Gebietsfreischaltung in der Bau- und Kunstdenkmalpflege: Die Stadt Celle
Die Stadt Celle nördlich von Hannover gehört zu den Städten mit dem dichtesten Denkmalbestand in Niedersachsen. Die gesamte Altstadt innerhalb der ehemaligen Stadtmauern, die heute durch den Stadtgraben ersetzt werden, und das Celler Schloss sind in einer gemeinsamen Altstadtgruppe erfasst. Alleine diese Gruppe enthält 1.147 Denkmäler. Gekennzeichnet ist die Altstadt v.a. durch Fachwerkbauten, die nicht selten mit Vorderhaus, einem oder mehreren Seitenflügeln und Hinterhäusern erhalten sind. Neben den sichtbaren Straßenfassaden findet sich ein großer Anteil von Denkmalen zudem in den rückwärtigen Grundstücksbereichen und bildet somit eine eigene Stadttopographie. Die Vorderhäuser sind häufig farbig gefasst und nicht selten mit Schmuckformen und Schnitzereien versehen. Durch diese überaus bewegten Fassaden entstehen so die charakteristischen Straßenzüge entlang der in West-Ostrichtung liegenden Hauptstraßen der Altstadt.
Einen zweiten großen Denkmalbestand umfasst die barocke Stadterweiterung, die so genannte „Westerceller Vorstadt“, des späten 17. Jahrhunderts unter Herzog Georg Wilhelm, wo sich bis heute zahlreiche überwiegend traufständige Hofbeamtenhäuser erhalten haben. Deren Erstbewohner waren nicht selten französische Hugenotten, die in Celle aufgrund der vom Herzog gewährten Religionsfreiheit unterkamen. Diese Bauten finden sich vor allem entlang der Triftanlage westlich der Altstadt. Zur Westerceller Vorstadt gehört auch das schlossartig angelegte, 1729 von Oberhofbaumeister Johann Caspar Borchmann (vor 1669-1736) entworfene, Celler Zuchthaus (ursprünglich „Werk-, Zucht- und Tollhaus“) nördlich der Trift. Dies ist das älteste, noch in Betrieb befindliche Gefängnis Deutschlands. Mit dem Tod von Herzog Georg Wilhelm 1705, wurde Celle zur Militär- und Verwaltungsstadt ausgebaut. Hierzu gehörten neben dem Zuchthaus auch verschiedene Gerichtsgebäude sowie das 1735 gegründete Celler Landgestüt, eine Einrichtung, die ebenfalls bis heute Bestand hat. Zahlreiche Kasernen entstanden im 19. und frühen 20. Jahrhundert.
Berühmt ist Celle zudem für seine Wohnsiedlungen der Zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts unter Architekt Otto Haesler (1880-1962). Nach einem 1906 gewonnenen Kaufhaus-Wettbewerb zog Haesler nach Celle, wo er zahlreiche Folgeprojekte, zunächst vor allem für Wohnhäuser, bekam. Bis 1924 baute er in Celle nahezu einhundert Häuser in neobarocken und neoklassizistischen sowie dem Jugendstil verhafteten Formen. Hierzu gehört auch sein eigenes Wohnhaus in der Wittinger Straße 4. Dieses Frühwerk von Haesler ist wenig bekannt und nur in Celle so präsent. Mit den Siedlungen Italienischer Garten (1924/25), Georgsgarten (1926/27) und Blumläger Feld (1930/31) sowie der Altstädter Schule, dem Direktorenwohnhaus für den Rektor des Celler Gymnasiums Ernestinum und den Wohnblocks in der Schackstraße begründete Haesler den Ruf Celles als Stadt des Neuen Bauens.
Zu den zahlreichen besonderen Anlagen und Bauten Celles gehören unter anderem „Thaers Garten“ nordöstlich der Alstadt, ein von Albrecht Thaer 1786 angelegtes Mustergut mit Gutshaus und Park, das von dem hannoverschen Architekten Alfred Sasse erbaute Vaterländische Museum (heute Bomann-Museum) und die 1933/34 vom Hamburger Architekten Fritz Höger errichtete Martin-Luther-Kirche an der Hannoverschen Straße 51. Insgesamt umfasst die Stadt Celle über 2.000 Denkmale.