
Die Denkmale der Stadt Ronnenberg im Denkmalatlas Niedersachsen
Die Stadt Ronnenberg liegt im südwestlichen Teil der Region Hannover und ist Teil des historisch gewachsenen Kulturlandschaftsraums Calenberger Land. Sie besteht aus mehreren räumlich differenzierten Stadtteilen mit jeweils eigenem Charakter und sowohl städtischen als auch dörflichen Strukturen. Die Bandbreite der Bau- und Kunstdenkmale reicht hier von Zeugnissen des Mittelalters über Rittergüter und großen Hofanlagen bis hin zu bedeutenden Überbleibseln aus den Anfängen der Industrialisierung.
Das namengebende Ronnenberg war vermutlich bereits in vorchristlicher Zeit besiedelt und findet erstmals in Schriftquellen aus dem 10. Jahrhundert Erwähnung. Historisches Zentrum und geografisch höchster Punkt des Ortes, der im Mittelalter im Zusammenhang mit bedeutenden Ereignissen genannt wird, ist die im 12. Jahrhundert anstelle eines Vorgängerbaus errichtete St. Michaelis-Kirche mit der sie ringförmig umgebenden Bebauung. Die dreischiffige Basilika wurde im Laufe der Jahrhunderte mehrfach umgebaut und erweitert, u.a. 1876 von Conrad Wilhelm Hase (1818-1902). Dabei wurden von Hermann Schaper (1853-1911) und später von Friedrich Koch (1859-1947) unter der Leitung von Eduard Wendebourg (1857-1940) aufwändige Innengemälde eingebracht, womit der Bau herausragendes Beispiel mittelalterlicher Baukunst und gleichzeitig Werk mehrerer bekannter Künstler des 19. Jahrhunderts ist. Die städtebaulich prägende Platzsituation um die Kirche zeigt eine gewachsene Kirchhöfnerstruktur und ist so etwas wie ein Freilichtmuseum für Schulgebäude. Dazu gehören das Küster- und Schulhaus sowie das Organisten- und Schulhaus, beide von Conrad Wilhelm Hase als frühe Beispiele der neugotischen Hannoverschen Architekturschule in den 1860er Jahren erbaut. Die südlich der Kirche gelegene Grundschule wurde 1894 von den Gebr. Seemann aus Wennigsen erbaut und 1908/09 vom hannoverschen Architekten H. J. Andresen erweitert, beide Bauabschnitte in jeweils zeitgenössischem Stil. Östlich schließen sich nachkriegszeitliche und noch jüngere, noch größere Schulgebäude an, wodurch auf sehr kleinem Raum die rasante demografische Entwicklung des Ortes und der Schulbauarchitektur einzigartig anschaulich abgebildet ist.
Für die Region und ihr Bevölkerungswachstum waren gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Industrialisierung der Landwirtschaft und der Bergbau von großer Bedeutung. Insbesondere der Anschluss an die Bahnstrecke Hannover–Altenbeken von 1872 begünstigte den lokalen Ausbau der Zuckerproduktion und der Kaliförderung. In Ronnenberg zeugt davon noch das repräsentative Gebäude der Kalibergwerksverwaltung von 1905. Eine als geschlossener Komplex erhaltene Industrieanlage ist die ehemalige Tierkörperverwertung und Kunstdüngerfabrik an der Empelder Straße, die 1896 vom Architekten Alfred Sasse (1870-1937) umfassend modernisiert wurde und heute Sitz der Ronnenberger Straßenmeisterei ist. Zeitlich und wirtschaftlich nahe stehend, gleichzeitig Zeugnis jüdischen Lebens ist das 1890 von der Familie Seligmann erbaute Wohn- und Geschäftshaus, in dessen Erdgeschoss sich ein Metzgerladen befand. Die Integration der jüdischen Gemeinschaft vor der Vertreibung 1937-1939 dokumentiert auch der Jüdische Friedhof Am Weingarten, der an das Gelände der Alten Superintendentur grenzt und damit zum Ortskern gehört.
Das nördlich gelegene Empelde grenzt unmittelbar an den Südwesten der Stadt Hannover und ist als bevölkerungsreichster Stadtteil auch Sitz der Ronnenberger Verwaltung. Hier befinden sich neben ehemaligen Hofanlagen repräsentative Wohnbauten, zum Teil mit Villencharakter, wie sie auch für die Randbezirke Hannovers typisch sind. Die kleine Kapelle mit Dachreiter im Ortskern ist ein Werk des Konsistorialbaumeisters Friedrich August Ludwig Hellner (1791-1862), der den Kirchenbau der ev.-luth. Landeskirche Hannovers der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wesentlich geprägt hat.
Für den gesamten Ort und seine Fernsicht prägend ist die inzwischen in eine Kultur- und Naturlandschaft überführte Salzrückstandshalde des Empelder Kaliwerks Hansa. Sie ist Standort eines Werks Ernst von Bandels, dem Schöpfer des bekannten Hermannsdenkmals bei Detmold. Der sogenannte Busse-Stein erinnert an den 1842 von Wilderern ermordeten Hofjäger Wilhelm Busse und ist fast identisch mit dem bereits 1835 nach demselben Entwurf gefertigten Denkmal im Deister für den Jäger Eduard Elten, der ebenfalls Wilderern zum Opfer fiel. In den 1930er Jahren musste der Busse-Stein dem Kalibergbau weichen, 1995 ist er auf dem "Waldberg Empelde" in die Nähe seines ursprünglichen Aufstellungsorts zurückgebracht worden.
Das aus einer Haufensiedlung entstandene Benthe liegt an dem nach ihm benannten Berg und war bereits im 14. Jahrhundert durch eine Gerichtsstätte bekannt. Davon zeugen auch die mittelalterlichen Kreuzsteine, die in ihrer jetzigen Aufstellung als "Sieben Trappen" namensgebend für den südlichen Siedlungsteil Benthes sind und das wohl bekannteste Kreuzsteinnest Niedersachsens bilden. Darüber hinaus ist hier eine Straße und die an ihr gelegene, 1855 gebaute und zu Wohnzwecken wiederhergestellte Holländerwindmühle nach den Kreuzsteinen benannt. Aus der im 19. Jahrhundert gegründeten Gaststätte „Sieben Trappen“ entstanden um 1900 die Benther Berg-Terrassen und machten den Ort zu einem beliebten Ausflugsziel, der damals mit der ehemaligen Straßenbahnlinie 10 erreichbar war. Aufgrund des Niedergangs und Brandstiftung in den 1970er Jahren sind davon heute nur noch überwucherte Grundmauern am Waldrand zu finden. Die 1898/99 erbaute Villa der Familie Rehbock, die den Gastronomiebetrieb unterhielt, ist hingegen erhalten, wie auch weitere repräsentative Bauten dieser Zeit, so etwa die Villa Brabant von 1897. Dass Benthe schon früher ein begehrter Wohnort war, bezeugt das ehemalige Gut am Wallteich, von dem noch das um 1750 erbaute Herrenhaus und ein Teil des Parks mit Teich und Einfriedungen erhalten ist. Ebenfalls aus dem 18. Jahrhundert stammt die Kapelle im Ortskern, ein kleiner Saalbau in Fachwerk mit Dachreiter und später angebrachtem Fassadenbehang aus Sollingplatten.
Erst 1969 wurde der südlich von Ronnenberg gelegene Ort Weetzen Teil der neuen Gemeinde; eine größere Bedeutung erlangte er jedoch schon 1872, als die Bahnstrecke Hannover–Altenbeken und die hier abzweigende Deisterbahn von Weetzen nach Barsinghausen eröffnet wurden. Noch heute ist Weetzen ein wichtiger Knotenpunkt zweier S-Bahnlinien und besitzt ein repräsentatives Empfangsgebäude der Zeit um 1910. Von der 1883 in Betrieb genommenen, direkt an den Gleisen gelegenen Zuckerfabrik Weetzen ist seit dem Abbruch der Werksgebäude 2021 nichts mehr zu sehen. Wie in der gesamten Region zeigen jedoch große Dreiseithofanlagen mit ihren repräsentativen Backsteinwohnhäusern immer noch den Wohlstand, den die Industrialisierung der Landwirtschaft einst brachte. Vom in den 1970er Jahren aufgegebenen Weetzener Kalibergwerk ist eine Gruppe baulicher Anlagen auf freiem Feld zwischen Weetzen und Gehrden erhalten. Der 1904-1906 abgeteufte Kalischacht "Deutschland" ist der dritte der drei Ronnenberger Schächte, deren Kalihalden immer noch die Landschaft prägen. Auf dem ehemaligen Betriebsgelände stehen noch das Verwaltungsgebäude, ein Werksgebäude und die Direktorenvilla mit Gartenhaus. Das wohl älteste Gebäude am Ort ist die kleine Fachwerk-Kapelle an der Eulenflucht, die 1730 auf den Fundamenten eines mittelalterlichen Vorgängerbaus errichtet wurde.
Das seit 1961 so genannte Ihme-Roloven entstand aus einer schon 1928 vollzogenen Vereinigung des Ortes Ihme am gleichnamigen Wasserlauf, dem benachbarten Roloven und dem Bezirk des Rittergutes Bettensen. Das ehemals als Sattelhof genutzte Gut geht vermutlich auf eine Gründung im 12. Jahrhundert zurück, die heutigen geschützten baulichen Anlagen stammen überwiegend aus dem 18. Jahrhundert und bestehen aus dem Herrenhaus, einem großen Wirtschaftsgebäude, einem Gartenhaus und den sie umgebenden Grünanlagen und Wassergräben. Über eine lange Obstbaumallee gelangt man vom Gut zu einem auf der westlichen Anhöhe gelegenen ehemaligen Jagdschlösschen, das laut Inschrift in der Wetterfahne 1789 datiert ist. Seine ursprüngliche Funktion wurde vermutlich aufgrund des um 1900 hier betriebenen Tagebaus aufgegeben.
Ein kleines Denkmal, aber mit weit über die Ortsgrenzen herausragender Bedeutung, ist der in der Hiddestorfer Straße gelegene Berliner Meilenstein mit der Bärenskulptur von Hildebert Kliem (1927–1986). Zahlreiche dieser Meilensteine erinnern in Deutschland und darüber hinaus an die Teilung des Landes nach dem Zweiten Weltkrieg. Von Kliems Skulptur dagegen existieren nur wenige Bronze-Kopien, dafür jedoch an sehr prominenten und weit entfernten Orten wie Helgoland, im Wilmersdorfer Rathaus in Berlin, Dallas (USA), Santiago de Chile, Reykjavik – und Ihme-Roloven, das sich sogar mit einem der ältesten Abgüsse in die illustre Reihe stellt.
Vörie ist stark ländlich geprägt, exemplarisch sind das Fachwerkhallenhaus an der Dorfstraße 13 und die Dreiseithofanlage Dorfstraße 23. Eine wohl bis in das 13. Jahrhundert zurückreichende Vergangenheit hat die „Wismolen“, die an der Landwehrstraße gelegene große Wassermühle, deren noch erhaltene Gebäude aus der Zeit um 1870 stammen. Die Kapelle des Ortes wurde im Dreißigjährigen Krieg zerstört, über 200 Jahre später erst bekamen die Bewohner einen kleinen Glockenturm als Ersatz. Der 1863 datierte Backsteinbau ist ein für diesen Gebäudetyp seltenes Beispiel und ein früher Bau mit sichtbarem Einfluss der Hannoverschen Architekturschule.
Im benachbarten Linderte blieb die im Kern mittelalterliche Kapelle mit dem umgebenden Kirchhof erhalten. Der kleine Bruchsteinbau mit Dachreiter ist im Innern mit einer Ausmalung ausgestattet, die 1914 vom Kirchenmaler Karl Bohlmann (1877–1929) ausgeführt wurde.
Insgesamt haben die unterschiedlich geprägten Teile der Stadt Ronnenberg mit etwas über 100 Bau- und Kunstdenkmalen einen übersichtlichen, doch hochwertigen Bestand erhaltenswerter Substanz aus fast allen Epochen und Gattungen. Er ist repräsentativ für die Entwicklung der Region und weist gleichzeitig Objekte mit sehr individuellen, herausragenden Zeugniswerten auf, wie die Michaeliskirche mit ihrer gesamten Umgebung, der Busse-Stein oder der Ihme-Rolovener Bär mit seiner weltweit verteilten prominenten Verwandtschaft.