Die Friedhofskapelle von Fritz Höger in Delmenhorst-Bungerhof

Von Kerstin Klein

In den Jahren 1923 und 1924 wurde in Delmenhorst-Bungerhof ein neuer, nicht konfessionell gebundener städtischer Friedhof angelegt. Mit der Planung der Friedhofskapelle wurde 1927 der Architekt Fritz Höger beauftragt. Eingeweiht wurde die Kapelle im September 1929.

Die Kapelle ist axial zum Haupteingang ausgerichtet, sodass man nach dem Betreten des Friedhofs direkt auf den monumentalen, kubischen über dem Haupteingang aufragenden Glockenturm schaut. Er ist im oberen Viertel von einer streng geometrischen Klinkerornamentik gerahmt. In dieser Höhe befindet sich auch eine hochrechteckige schmale Glockenöffnung mit kleinem Dach. Die Glocke ist jetzt nach Abnahme eines Balkongitters von außen wieder sichtbar. Direkt darunter ist ein hochrechteckiges Fenster in derselben Breite wie die Glockenöffnung eingebaut.

Das Portal wurde durch eine Umrahmung von dreifach gestuften quer gemauerten Klinkern horizontal betont. Die zweiflügelige Tür wird zusätzlich von einem dreifach getreppten Gewände im Wechsel von roten, grün patinierten, goldenen und roten Klinkern gerahmt (Abb. 1).

Nähert man sich dem Bau, erkennt man seitlich zurückgesetzt die beiden, die Halle rahmenden spitzbogigen Arkadengänge. Diese sind bis zu dem rückseitigen Anbau offen. In dem Annexbau sind die kleine Sakristei, die Leichenkammern und der sogenannte Sezierraum untergebracht. Über dem niedrigen Anbau ragt der schmale, an die Halle anschließende hochrechteckige Chor heraus.

Außer der Halle, die ein Satteldach trägt, besitzen alle anderen Gebäudeteile Flachdächer, teilweise mit Glaskuppeln zur Beleuchtung der Räume von oben. Entgegen einer Feststellung in einem restauratorischen Untersuchungsbericht aus dem Jahr 2005, dass das Dach und die Decke der Kapelle durch einen Bombeneinschlag zerstört wurden, konnte sowohl archivalisch als auch bauhistorisch und restauratorisch nachgewiesen werden, dass es sich bei dem Dach und der Decke um den originalen Bestand handelt. Darüber hinaus konnten im Innenraum keine Schäden durch Bomben festgestellt werden.

Durch die doppelflügelige Tür des Haupteingangs erreicht man durch den Windfang den längsrechteckigen niedrigen Vorraum der Kapelle. Über eine der beiden Seitentüren gelangt man auf die Empore, hinter der anderen befindet sich ein kleiner Abstellraum. Der Vorraum kann vom Kapellenraum durch zwei Schiebetüren getrennt werden. Der lange Kapellenraum wird von hochrechteckigen Fenstern der monochromen Seitenwände belichtet. Die Decke ist an den Seiten flach, sodass erst in der Mitte das zusätzlich von den Deckenbalken stabilisierte Satteldach sichtbar wird. Diese Gliederung bewirkt den Eindruck eines Kirchenraumes mit Haupt- und Seitenschiffen. Darüber hinaus erscheint der Raum noch schmaler und höher.

Im östlichen Giebel befindet sich ein Oculus, ein kleines rundes Fenster, in der Blickachse zu Kreuz, Altar und Kanzel. Der Altarraum ist durch drei hintereinander angeordnete Wandscheiben gestaffelt. Wobei jede Wandscheibe von hinten durch ein hochrechteckiges Fenster beleuchtet wird. An den Seiten werden die Türen durch schwere gestreifte Samtvorhänge verdeckt. Über das hochrechteckige Fenster im Turm wird die Empore beleuchtet.

Nach Abschluss der umfangreichen Sanierung und Restaurierung des Außenbereichs folgte nach einer weiteren restauratorischen Befunderhebung die Restaurierung des Innenraumes. Der ursprünglich in Blau-, Grau-, Braun- und Weißtönen gehaltene Innenraum konnte entsprechend den Befunden und dem Entwurf von dem Altonaer Grafiker Walter Schleppegrell wieder hergestellt werden (Abb. 2). Die ursprünglichen braunen Bodenfliesen, das Inventar und ein großer Teil der bunten Fenstergläser sind noch original. Kirchenbänke, Altar und Kanzel wurden freigelegt und sind nun wieder holzsichtig. An den Türen wurden die zum Teil fehlenden Querriegel ergänzt. Die hölzernen Einbauten und die Türen wurden dann im entsprechenden Farbkanon, rotbraune Grundflächen mitgebrochen weiß abgesetzten Querriegeln, neu gefasst.

Vor den seitlichen Durchgängen der Ostwand hängen nun wieder braun-weiß längsgestreifte Vorhänge. Die Raumschale wurde von den Latexanstrichen befreit und bekam ihren kräftigen matten ultramarinblauen Anstrich zurück. Die im Chor hintereinander gestaffelten Wandscheiben sind in zwei Grüntönen farblich abgesetzt. Über den Seiteneingängen wird die Ostwand von drei Sternen mit drei dreifach gestreiften Querbalken darunter und drei Strahlen, die von dem mittleren erhöhten und größten Stern ausgehen, verziert. Die Decke ist im Gegensatz zum Aquarell von Schleppegrell nach Befund in einem gebrochenen Weiß gefasst. Die abgeflachten Deckenflächen sind wieder mit drei unterschiedlich weißen Farbstreifen akzentuiert. Abschließend wurden die Wandleuchten entsprechend dem Entwurf von Schleppegrell in Messing nachgebaut und wiedermontiert (Abb. 3).

Fritz Höger und Walter Schleppegrell haben mit dieser Friedhofskapelle einen sehr religiösen Andachtsraum geschaffen. Sowohl im Außenbereich als auch im Inneren trifft man immer wieder auf die Zahl Drei, das Symbol der Trinität. Die Farbe Blau, auch ein Symbol für das Wasser, versinnbildlicht das Leben, das Blaugrün hingegen wird zur Darstellung von stehendem Wasser verwendet und symbolisiert den Tod sowie die Wiederauferstehung. Je nach Lichteinfall werden der gesamte Saal und besonders der Altarraum neu inszeniert. Dadurch bekommt dieser Raum eine würdevolle, elegante Leichtigkeit, sodass die Trauer auch einem Stück Hoffnung und Erfüllung weichen kann. Das Wasser des Lebens wird durch den göttlichen Himmel eingetauscht.

Die gesamte Maßnahme wurde durch den Fachbereichsleiter Herrn Tensfeldt und die zuständige Architektin, Frau Vennebörger, der Stadt Delmenhorst, die Gebietsreferentin Frau Dreeßen und die Autorin, beide Mitarbeiterinnen des NLD, eng begleitet und mit Mitteln des Landes gefördert.


Der Text wurde erstmals veröffentlicht in den Berichten zur Denkmalpflege in Niedersachsen, 36. Jg. (2016), Heft 2, S. 85-86.

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