Jahrhunderts gesäumt ist. Die zumeist giebelständigen Bauten sind auf schmalen Flurstücken errichtet und häufig durch bauzeitliche Hintergebäude ergänzt. Viele von ihnen erfuhren Umgestaltungen der Fassaden in klassizistischer Manier im 19. Jahrhundert. Besonders hervorzuheben sind außerdem in näherer Umgebung das Rathaus im Stil der Weserrenaissance, die historische Bebauung des Kirchplatzes mit der mittelalterlichen Kirche St. Martin und das Quaet-Faslem-Haus, letzteres als eigens errichtetes Wohnhaus für den Architekten und Senator Emanuel Bruno Quaet-Faslem, der Nienburg durch die Architektur der Historismus und Klassizismus prägte.
Doch auch außerhalb der Altstadt weist Nienburg qualitätvolle städtebauliche Strukturen und Einzelgebäude auf, die auch Denkmale aus jüngerer Zeit beinhalten. Im Norden befindet sich die Wohnsiedlung Martinsheide mit etwa 70 Ein- und Mehrfamilienhäusern sowie die Kirche St. Michael, beides wurde 1956-59 von den Architekten Peter Hübotter, Rolf Romero und Bert Ledeboer entworfen. Von ihrem Architekturbüro in Hannover aus wirkten sie im gesamten norddeutschen Raum und entwarfen zahlreiche Siedlungen, Profan- und Sakralbauten, von denen viele heute unter Denkmalschutz stehen. Weiterhin ist auch die Weserbrücke von 1950, die den Norden der Nienburger Altstadt mit dem Wohn- und Gewerbegebiet auf der anderen Flussseite verbindet, aufgrund ihrer besonderen Ausbildung in Stahlfachwerk ebenfalls als Denkmal ausgewiesen. Durch die Gebietsreform und politische Neuzuordnung zählt heute auch die Domäne Schäferhof an der B215, von Südwesten nach Nienburg kommend, ebenfalls zur Stadt Nienburg. Die rechteckig um einen Landschaftspark angeordneten Stall- und Scheunenbauten spiegeln in einzigartiger Weise ein wirtschaftliches Versorgungszentrum der ehemaligen Burg- und Stadtbewohner wider.